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Spielzeugsoldaten

Spielzeugsoldaten

Titel: Spielzeugsoldaten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Filipa Leemann
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unnachgiebig ihre Brust. Sie k annte es. E s war der Schmerz, stärker als je zuvor. Er nahm ihr die Luft zum Atmen, den Willen zum Leben und die Stimme , um zu schreien. Es war kaum noch Kraft da, die ihr geholfen hätte zu weinen. Sie fühlte die Tränen, doch es war nicht genug. Alles war nicht genug. Zu viel Schmerz. Viel zu viel Schmerz. Wie kann sie mir das antun?
    Dann hob sie mit geschlossenen Augen ihren Blick. Zögernd, langsam, wohl wissend was sie erwartet. Übelkeit stieg in ihr auf, kroch ihre Kehle entlang. Wohin sollte sie mit all diesen Gefühlen? Wie sollte sie diese Übermacht überleben? Für einen Augenblick wünschte sie ihren Tod herbei, sehnlicher als je etwas zuvor. Nicht aus Feigheit oder Angst, sondern weil sie wusste es würde sie ohnehin töten, was sie sah. Wenn sie es nicht schon war? Vor ihr, hing eine kopflose Leiche an einem Holzgerüst. Das Blut bereits getrocknet, die Wunden noch immer klaffend. Schwach und würdelos. Sie konnte nicht schreien, konnte den Schmerz nicht loswerden. Er hielt sie fest , so fest, dass sie erstarrte. I hre Tränen versiegten. Sie konnte ihr Schicksal nicht begreifen. Wie konnte sie i hr so etwas antun? Nach allem, bei allem was sie waren.
    Juli wehrte sich nicht mehr gegen den Wahn und das Leid, das ihr in den Alpträumen erschien. Juli lies sie zu.
    Es dauerte nur einen Blick, dass sie zu sich fand. Nur für einen Moment würde sie zu ihrer Stärke zurück finden und kämpfen.
    „Gebt mir ihren Kopf!“ schrie sie, ihre Stimme rau und voller Zorn.
    Juli wand sich. Sie konnte nicht aufwachen. Sie spürte, dass sie aufwachen musste, um es zu beenden, doch sie konnte nicht. Es ist nur ein Traum, versuchte sie sich immer wieder zu versichern. Doch die Stimme ihrer Vernunft war nicht laut genug. D er Schmerz war stärker.
    Sie fiel au f ihre Knie. Ein letzter Blick? Ist das alles gewesen? I st das alles gewesen?
    ‚ Wenn ich nur noch für einen Moment zu leben hätte, dann möchte i ch, dass es so wäre wie jetzt. I ch möchte in deine Augen sehen. ’
    Die Erinnerung war blass und fern, beinahe als sei sie nur eine Illusion und so nie geschehen. Sie hörte die Stimme, blickte ihr in die Augen, gab ihr den Moment, den sie wollte.
    Ein letztes Mal? Sie sammelte ihre Kräfte. Das ist nicht alles gewesen!
    Sie blickte hinab auf ihren Angreifer, auf den Besiegten und sein Schwert, das im Schlamm lag.
    Dann schrie sie erneut: „Gebt mir ihren Kopf!“
    Dann war es plötzlich still. Still und schwarz. Juli weinte und als sie endlich hoch schreckte, merkte sie, dass sie wirklich schrie. Laut und ihre Stimme verzerrt vom Schmerz, voll von Trauer.
    Die Nomaden, die aufgeregt ins Zelt gestürzt waren, beobachteten Juli schockiert. Völlig erstarrt, blickten sie hinab, auf die hellhäutige, junge Frau, die dort zwischen den Fe llen lag, schreiend, weinend und blass vor Angst. Sie wussten nicht was zu tun war, verstanden kein Wort von dem was die Frau sagte. Raku! Schoss es Juli durch den Kopf. Ihre Vernunft hatte alle Mühe sie davon zu überzeugen, dass dies nicht Raku gewesen war. Nicht sie und nicht Raku. Es war nur ein Alptraum. Es war nicht Raku! Nicht Raku. Doch der Schmerz zerriss sie , als wäre sie es gewesen. Als sie sich an die geköpfte Leiche erinnerte, wurde ihr erneut übel und ihre Tränen flossen unaufhaltsam stärker.
    „Gebt mir ihren Kopf!“  wiederholte sie flüsternd die Worte, ihre Stimme von Tränen fast erstickt.
     
    ~*~
     
    Raku ritt wie in Trance. Es schien Stunden gedauert zu haben, bis sie ihre Gedanken unter Kontrolle hatte. Für einen Augenblick hatte sie sich dem Schmerz der Erinnerung ergeben. Doch sie ha tte das alles bereits gesehen, nichts von dem war neu. Sie kannte die Träume. Sie verfolgten sie seit Tagen. In manchen Nächten klarer, in anderen nur als dumpfes G efühl. Jetzt waren sie stark, viel stärker als je zuvor und Raku wusste nicht mehr, wie sie es sich zu erklären hatte. Sie hoffte , es wäre nur der Schlafentzug, der sie phanta sieren ließ, mehr nicht. Bald würde sie sich sicher fühlen und schlafen können, dann würden auch die Träume aufhören. Es erklärte nicht, warum sie sich so real anfühlten, beinahe wie echte Erinnerungen und es erklärte nicht, warum Raku sie ohne je wirklich darüber nachgedacht zu haben, mit Juli verband. Juli, die sie er st seit einigen Tagen kannte. Juli, die plötzlich so wichtig geworden war. Wichtiger als alles andere. Sie richtete sich auf und blickte in die Ferne. Wie

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