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Spinnefeind

Spinnefeind

Titel: Spinnefeind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frederike Schmöe
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Gesicht tauchte über ihr auf. Er spuckte aus. Der Speichel traf ihre rechte Wange und lief langsam zu ihrem Ohr.
    »Was soll die Scheiße hier?«
    Eine tiefe, brummende Stimm e. Sergej. Sie sah ihn aus den Augenwinkeln.
    »Hört sofort auf.« Er sprach leise, schneidend wie Januarwind. Mit einem Faustschlag setzte er Wollmütze außer Gefecht. Karo fing mit langen Erklärungen an. Sergej brüllte ihn auf Russisch nieder. Langsam nahm der König seinen Fuß von Katinkas Bauch. Sie drehte sich auf die Seite und krümmte sich zusammen. Bunte Lichtblitze flirrten vor ihren Augen. Dahinter tauchte Ljubovs Gesicht auf.
    »Kátinka! Was haben sie mit dir gemacht!«
    Katinka kam auf die Knie. Sie raffte den Stoff ihres Kleides notdürftig zusammen und tastete über den mit Glasscherben und Wodka verschmutzen Boden, bis sie ihre Tasche fand.
    »Kátinka.« Ljubov fasste sie an den Armen. Begann zu reden, aber Katinka hörte nicht zu. Sie stand auf, wehrte Ljubovs Hilfe ab und ging zur Tür. Sergej rief Ljubov etwas zu. Die beiden brüllten wie die Wilden aufeinander ein. Katinka öffnete die Tür und ging durch die nächste Halle. Die Kerle am Würfeltisch waren verschwunden. Ihr Fuß tat plötzlich weh. Sie streifte die Sandalen ab, tappte barfuß weiter, durch den langen Gang bis zur Eingangstür.
    Verschlossen.
    Es gab noch ein Fenster.
    Ohne nachzudenken, zog sie ihr Kleid aus, wickelte es um ihren Arm, stieß mit dem Ellenbogen gegen die Scheibe. Das Splittern tönte erstaunlich leise in ihren Ohren, nur ein kurzes KLICK. Sie brach die größten Scherben mit der Hand weg und kletterte hinaus. Ihr zerrissener BH blieb irgendwo hängen, und sie streifte ihn ab. Nackt stand sie im Hof. Noch während sie in die Reste ihres Kleides schlüpfte, wählte sie Hardos Nummer. Es war tief in der Nacht, aber er antwortete sofort.
    »Katinka, bist du das?«
    »Komm in die Coburge r Straße«, sagte sie. »Schnell. Mit der vollen Besetzung.«
    Hinter sich hörte sie Schritte. Sie begann zu rennen. Stolperte über ein Stück Rohr und hob es auf. Wich den maroden Baufahrzeugen aus und jagte die Straße hinunter zu Ljubovs Wagen. Rammte das Rohr in das Seitenfenster. Hatte schon ihre Waffe in der Hand und lud durch. Kroch hinter das Auto in Deckung. Hörte Stimmen, die näher kamen. Stimmen, deren Klang sie nie wieder vergessen würde. Der nasse Stoff ihres Kleides presste sich eiskalt auf ihre Haut. Aber sie spürte es nicht, obwohl der Wind aufgefrischt hatte und Wolken über den Himmel trieben.

14. Stark genug
    »Wo steckt die Fotze«, plärrte Karo.
    »Hauen wir ab.« Der König. »Los, hauen wir ab, die hat bestimmt die Bullen bestellt.«
    Karo jedoch raste vor Zorn. Katinka konnte hören, wie er mit vollem Karacho gegen die parkenden Autos trat. Und näher kam.
    Sie kroch hinter den linken Kotflügel, zielte und schrie:
    »Stehen bleiben!«
    Karo und der König erstarrten. Sie standen dicht hintereinander.
    »Nehmt die Arme hoch. Sofort.«
    »Warte mal, Schätzchen. So war das nicht gemeint …«
    »Keine Debatten. Das hier ist nicht der Bundestag. Ich gebe euch drei Sekunden, ansonsten habt ihr eine Kugel im Knie.«
    »Lass dir erklären …«
    Der König tat unbeteiligt. Katinka sah, wie sein Oberarm sich anspannte.
    »Eins – zwei …«, zählte sie.
    »Das passt doch gar nicht zu dir«, sagte der König. »Vorn baumeln dir die Titten raus und …«
    Karo versuchte eine schnelle Bewegung. Katinka war schneller. Die Kugel streifte Karos Bein. Zerriss seine Jeans. Er knickte ein und begann zu kreischen.
    »Haltet endlich den Rand und nehmt die Hände hoch.«
    Der König lehnte sich sichtlich schockiert an ein Auto. Er hob die Hände in die Luft und sah aus wie ein Comic-Cowboy. Karo winselte und hielt sich das Bein. Blut tropfte auf die Straße.
    »Kann nicht so schlimm sein«, sagte Katinka. »Flossen hoch. Klappe halten.«
    Karo hopste einbeinig zur Seite und hockte sich auf die Motorhaube von Ljubovs Wagen. Blaulicht zuckte über die Bahngleise. Für ein paar märchenhafte Sekunden war die Welt totenstill. Katinka hörte nur ihren Atem.
    »Waffe runter«, sagte jemand. »Waffe runter, Katinka, wir sind hier.«
    Sie legte die Beretta auf den Asphalt. Der König versuchte einen Ausfall, wurde aber nach drei Metern festgehalten. Uniformierte stürmten den Klub. Alles ging ganz leise vor sich. Sogar der Sprechfunkverkehr kam verhalten aus den Lautsprechern. Katinka sah auf. Da stand Hardo vor ihr, blass, winzige Bartstoppeln

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