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Spinnefeind

Spinnefeind

Titel: Spinnefeind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frederike Schmöe
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überhaupt angerufen hatte. Aus Angst. Und weil sie seine Stimme hören wollte. Sie musste sich erst einmal beruhigen. Ihren Körper entspannen. Fragte sich, wie sie das am besten anstellte. Vielleicht sollte sie etwas essen.
    »Ich komme schon klar.«
    »Verflucht, ich kann das nicht mehr hören! Dieses ›ich komme schon klar‹! Bist du ein Stück Schaumstoff, auf das jeder eindreschen darf? Jemand ist hinter dir her, verdammt. Die ganze Geschichte stinkt zum Himmel. Wenn ich hier nur weg könnte, würde ich dich abholen!«
    »Ich glaube, dass Hannes versteckte Nachrichten hinterlassen hat. Anja ist derselben Meinung. Ich sehe zu, dass ich mir was zu essen zwischen die Kiemen schiebe, und dann fahre ich nach Bamberg. Ich muss mit Anja und Valente sprechen. Du hast selbst gesagt …«
    Er unterbrach sie schroff.
    »Darüber sprechen wir später.«
    »Ja. Heute Abend. In Bamberg.« In deinem Bett, wollte sie hinzufügen.
    »Wir haben gleich eine Besprechung. Wann auch immer sich etwas tut, wenn du etwas Merkwürdiges beobachtest, egal … melde dich, ja?«
    »Ich melde mich.«
    Sie legten auf. Katinka holte tief Luft und schreckte vor Schmerz zusammen. Knapp unter ihren Rippen hatte sich ein harter Klumpen gebildet, eine Schwellung, die tiefes Atemholen sofort mit Schmerz ahndete. Sie fühlte sich deprimiert und verloren. Das alles hatte kaum Sinn. Sie besaß nicht einmal mehr die DVD-Hüllen, um in ihren Texten nach geheimen Mitteilungen zu suchen. Ihr Angreifer konnte die Nuss nun knacken.
    Wer?
    Nur das eine Wort tanzte durch ihren Kopf. Dieser Fall hielt nichts als Attacken aus dem Hinterhalt bereit. Ihr wurde schwindelig. Sie musste dringend etwas essen. Rasch lenkte sie den Wagen in den Spätnachmittagsverkehr. Am nächstbesten Supermarkt hielt sie an und kaufte sich Bananen, Mineralwasser und eine Tafel Schokolade. Hier liefen Leute herum, deren einzige Sorge die Schlange an der Kasse war. Irgendwie besänftigte sie der Gedanke. Sie konnte es als Privileg betrachten, richtigen Kummer zu haben.
    Wieder im Auto, kaute sie an einer Banane herum. Ihr Magen revoltierte, aber sie aß weiter. Beim Einatmen tat ihr der Bauch weh, und wenn sie die Bauchmuskeln anspannte, jagte ein gemeiner Schmerz bis in den Rücken. Auch ihre Hüfte hatte beim Sturz was abgekriegt. Katinka biss ein Stück Schokolade ab. Spülte alles mit Mineralwasser hinunter.
    »So geht das nicht«, sagte sie halblaut zu sich selbst. »Ich bin Detektivin. Ich kann nicht einfach Fersengeld geben.«
    Sie fuhr zurück in die Schöngeisinger Straße. Ein Halbstarker mit Hosenboden im Knie schob ein Fahrrad aus dem Hausflur.
    »Hallo«, sagte Katinka und versperrte ihm den Weg. »Sag mal, kennst du den Typen, der ganz oben wohnt?«
    »Nä.« Ungnädig ruckte der Junge am Lenker.
    »Wohnst du nicht hier?«
    »Doch, aber den Alten hab ich nur zweimal gesehen. Der ist noch nicht lange eingezogen.«
    »Wann hast du ihn denn das letzte Mal gesehen?«
    »Keinen Schimmer.«
    »Heute vielleicht?«
    »Nä, heute bestimmt nicht.« Er drängte sich an Katinka vorbei.
    Sie öffnete das Holster und hielt die Hand an die Pistole, während sie die Treppen hinaufstieg. Alles war still. Aus der Wohnung unter der von Hannes drang Knoblauchgeruch. Sofort fing Katinkas Magen an zu knurren.
    Der Aufgang zum Dachboden lag genau über Hannes’ Treppenabsatz, ein paar schmale Stufen führten zur Tür. Sie war unverschlossen, wie Fürlitzer gesagt hatte. Katinka stupste sie auf. Angespannt lauschte sie in die Düsternis des Dachbodens. Insgesamt acht sorgsam verschlossene Abteile lagen rechts und links. Der Geruch nach Staub und alten Möbeln schwebte im Raum. Leise machte Katinka einen Schritt. Und noch einen. Spähte in die Abteile. Irgendwo raschelte etwas. Sie zog die Pistole. Sagte kein Wort. Ging weiter. Wieder das Geräusch. Katinka hätte am liebsten gelacht, als sie im letzten Abteil auf der rechten Seite die Ursache entdeckte: Eine schlecht verschnürte Folie, die ein Sofa verdeckte, schlug im Luftzug aus der Dachluke. Katinka schob das Fensterchen ganz auf und steckte den Kopf hinaus. Fürlitzer hatte recht: Jeder halbwegs sportliche Mensch konnte leicht aus der Luke klettern und über das Dach laufen. Es war ganz flach an dieser Stelle. Katinka überlegte nicht lange. Hardo würde durchdrehen, wenn er das hier wüsste, dachte sie, aber er weiß es ja nicht. Sie verstaute die Pistole und zog sich hoch. Der Schmerz im Bauch war grausam und drückte ihr die Luft ab.

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