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Spinnefeind

Spinnefeind

Titel: Spinnefeind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frederike Schmöe
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drüberziehen.«
    Sie gingen zum Ufer zurück. Katinka riss sich den nassen Badeanzug runter. T-Shirt und Jeans fühlten sich warm und trocken an, aber im Wind konnte sie sich kaum aufwärmen. Hardo räumte die restlichen Sachen zusammen.
    »Meinst du, es ist einer aus dem russischen Boxklub?«, fragte Katinka zähneklappernd. »Oder …« Sie vollendete den Satz nicht. Ihre Stimme klang ganz dünn.
    »Lass uns gehen. Wer auch immer es war, er ist jetzt nicht mehr in der Nähe.«
    Katinka hob das Buch auf, das er gelesen hatte. Tschechow. Die Dame m it dem Hündchen. Hatte sie den gleichen Titel nicht neulich bei Ljubov gesehen?
    »Vergiss das hier nicht!«
    Während Hardo den Band einsteckte, ballte sich in Katinkas Magen ein Eisblock zusammen. Unerwartet fiel Angst sie an, brutal, aus dem Hinterhalt, und während sie hinter Hardo am Ufer herging, das nasse Handtuch fest an sich gepresst, zitternd vor Kälte, legte sich etwas auf ihren Atem. Sie bekam kaum Luft. Fuß vor Fuß zu setzen, schien schwerer als jemals zuvor. Ihr Körper wurde starr. Sie blieb stehen und ließ das Handtuch fallen. Sie wollte nach Hardo rufen, aber es kam kein Laut aus ihrem Mund. Ihre Zunge brannte wie Feuer, und sie spürte entsetzlichen Durst. Angst. Das hier war nackte, archaische Angst. Mit einem Mal wurde ihr klar, welch grauenhafte Stunden Jens Falk ausgestanden haben musste. Er hatte sich denken können, dass der Mord an seiner ehemaligen Freundin mit ihm zu tun hatte und dass er der Nächste wäre.
    Noch nie in ihrem Leben hatte die Todesangst Katinka niedergestreckt. Nicht am Dienstagabend, als die Killer in Ljubovs Kan zlei eingedrungen waren und Falk umgebracht hatten, nicht nach dem Angriff in Hannes’ Wohnhaus, nicht nach dem Heckmeck im Boxklub. Katinka wurde funktionsunfähig. Wollte sich wie ein Tier in einem engen, dunklen Bau verkriechen, zusammengerollt, im Schutz der Erde.
    Zum Teufel, sagte sie sich. Ich bin kein Tier. Ich bin ein Mensch. Ich kann denken. Der Kapuzenmann ist abgehauen. Er ist jetzt weg. Wir sind hier nicht allein, drüben am Ufer sind Leute. Bis zum Parkplatz ist es nicht weit. Sie schaffte es, ihre verkrampften Glieder zu lockern. Bückte sich und hob ihr Handtuch auf. Ich gehe jetzt diesen Weg weiter. Ich atme ruhig ein und aus. Ich denke nicht an den Kapuzenmann. Jede Sekunde wird die Angst weniger.
    Die Kommandos kamen ihr zunächst lächerlich vor, aber dann löste sich der Klumpen im Hals. Sie konnte tiefer Luft holen, schüttelte erst den rechten, dann den linken Fuß aus. Irgendwie schaffte sie es, weiterzugehen und Hardo einzuholen. Er hatte von dem ganzen Drama nichts bemerkt. Katinka hörte ihn telefonieren und seine Kollegen anweisen, nach einem grünen Opel im Dunstkreis des Falles Ausschau zu halten.
    Auf dem Parkplatz verluden die Ausflügler hektisch Kinder, Hunde und Picknickkörbe. Es roch nach Regen. Katinkas Hand, die den Autoschlüssel festhielt, zitterte so heftig, dass sie die Fernbedienung nicht betätigen konnte. Hardo nahm ihr den Schlüssel ab, schloss auf, setzte sich hinters Steuer und klappte das Verdeck zu.
    »Hast du eine Decke im Auto?«, fragte er, während er den Motor startete.
    Katinka schüttelte den Kopf.
    »Dann schalte ich die Heizung an.«
    Sie fuhren ein Stück die Straße hinauf. Katinka dachte an Falk. An die roten, durch die Kanzlei geisternden Laserpünktchen. An das leise PLOPP aus dem Schalldämpfer. An den heißen Schreck, als die Tür zum Müllraum in Hannes’ Haus aufgerissen wurde, an den Schmerz in ihrem Bauch. An Wollmütze, der ihr den Slip herunterriss … Sie krümmte sich zusammen.
    »Halt an.«
    »Was ist denn?«
    Hardo lenkte den Käfer gerade noch nach rechts, als Katinka den Gurt löste, die Tür aufriss und hinaussprang. Sie rannte los. Hörte Hardos verwunderte Rufe hinter sich. Was ist mit mir passiert, dachte sie entsetzt. Was bin ich für ein Mensch! All die Tage war sie durch das Geschehen getrieben wie ein Eisblock. Sie hatte neben Falk gesessen, als er getötet wurde, aber sie hatte nichts empfunden. Nicht einmal Mitleid. Ihre primären Gefühle waren Skepsis und Ungeduld gewesen. Skepsis gegenüber Ljubov und Ungeduld, weil es nicht voranging. Aber da war auch Charly Niedorf, der sich um seinen Sohn sorgte, da war Valente, der einen Vater wie Niedorf verdient hätte, da waren Anja und Hannes, die sich in ihrer Angst irgendwo verschanzten und vermutlich in Gefahr schwebten.
    »Katinka, zum Teufel, was ist los mit dir?«
    Hardos

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