Spielzeugsoldaten
was sie Nacht für Nacht sah und welche Emotionen ihr die Ruhe raubten. Natürl ich war es auch ihre Einheit. D ie Männer, die sie zurückgelassen hatte, aber damit würde sie fertig werden. Das waren Gefühle, die sie kannte.
„Ja. Aber... ach, lass uns schlafen! Es wird ja doch nicht besser werden.“
Das Gespräch schnell zu beenden schien Raku die einzige Möglichkeit, um Julis Fragen, die unweigerlich kommen würden, aus dem Weg zu gehen.
Raku wartete keine Antwort ab, legte sich einfach hin, jedoch ohne dabei Julis Hand loszulassen. Juli bemerkte das mit einem Schmunzeln und ließ Raku gewähren. Natürlich wollte sie wissen, was Raku so quälte, aber nicht um den Preis sie zu verärgern. Und abgesehen davon: Es erschien ihr kindisch, aber sie mochte es irgendwie, wenn Raku ihre Hand hielt. Es war eine kleine Geste, eigentlich bedeutungslos. Aber Raku zeigte dabei so viel Schwäche, dass Juli nicht widerstehen konnte. Es bewies ihr einmal mehr, dass da noch irgendetwas war. Etwas, das sie nicht benennen konnte.
- Kapitel 9 -
Es war nicht der stechende Schmerz an ihrem Hinterkopf, der Raku geweckt hatte, sondern das plötzliche Gefühl völliger Leere. Ihr war übel und sie fühlte sich erschöpft. Ein unbestimmtes Gefühl von Kälte kroch durch ihren Körper, der noch immer kraftlos war vom Schlaf. Schlaf? Raku fröstelte. Die Leere war hartnäckig und sie war nicht das Überbleibsel eines Alptraums. Sie war sehr real, zu real. Raku öffnete die Augen und richtete sich auf. Schwerfällig drückte sie sich mit den Armen hoch.
‚ Ich habe auf dem Bauch geschlafen? ’
Augenblicklich schoss das Bewusstsein aus dem Schlaf zurück in ihren Körper. Ich schlafe nie auf dem Bauch! In all den Jahren im Krieg hatte sie das gelernt: Niemals auf dem Bauch schlafen und dem Feind den Rücken zudrehen. Etwas war faul, etwas war nicht richtig. Sie tastete mit einer Hand an ihren Hinterkopf und fühlte sogleich eine kleine Wunde und das verkrustete Blut in ihren Haaren. Sie war niedergeschlagen worden. Langsam füllte Panik die Leere. Wo war Juli? Raku sprang auf, blickte um sich, durchwühlte die Felle in denen sie die letzten Tage zusammen geschlafen hatten. Leer! Leer! Ihr Herzsch lag donnerte gegen ihr e Brust. Bleib ruhig! Bleib ruhig! Raste nicht aus! Es gibt eine Erklärung! Es gibt immer eine Erklärung. Doch es half nich t. E ine Stimme in ihr schrie, laut, markerschütternd. So durchdringend, dass der Schmerz blitzschnell ihren ganzen Körper erfüllt hatte. Es half nichts, dass sie versuchte sich für einen Augenblick einzureden, dass Juli vielleicht in einem der anderen Zelte war. Sie wusste, sie war es nicht. Sie spürte es. Das war die Leere gewesen. Die Leere, die sie geweckt hatte, war Julis Verschwinden gewesen. Sie war nicht mehr da. Raku warf sich eines der Felle um die Schultern und stürmte aus dem Zelt, hinüber zu Ser und seiner Familie. Es war still. Die Nomaden schliefen noch. Raku schlug den Eingang des Zeltes auf und stolperte auf Ser zu, der neben seiner Fr au lag. Sie war wie von Sinnen. I hr Verstand benebelt vom Verlust . Sie hatte Juli doch gerade erst gefunden! Wer wagte es sie ihr wieder weg zu nehmen? Wer?Sie packte Ser ohne Vorwarnung am Kragen seines Hemdes und zerrte ihn hoch, schüttelte ihn.
„Wo ist Juli? Was habt ihr mit ihr gemacht?“ Ihre Stimme zitterte vor Wut.
Als Ser das Feuer in Rakus Augen sah, packte ihn die Angst. Er wusste ja nicht viel über Raku, aber er hatte in wenigen Tagen gelernt, dass unter Umständen nicht mit ihr zu spaßen war. Die letzte Nacht war der beste Beweis dafür.
„Ich... was? Ich... weiß nicht“ , stammelte er, während im Hintergrund seine Söhne zu weinen begannen. Das Geschrei hatte sie geweckt und als sie ihren Vater sahen, wie ihr von der großen, fremden Frau bedroht wurde, erschraken sie . Mut stürzte zu ihnen, umarmte sie, und beobachtete Raku angstvoll. Raku schüttelte ihn erneut. Dieser Wurm! Kein Wort glaubte sie ihm!
„Wer hat mich niedergeschlagen? Und wo ist Juli?“
Er schüttelte verzweifelt mit dem Kopf. Begriff sie denn nicht? Er wusste es nicht. Er wusste es wirklich nicht.
Raku hob ihn hoch, so dass seine Füße den Bodenkontakt verloren. Er röchelte.
„Ich gebe dir eine letzte Chance! Wo ist sie?“
Im selben Moment zog ein Windstoß in das Zelt. Cha erschien im Eingang, seine Augen dunkel unterlaufen, die aufwendig geflochtenen Zöpfe zerzaust. Er atmete schwer.
„Lass ihn los!“
Raku
Weitere Kostenlose Bücher