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Spinnefeind

Spinnefeind

Titel: Spinnefeind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frederike Schmöe
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Aber das kam nicht infrage. Sie wollte nicht schwach werden. Sie hatte einen fürchterlichen Tag hinter sich, doch sie war durchaus imstande, mit der Angst, die sie mit glühenden Augen umkreiste, zurechtzukommen. Sein finsteres Gesicht ermutigte sie ohnehin nur bedingt, von ihren Erlebnissen zu erzählen. Sie griff nach ihrem Rucksack und stieg aus. Er wollte sie in die Arme nehmen. Ungestüm machte sie sich los.
    »Ich bin o.   k.!« Noch hatte sie einiges vor sich. Sie musste dringend mit Anja und Valente sprechen. Vielleicht gab die Flasche mit dem Badezusatz doch irgendeine geheime Botschaft preis. »Lass mich. Ich habe noch was zu erledigen.«
    Er sah sie befremdet an.
    »Kommst du wenigstens kurz mit hoch? Was essen?«
    »Ich muss erst telefonieren.«
    Er nickte. Streckte die Hand aus und strich ihr kurz über die Wange. Sie wich zurück. Irgendwas passierte hier gerade. Als ginge ein kaltes Gespenst mit wehendem Gewand an ihnen vorbei. Hardo drehte sich um und ging über die Straße zu dem orange gestrichenen Haus. Sprachlos sah Katinka ihm nach. Ihr zitterten die Knie. Auf der ganzen Fahrt hatte sie der Gedanke an Hardo aufrecht gehalten. Und nun ließ er sie stehen. Er sah nicht einmal zurück. Hinter ihm fiel die Tür ins Schloss.

     
    Sie trafen sich in Katinkas Detektei. Anja und Valentin waren die Ersten. Sie hätten Narrenfreiheit, bemerkte Anja. Sie selbst, weil das Schuljahresende vor der Tür stand und ihre Mutter mit sämtlichen Noten mehr als zufrieden war. Und Valente, weil sein Vater zu einer seiner vielen gesellschaftlichen Aktivitäten unterwegs war, wie der Junge mürrisch berichtete. Auch Charly Niedorf trudelte ein. Er trug noch das Batikshirt mit dem Rotweinfleck. Die vielen Linien in seinem Gesicht schienen sich seit gestern vertieft zu haben und sahen aus wie Sprünge in Porzellan. Katinka stellte einen Küchenstuhl aus dem Nebenraum neben ihre beiden Besuchersessel. Sie war kurz in ihrer Wohnung gewesen, um zu duschen und ein frisches T-Shirt anzuziehen.
    »Heiß hier«, brummte Valente. »Haben Sie was gefunden?«
    Katinka räusperte sich. Im Augenblick konnte sie Hardos seltsames Verhalten gut verdrängen, denn die Neugier, ob aus dem Badezusatz eine geheime Nachricht herauswachsen würde wie eine Geranie, war übermächtig. Rasch berichtete sie, was sie in Hannes’ Wohnung gesehen hatte.
    »Ich verstehe eins nicht«, sagte Katinka. »Er hat ein Handy, will aber damit nicht telefonieren, weil man das Telefon orten könnte. So weit, so gut. Aber warum hatte er das Handy dann überhaupt dabei und hat es nicht in Bamberg gelassen?«
    Niedorf hob die Schultern.
    »Das war so eine Art Absicherung. Zur Not kann er eben doch telefonieren.«
    »Hm«, machte Katinka und sah die beiden Schüler an. Sie wirkten bedrückt und sagten kein Wort. »Ich habe zwei DVDs gefunden. ›Elsa und Fred‹ und ›Forrest Gump‹. Hannes hat sich die Filme von Emil Fürlitzer ausgeliehen. Die Scheiben sind nicht in den Hüllen gewesen. Ich habe die Boxen dennoch eingepackt, weil ich an deine Hinweise zur linguistischen Steganografie dachte, Anja.«
    Das Mädchen nickte.
    »Aber als ich aus dem Haus wollte, wurde ich angegriffen. Jemand schnappte sich meinen Rucksack, riss die Hüllen heraus und türmte.«
    Anja klappte die Kinnlade runter. Valente rutschte auf seinem Stuhl herum.
    »Wer …?« Charly Niedorf fing sich als Erster.
    »Keine Ahnung. Wie sehr vertrauen Sie Ihrem Freund Emil?«, fragte Katinka. Sie schaltete die Schreibtischlampe ein. Trotz der hellen Sommernacht glitten Schatten in die Hasengasse.
    »Hundertprozentig. Wir sind beide aktive Bürgerrechtler. Haben Sie den Verdacht, dass Emil Sie attackiert hat?«
    »Ich konnte das Gesicht des Angreifers nicht erkennen. Zuerst fiel mir gar nicht auf, warum. Aber jetzt weiß ich es: Er trug eine Ledermaske, die nur Augen und Mund frei lässt. So eine, wie manche Menschen mit speziellen Bedürfnissen sie zum Sex nehmen.«
    Valente wurde tatsächlich rot.
    »Das war nicht Emil«, sagte Niedorf felsenfest.
    »Er ging ein paar Minuten früher als ich. Angeblich musste er zum Unterricht. Er hätte sich theoretisch im Müllraum verstecken und dann auf mich losgehen können.«
    »Warum so umständlich«, sagte Anja. »Er war mit Ihnen im Apartment, haben Sie gesagt. Dann hätte er die DVD-Schachteln locker einstecken können. Es sind seine. Fürlitzer hat Ihnen doch gesagt, dass Hannes sie von ihm geliehen hat.«
    Clever kombiniert, das musste Katinka

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