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Spinnefeind

Spinnefeind

Titel: Spinnefeind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frederike Schmöe
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sein.«
    Sie ging auf wackeligen Beinen ins Bad und trank Wasser in großen Schlucken direkt vom Hahn. Der Typ hatte einen Stimmenverzerrer zwischengeschaltet. Die passende Software konnte man bequem aus dem Internet runterladen. Sie wusste nicht einmal, ob ein Mann oder eine Frau gesprochen hatte. Als sie sich aufrichtete und ihr blasses Gesicht im Spiegel betrachtete, erstarrte sie. Jemand hatte mit einem Lippenstift ›Lampen!‹ auf den Spiegel geschrieben.

11. Lampen!
    Katinka saß im Parkhaus und trank eine Flasche Cola leer. Ihr Magen schien jeden Schluck Flüssigkeit wieder hergeben zu wollen. Diese verfluchte Übelkeit! Nervosität war akzeptabel, aber nackte Panik konnte sie nicht gebrauchen, sie musste sich konzentrieren und nüchtern nachdenken. Dieser Tag hatte bisher eine Menge Überraschungen bereitgehalten, und zusammen mit dem Schlafmangel der letzten Nacht zerrten die Erlebnisse an ihren Nerven. Kein Wunder, dass sie fast durchdrehte. Hardos Worte hallten in ihrem Kopf wie ein chinesischer Gong: Pass auf dich auf. Dazu werde ich wohl noch imstande sein, schalt sie sich. Sie schloss das Verdeck ihres Käfers. Im Winter hatte sie ihn verkaufen wollen, sich dann aber doch nicht trennen können. Bei dem schönen Wetter schien jeder Gedanke daran, das Cabrio abzustoßen, absurd. Sie trank die Cola aus und stellte die Flasche in die Halterung.
    »Auf zu neuen Taten«, ermunterte sie sich selbst. Kaum hatte sie die Autotür geöffnet, klingelte ihr Handy. Unwillkürlich galoppierte ihr Herz los. »Hallo?«
    »Frau Palfy?«, kam es hastig.
    Zum Glück. Anja.
    »Was gibt’s?«
    »Sie haben gesagt, wenn mir was einfällt …«
    »Rede.«
    »Haben Sie in Hannes Wohnung nichts gefunden? Hat er kein Zeichen hinterlassen?«
    Katinka seufzte.
    »Am Spiegel über dem Waschbecken steht ›Lampen!‹, geschrieben mit einem Lippenstift. Kannst du damit was anfangen?«
    »›Lampen!‹«, murmelte Anja. »Moment, ich schlage das nach.«
    »Du schlägst …« Katinka griff sich an die Stirn. »Ein Wörterbuch ist vielleicht nicht ganz das Richtige!«
    »Doch. Warten Sie. Ich finde es nicht gleich, aber ich rufe Sie zurück. Was ich vorhin meinte: Wir haben bei Falk auch einiges über Steganografie gelernt.«
    »Was ist das?«
    »Die Kunst, Texte zu verstecken. Vielleicht auch nur Wörter. Man kann zum Beispiel einen winzigen Zettel beschreiben und ihn auf die Unterseite des Blattes eines Gummibaumes heften.«
    »Ach du Schande!«
    »Liegen Kaugummipäckchen herum? Hannes wickelt oft das Glanzpapier ab, beschreibt es und packt den Kaugummi wieder ein.«
    An solche Tricks hatte Katinka keinen Gedanken verschwendet.
    »Oder linguistische Steganografie«, redete Anja weiter. »Nachrichten werden im Text selbst versteckt.«
    »Wie geht das?«
    »Buchstaben können hauchfein markiert sein. Zum Beispiel auf dem Beipackzettel eines Medikaments. Oder die Anfangsbuchstaben der Wörter in einem Satz ergeben eine neue Nachricht. Oder die Endbuchstaben. Es gibt viele Möglichkeiten, man braucht Fantasie.«
    Katinka schloss ihr Auto ab und verließ das Parkhaus.
    »Da war nichts. Nichts, was mir ins Auge fiel.« Katinka hatte solche Zwergbotschaften gar nicht gesucht.
    »Ins Auge fallen einem die wenigsten wirklich wichtigen Nachrichten. Man muss wissen, wonach man sucht.«
    Ach was, dachte Katinka.
    »Ich behalte es im Hinterkopf.«

     
    Im ›Café an der Uni‹ in der Ludwigstraße wartete Katinka auf Kaminsky. Als sie ihn angerufen hatte, war ihm dieser Treffpunkt lieber gewesen als sein Büro im Ministerium. Knappe zwei Minuten, nachdem sie sich einen Platz am Fenster gesucht hatte, kam er herein. Ein schmächtiger Mann, vielleicht Mitte 50, mit einem halbherzigen Lächeln auf den dünnen Lippen. Er war kleiner als Katinka.
    »Frau Palfy, nicht wahr? Wie gut, dass Sie mich für ein paar Minuten von meinem Schreibtisch wegholen.«
    Er ist schlau, dachte Katinka. Er pflegt die Beziehungsebene zwischen uns. In der Sache wird er umso härter sein. Sie musterte seinen gut geschnittenen Anzug, die dezente blaue Krawatte und die fransigen Haare. Er würde in Kürze zum Friseur gehen müssen.
    »Ich ermittle im Mordfall Falk«, sagte sie. »Sie haben davon gehört?«
    »Ich habe eine Zweitwohnung in Bamberg. München ist mir auf Dauer zu groß.«
    »Sie haben also von dem Mord gehört?«
    »Nun, sicher. Schließlich lese ich Zeitung und habe einige Bekannte in Bamberg, die mich auf dem Laufenden halten.«
    Er winkte der

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