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Spinnefeind

Spinnefeind

Titel: Spinnefeind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frederike Schmöe
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unter dem Vordach. Der Fahrer begann, über das Wetter zu lamentieren, noch bevor sie sich angeschnallt hatte.
    »Ob das noch ein Sommer wird«, jammerte er und wies theatralisch auf die Scheibenwischer.
    »Sicher wird es einer«, sagte Katinka zerstreut.
    Ihr Handy klingelte. Ein kurzer Blick aufs Display. Unbekannter Anrufer. Es könnte wieder die Drohstimme sein, dieser körperlose Mensch, der sich hinter einer Stimmenverzerrersoftware verbarg und sie warnen würde, vorsichtig zu sein. Falls er überhaupt noch einmal eine Warnung aussprach, bevor er zur Sache kam.
    »Palfy?«, sagte sie, so ruhig sie konnte.
    »Hier spricht Lilo Spachtholz«, sagte eine Frauenstimme. »Es geht um meine Tochter Anja.«
    »Ja?«
    »Ich bin eben von einem Arzttermin heimgekommen, da liegt ein Zettel«, Lilo Spachtholz musste Luft holen, die Stimme schwankte hysterisch, »auf dem Küchenbüfett, dass sie verschwinden musste und dass ich diese Nummer anrufen soll. Also Ihre.«
    Himmel, hilf, dachte Katinka. Ich blicke nicht mehr durch. Jetzt hilft nur noch eine Kerze bei irgendeinem effektiven Heiligen.
    »Wo wohnen Sie?«
    »Altenburger Straße.«
    »Ich bin gleich bei Ihnen.«
    Der Taxifahrer reagierte misstrauisch, als sie ihm das neue Fahrziel durchgab. Die Altenburger Straße lag noch grauer da als die Innenstadt. Dunstschwaden krochen den Berg hinauf, und die Felder neben der Straße glänzten vor Nässe wie Mangrovensümpfe.
    Katinka zahlte und lief auf das Haus zu. Eine schlanke Frau Mitte 50, mit rot lackierten Nägeln, blondiertem Haar und goldenen Ohrklipsen, riss die Tür auf, bevor sie klingeln konnte.
    »Wer sind Sie? Wie kommt Anja zu Ihnen? Was hat das alles zu bedeuten?«
    »Darf ich reinkommen? Es regnet.«
    »Ach so, ja. Lilo Spachtholz ist mein Name. Bitte, treten Sie ein.«
    Katinka betrat eine protzige Eingangshalle voller schwerer Eichenschränke und Makramee-Blumenampeln. Sie konnte sich kaum vorstellen, dass ein heranwachsendes Mädchen sich in diesem Haus wohlfühlte. Alles war picobello geputzt und aufgeräumt. Die Vorhänge wallten in gleichmäßigen Falten, und die Möbel sahen allesamt unberührbar aus. Katinka strich sich instinktiv über ihr verwuscheltes Haar. Sie hatte sich heute noch nicht gekämmt, geschweige denn gewaschen.
    »Nehmen Sie bitte Platz. Möchten Sie was trinken? Sprudel vielleicht?«
    »Nicht nötig«, sagte Katinka und probierte ein grün gepolstertes Jugendstilsofa. »Zeigen Sie mir den Zettel, den Anja Ihnen geschrieben hat.«
    »Stopp, so schnell schießen die Preußen nicht. Wer sind Sie? Wie kommt Anja dazu, mich an Sie zu verweisen?«
    Katinka konnte nachvollziehen, dass Niedorf das Etikett ›Nervensäge‹ auf Lilo Spachtholz’ Stirn geklebt hatte. Geld wie Heu. Parteimitglied. Sie zog ihre Visitenkarte hervor und reichte sie Anjas Mutter.
    »Katinka Palfy. Privatdetektivin. Am Paul-Celan-Gymnasium sind in der letzten Zeit einige Seltsamkeiten vorgefallen. In diesem Zusammenhang habe ich mich auch mit Anja unterhalten.«
    »Seltsamkeiten! Im Zusammenhang mit einem Mord nicht ganz das richtige Wort!«
    »Ist Anja heute Morgen zur Schule gegangen?«
    »Ja. Sie ist um kurz nach halb acht aus dem Haus. Die letzten Tage klagte sie über Bauchweh, aber heute sagte sie mir beim Morgenkaffee, es wäre alles wieder in Ordnung. Die jungen Dinger haben am laufenden Band irgendwelche Unpässlichkeiten. Außerdem sind heute nur drei Stunden Unterricht, der Rest fällt aus.«
    »Und Sie kamen vorhin heim und fanden eine Nachricht von Anja?«
    Lilo Spachtholz stand auf, marschierte aus dem Zimmer und kam mit einem DIN-A5-Blatt zurück, das sorgfältig aus einem Kollegblock getrennt worden war. Sie schien Katinka weniger beunruhigt als empört. Frau Spachtholz mochte es nicht, ohne präzise Informationen sitzen gelassen zu werden.
    »Bitte.«
    Katinka streifte Gummihandschuhe über und nahm den Zettel in die Hand.
    ›Hallo Mama, tut mir leid, aber du hast zu akzeptieren, dass ich nach der Schule nicht mehr heimkomme. Ruf folgende Nummer an.‹
    Es folgte Katinkas Mobilnummer. Außerdem gab es noch ein PS:
    ›Such mich nicht. Bis Ferienbeginn bin ich zurück.‹
    Natürlich ein Code. Wie war das noch, überlegte Katinka fieberhaft, ein offener Code ist einer, wo die Nachricht einem direkt vor Augen steht, man muss nur wissen, wo.
    »Anja macht so was nicht. Sie haut nicht ab. Sie ist eine gute Schülerin. Im August fliegen wir nach Ibiza. Ich habe Anja einen Tauchkurs geschenkt. Den wird

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