Spielzeugsoldaten
fuhr herum. Ihre Augen funkelten Cha wild an, jede Faser ihres Körpers bereit augenblicklich auf ihn los zu gehen.
„Nein!“
Ihr Blut kochte. Sie spürte wie es ungehalten durch ihre Adern pulsierte, brodelte. Sie wusste jeder weitere Moment, jede Sekunde, jeder Augenblick, entfernte sie weiter von Juli. Das würde sie nicht zulassen.
Cha stolperte ungelenk ins Zelt.
„Er weiß nichts, lass ihn los!“
Raku ließ Ser sofort zu Boden fallen. Wenn er nichts wusste, dann sicher Cha. Sonst würde er nicht so da stehen, sonst hätte er diese Worte nicht mit solcher Selbstsicherheit sagen können. Ohne zu zögern, ging sie auf ihn zu, packte ihn.
„Sag mir , was du weißt!“
Er sackte in ihren Händen in sich zusammen und nickte matt. Er hatte ihren Zorn vorausgesehen. Ja, er hatte sogar befürchtet, dass sie ihm etwas antun würde, bevor er Gelegenheit hatte ihr zu erklären , was passiert war. Und dass obwohl er selbst nicht einmal sicher war, dass er alles verstand. So weit er sich erinnern konnte, war er die ha lbe Nacht ohnmächtig gewesen, so wie Raku wahrscheinlich. Er hatte die krustige Wunde an ihrem Hinterkopf entdeckt.
„Lass mich los! Bitte!“
Raku scherte sich nicht um Cha, um seine Verletzungen, die sogar für sie in ihrem Wahn zu erk ennen waren. Sie wollte Juli, zu Juli, wissen w o sie ist, was geschehen war und sie wollte es ungeschehen machen. Niemals würde sie es sich verzeihen, wenn Juli etwas zustieß. Sie schüttelte ihn.
„Rede!“
Cha gab auf. „Sie haben sie mitgenommen. Ich weiß nicht warum. Sie hatten dich schon niedergeschlagen, als ich sie e n tdeckt habe. Sie haben mich so zugerichtet. I ch bin ohnmächtig geworden.“
Raku zuckte, wollte ihre Wut an Cha auslassen, ihn schlagen, ihn bluten lassen. Wie hatte so etwas geschehen können?
„Wer sind sie?!“
Noch i mmer hielt sie Cha fest, schnürte ihm fast die Kehle ab, so dass seine Stimme schmerzverzerrt und erstickt klang.
„Die Söhne unseres Onkels. Die Männer, die du letzte Nacht gesehen hast. Ich weiß nicht , warum sie es getan haben... ich... sie... sie waren misstrauisch, weil du Soldatin bist. Es gefiel ihnen nicht, dass du hier bist. Ich weiß nicht...“
Er schloss erschöpft die Augen. Der Schmerz der Schläge , mit denen seine Verwandten ihn niedergestreckt hatten pochte noch immer in ihm. Die Ohnmacht hatte an seinen Kräften gezerrt. Er konnte nicht mehr. Raku ließ ihn los. Sie war sich nicht sicher, ob Ser und Cha so unschuldig waren, wie sie schienen. Für den Moment hatte sie keine andere Wahl, als ihnen zu glauben.
„Wo sind sie hin?“ Ihre Stimme klang nun nur unwesentlich ruhiger.
Sie ging rastlos im Zelt auf und ab. Ihre Gedanken überschlugen sich. Sie konnte kaum klar denken, immer wieder stolperte sie über ihre eigene Sorge um Juli, über diese unendliche Angst, sie verlieren zu können. Für einen Augenblick konnte sie sich die Heftigkeit ihrer Gefühle selbst nicht erklären. Der Soldat in ihr war es gewohnt mit Stresssituationen umzugehen und sich mit Vernunft aus ihnen zu b efreien. Doch sie spürte es, s ie war nicht mehr Herr ihrer selbst.
Cha schüttelte den Kopf.
„Ich weiß es nicht. Sie sind Feiglinge, sie werden kaum in Richtung Patrona geritten sein. Ich denke sie sind auf dem Weg zu ihrem Lager, nördlich von hier.“
Das war alles was Raku wissen wollte.
~*~
Juli konnte nicht richtig wac h werden. Sie war erschöpft und etwas fehlte. Ihr Kopf schmerzte, es war ein dumpfes Gefühl wie nach einem Schlag. Sie hörte Stimmen, die sie nicht verstand. Da waren fremde Gerüche und die Gegenwart von Menschen, die sie nicht kannte. Wie durch einen undurchdringl ichen Nebel nahm sie alles wahr und begann zu zittern. Beinahe verzweifelt darüber, dass sie nicht aufwachen konnte, tastete sie neben sich. Raku! Wo war Raku? Sie würde ihr helfen. Doch die Müdigkeit übermannte sie, bevor sie den Gedanken beenden konnte. Juli phantasierte. Bilder von blanker Wut und Angst explodierten in ihr. Sie konnte Traum nicht von Wirklichkeit unterscheiden. Juli roch das Holz des Baumes. Sie spürte das kalte Metall des Schwertes in ihren Händen. Sie fühlte diesen unendlichen Schmerz. Und es war doch nicht mehr als ein Alptraum… Rinde splitterte vor ihrem inneren Auge . Wieder und wieder und wieder schlug sie auf den Baum ein. Das Holz barst unter der Wucht ihrer Schläge. Ihre Hände zitterten, während sie mit aller Macht immer wieder ihr Schwert auf den Baum zurasen
Weitere Kostenlose Bücher