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Spin

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Titel: Spin Kostenlos Bücher Online Lesen
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verdeckten sie vorübergehend.
    Dann erhob ich mich. Vielleicht schon tot. Vielleicht tödlich verstrahlt. Die Hitze war zu ertragen, bislang jedenfalls, doch auf zellulärer Ebene mochten üble Dinge vorgehen, vielleicht schossen Röntgenstrahlen durch die Luft wie unsichtbare Gewehrkugeln. Also stand ich auf und spazierte in aller Offenheit, unbewaffnet, über den ausgetretenen Weg auf das Farmhaus zu. Unbewaffnet und unbehelligt, jedenfalls bis ich die Holzveranda erreicht hatte und Bruder Sorley mitsamt seinen hundertdreißig Kilo durch die Fliegentür gestürmt kam und mir mit dem Kolben eines Gewehres seitlich gegen den Kopf schlug.
     
    Bruder Sorley tötete mich nicht, womöglich, weil er nicht mit blutbefleckten Händen zur Entrückung antreten wollte. Stattdessen warf er mich in eines der Zimmer im Obergeschoss und schloss die Tür ab.
    Einige Stunden vergingen, bis ich mich aufsetzen konnte, ohne dass mir übel wurde. Als das Schwindelgefühl endlich nachließ, schlurfte ich zum Fenster und ließ die gelbe Papierjalousie hoch. Von hier aus gesehen, stand die Sonne hinter dem Haus, der Hof und die Scheune waren in ein gleißendes Orange getaucht. Die Luft war brutal heiß, aber es brannte nirgendwo. Eine Katze, sichtlich desinteressiert an der Feuersbrunst am Himmel, schlappte stehendes Wasser aus einem schattigen Graben. Vermutlich würde die Katze den Sonnenuntergang noch erleben. Genau wie ich.
    Ich versuchte das Fenster hochzuschieben – nicht, dass ich unbedingt von hier hätte nach unten springen können –, doch die Schieber waren abmontiert, die Gegengewichte unbeweglich gemacht worden, der ganze Rahmen schon vor Jahren gewissermaßen festlackiert.
    Außer dem Bett befanden sich keine Möbel im Zimmer. Und keine Werkzeuge, nur das nutzlose Handy in meiner Tasche. Die Zimmertür war aus schwerem, solidem Holz, und ich bezweifelte, dass ich die Kraft hatte, sie aufzusprengen. Diane war vielleicht nur wenige Meter entfernt, womöglich trennte uns nur eine einzige Wand. Aber ob es wirklich so war, wusste ich nicht, und es gab keine Möglichkeit, es herauszufinden.
    Schon der bloße Versuch, zusammenhängende Gedanken zu fassen, rief einen tiefen, Übelkeit erregenden Schmerz an der Stelle hervor, wo der Gewehrkolben mir den Kopf aufgeschlagen hatte. Ich musste mich wieder hinlegen.
     
    Am Nachmittag legte sich der Wind. Als ich wieder zum Fenster schwankte, konnte ich den Rand der Sonnenscheibe über dem Haus und der Scheune sehen, so groß, dass man den Eindruck hatte, sie würde beständig fallen, und so nah, dass man gerade nach ihr greifen konnte.
    Die Temperatur in dem Zimmer war seit dem Morgen stetig gestiegen. Ich hatte keine Mittel, sie zu messen, aber sie musste bei 40 °C liegen, mit weiterer Tendenz nach oben. Heiß, doch keine tödliche Hitze, wenigstens nicht unmittelbar tödlich. Gera hätte ich jetzt Jason bei mir gehabt, um mir das erklären zu lassen: die Thermodynamik der globalen Auslöschung. Er hätte mir ein Diagramm aufmalen und zeigen können, wo die Temperaturkurve mit der Letalitätslinie konvergierte.
    Hitzeflimmern stieg von der gebackenen Erde auf. Dan Condon lief noch mehrere Male zwischen Haus und Scheune hin und her. In der scharfen Intensität des orangefarbenen Tageslichts war er leicht zu erkennen, er hatte etwas von neunzehntem Jahrhundert an sich mit seinem quadratischen Bart und dem hässlichen, pockennarbigen Gesicht: Lincoln in Jeans, langbeinig, zielstrebig. Er blickte nicht auf, nicht einmal, als ich gegen das Fenster klopfte.
    Dann trommelte ich gegen die Zimmerwände, dachte, dass Diane das vielleicht hören würde. Doch ich erhielt keine Reaktion.
    Dann wurde mir wieder schwindlig und ich fiel aufs Bett zurück. Die Luft im Zimmer war schwül, mein Schweiß tränkte die Bettwäsche.
    Ich schlief oder verlor das Bewusstsein.
     
    Als ich wieder aufwachte, dachte ich für einen Moment, im Zimmer sei Feuer ausgebrochen – doch es war nur die stehende Hitze in Verbindung mit einem maßlos kitschigen Sonnenuntergang.
    Ich ging zum Fenster. Die Sonne war über den westlichen Horizont gezogen und sank so rasch, dass man es mitverfolgen konnte. Spärliche Wolken standen hoch am sich verdunkelnden Himmel, Fetzen von Feuchtigkeit, einem bereits ausgedörrten Land entzogen. Ich sah, dass jemand mein Auto den Hügel hinabgerollt und auf der linken Seite der Scheune abgestellt hatte. Und zweifellos die Schlüssel an sich genommen hatte. Nicht, dass noch ausreichende

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