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Spinnefeind

Spinnefeind

Titel: Spinnefeind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frederike Schmöe
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doch: Schweigt sie aus Angst oder um die Täter zu schützen?«
    »So steht es im Lehrbuch«, sagte Hardo.
    Katinka dachte an Ljubovs Bemerkungen über ihre guten Verbindungen zu den Russen. Und dass Sergej den Überblick hatte. Nur – worüber genau? Wenn ich nicht so müde wäre, dachte Katinka, hätte ich mich genau mit dieser Frage beschäftigt. Mein Gehirn ist eingeschlafen, während mein Körper noch aktiv war.
    »Hannes hat eine Nachricht hinterlassen, bevor er sich aus seiner Fürstenfeldbrucker Wohnung davongemacht hat«, sagte sie. »In einer Flasche mit Latschenkieferbadezusatz. Die Schüler sind echt gut drauf, wenn es drum geht, Nachrichten zu verschlüsseln oder zu verstecken.«
    Hardo hob die Augenbrauen.
    »›Es sind Drogen im Spiel‹. Das war die Nachricht. Ganz eindeutig von Hannes und so geschickt versteckt, dass wir sie finden mussten.«
    Tatsächlich empfand Katinka so etwas wie Hochachtung vor Hannes, Anja und Valente. Die lernen in der Schule doch etwas fürs Leben, dachte sie.
    »Ich kann nicht mehr«, sagte Hardo. »Wir besprechen das alles morgen.«
    Katinka erschrak. Aus seinem Mund hatte sie noch nie eine derartige Kapitulation gehört.
    »Hardo?«
    »Hm?«
    »Vorhin … also heute Abend, als ich aus Fürstenfeldbruck wiederkam … ich wollte nicht …«
    »Manchmal hast du was von einer Raubkatze«, murmelte er und küsste sie.
    Das tat gut. Schmeckte salzig und nach Bier. Aber er verstand sie nicht. Wie sollte sie ihm ihre Angst, bevormundet und in eine zweitrangige Frauenrolle gedrängt zu werden, erklären? Ausgerechnet Hardo mit seinem konservativen Weltbild! Es fühlte sich wunderbar an, beschützt zu werden, aber sie wollte sich auch allein helfen können.
    »Ich bleibe noch eine Weile hier, dann muss ich zur Arbeit, unsere Ganoven wachrütteln. Ich freue mich drauf!«
    Katinka schmiegte sich an ihn. Müdigkeit und Hormone ließen die Erinnerungen an die Ereignisse im Boxklub verblassen. Immerhin hatte sie sich erfolgreich gewehrt. Gegen drei Männer. Ich bin nicht hilflos, dachte Katinka mit Nachdruck, während sie die grünen Ebenen erholsamer Träume herangleiten spürte. Und doch war es kein guter Gedanke, dass Hardo nicht mehr lange neben ihr liegen würde. Sollte er die Gangster ruhig noch eine Weile schlafen lassen. Sie wollte, dass er hierblieb. Hier, bei ihr. Sie schlang die Arme fester um ihn.

     
    Licht perlte verhalten durch die Jalousien ins Schlafzimmer. Katinka blinzelte. Hörte das leise Plätschern des Sommerregens. Hardo war nicht mehr da. Ein Blick auf die Uhr sagte, warum. Es war kurz nach zehn.
    »Mist!«, murmelte sie und setzte sich auf. Sie verpasste den ganzen wertvollen Vormittag. Als sie aufstand und ins Bad tappte, spürte sie ein unangenehmes Ziehen im Fuß. Die Wunde hatte sie ganz vergessen. Am Spiegel über dem Waschbecken klebte ein Zettel:
    ›Ich war in deiner Wohnung und habe dir was zum Anziehen geholt. In der Küche stehen Kaffee und Hörnchen. Iss etwas und ruf mich an! H.‹
    Du liebe Zeit, dachte Katinka. Er denkt an alles. Er besorgt mir Klamotten, kocht Kaffee und geht zum Bäcker. Jetzt zieht sich die Schlinge zusammen. Sie inspizierte Jeans, T-Shirt und Pulli inklusive Unterwäsche und Socken auf dem Badewannenrand. Ihre Turnschuhe standen davor. Und ihr Rucksack. Ein eigenartiges Gefühl wanderte durch Katinkas Hals.
    Sie zog sich an und tippte Hardos Nummer ins Handy, noch während sie den Reißverschluss ihrer Jeans schloss. Es meldete sich nur die Mailbox. Sie hinterließ eine kurze Nachricht, bediente sich am Gebäck und sah in den Regen hinaus. So ein trüber Tag. Wenigstens fühlte sie sich in ihren gewohnten Klamotten wieder wie neu. Was sollte sie als Nächstes tun? Sie musste mit Niedorf Kontakt aufnehmen. Immerhin war er ihr Auftraggeber. Es galt, Hannes zu finden. Das Wochenende stand vor der Tür. Sie gähnte herzhaft und biss in ein Hörnchen, spielte mit ihrem Handy herum und starrte in das nasse Grau hinaus. Wo steckte Ljubov? Wes Geistes Kind war sie wirklich? Wohin hatte sich Hannes geflüchtet? Sie trank ihren Kaffee und spürte hemmungslose Müdigkeit in den Knochen. Am liebsten wäre sie wieder ins Bett gekrochen. In ihrem Kopf trippelten Zweifel und allerlei unausgegorene Schlussfolgerungen, Versuche, all die Ereignisse zu einer zusammenhängenden Kette zu verknüpfen.
    Sie räumte das Geschirr auf und überlegte, wie sie nach Hause kommen sollte, ohne nass zu werden. Kurzerhand bestellte sie ein Taxi und wartete

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