Spin
der Apokalypse arbeiteten. Sie hatten versucht, ein reines blutrotes Kalb zu züchten, den zahlreichen enttäuschenden Färsen überlegen, die in den letzten vierzig Jahren als mögliche Kandidaten präsentiert worden waren. Diese Farmen hatten alle Fütterungsverordnungen und behördlichen Inspektionen systematisch umgangen und sogar einen aus Nogales über die Grenze eingeschleppten Ausbruch von Rinder-KVES verheimlicht. Die infizierten Eizellen produzierten Zuchttiere mit reichlich Genen für rote Fellfärbung, doch als die Kälber dann geboren wurden – auf einer mit WfdW verbundenen Milchfarm im Negev –, starben die meisten von ihnen frühzeitig an Lungenversagen. Die Kadaver wurden stillschweigend vergraben, aber es war schon zu spät: Der Erreger war auf die erwachsenen Tiere und auf einige Farmarbeiter übergesprungen.
Eine peinliche Situation für die amerikanischen Regierung. Der Landwirtschaftsminister hatte bereits einschneidende Maßnahmen angekündigt, das Heimatschutzministerium fror WfdW-Bankkonten ein und startete Hausdurchsuchungen bei apokalyptischen Spendensammlern. In den Nachrichten sah man, wie Bundesagenten kistenweise Dokumente aus Gebäuden trugen und die Türen obskurer Kirchen mit Vorhängeschlössern verriegelten.
Der Nachrichtensprecher verlas die Namen einiger betroffener Einrichtungen.
Eine davon war Jordan Tabernacle.
4 x 10 9 N. CHR.
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Vor Padang stiegen wir aus Nijons Rettungswagen in ein Auto mit einem Minang-Fahrer um, der uns – mich, Ibu Ina und En – bei einem Speditionslager an der Küstenstraße absetzte. In einer schwarzen Kiesebene standen fünf riesige Blechdachlagerhallen zwischen kegelförmigen, von Planen abgedeckten Zementhügeln und einem verrosteten Schienentankwagen, den man buchstäblich aufs Abstellgleis geschoben hatte. Das Hauptbüro war ein niedriges Holzgebäude unter einem Schild, auf dem BAYUR FORWARDING stand.
Die Bayur-Spedition, erläuterte Ina, war eines der Unternehmen ihres Ex-Mannes Jala, und dieser Jala war es auch, der uns gleich darauf am Empfang begrüßte. Er war ein bulliger, apfelwangiger Mann in einem kanariengelben Geschäftsanzug – er sah aus wie ein Toby-Krug, der eine Expedition in die Tropen plant. Er und Ina umarmten sich im Stil von einvernehmlich Geschiedenen, dann gab Jala mir die Hand und beehrte auch En mit einem Handschlag. Er stellte mich seiner Empfangsdame als »Palmölimporteur aus Suffolk« vor, wohl für den Fall, dass sie von den New Reformasi befragt werden würde. Dann eskortierte er uns zu seinem sieben Jahre alten BMW mit Brennstoffzellenmotor und wir fuhren nach Süden Richtung Teluk Bayur, Jala und Ina vom, En und ich auf der Rückbank.
In Teluk Bayur – dem großen Tiefwasserhafen südlich von Padang – hatte Jala sein ganzes Geld verdient. Vor dreißig Jahren, sagte er, sei Teluk Bayur noch ein schläfriges Sumatra-Sandschlammbecken gewesen, mit sehr bescheidenen Hafeneinrichtungen und einem übersichtlichen Umschlag von Kohle, rohem Palmöl und Düngemitteln. Doch dank des Wirtschaftsbooms in der Zeit der Nagari- Restauration und der Bevölkerungsexplosion in der Torbogenära besitze Teluk Bayur nun ein generalüberholtes Hafenbecken mit Kais und Liegeplätzen von Weltniveau, mit einem riesigen Lagerungskomplex und so viel modernem Schnickschnack, dass sogar Jala irgendwann die Lust verlor, all die Schlepper, Schuppen, Kräne und Auflader nach Tonnage zusammenzurechnen. »Jala ist stolz auf Teluk Bayur«, sagte Ina. »Es gibt kaum einen hohen Beamten, den er nicht bestochen hätte.«
»Aber keinen, der im Rang höher steht als General Schlüssel«, berichtigte Jala.
»Du bist zu bescheiden.«
»Ist es etwa falsch, wenn man Geld verdient? Bin ich zu erfolgreich? Ist es ein Verbrechen, etwas aus sich zu machen?«
Ina neigte den Kopf. »Das sind natürlich alles nur rhetorische Fragen.«
Ich fragte, ob wir direkt zu einem Schiff in Teluk Bayur fahren würden.
»Nicht direkt«, sagte Jala. »Ich bringe Sie zu einem sicheren Ort im Hafen. So einfach ist das nicht, dass man einfach auf ein Schiff spazieren und es sich gemütlich machen könnte.«
»Es ist gar kein Schiff da?«
»Selbstverständlich ist ein Schiff da. Die Capetown Maru, ein netter kleiner Frachter. Er lädt gerade Kaffee und Gewürze. Wenn die Frachträume voll sind, die Schulden beglichen und die Genehmigungen unterzeichnet, dann geht die menschliche Fracht an Bord. Diskret, wie ich hoffe.«
»Was ist mit Diane? Ist
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