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Spinnen füttern

Spinnen füttern

Titel: Spinnen füttern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rawi Hage
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nicht schüchtern. Sie müssen immer ein bisschen mehr verlangen. Wie heißen Sie eigentlich?
    Fly, sagte ich, und Sie?
    Sag doch Du zu mir. Ich bin Sheila, aber du kannst mich Baby Jane nennen.
    Jane?, fragte ich.
    Nein, Baby Jane.
    Ah ja.
    Als wir da waren, bat sie mich, sie zu begleiten. Was ich auch tat. Sie hielt meine Hand und sagte: Mein Mann hasst Einkaufen. Magst du es, neue Sachen anzuprobieren?
    Ich bin es gewöhnt, sagte ich.
    Warst du mal Fotomodell?
    Nein, antwortete ich, aber darstellender Künstler.
    Hört sich nach was an, sagte sie. Ich war mal Tänzerin, bis mich mein Baby gerettet hat.
    Beim Ballett?, fragte ich.
    Nein, in einer Stripbar, sagte sie.
    Wir ließen uns durch die Geschäfte treiben, sie probierte Kleider und Schuhe an und ließ sich schminken, ich sah mir Cargo-Hosen und Lederjacken an, coole Hemden, Sonnenbrillen, Hüte. Alles im Dienst des Dealers.
    Der ganze Nachmittag verging so, wir schlenderten von Laden zu Laden, ich schleppte die Tüten. Schließlich fuhr ich sie zum Friseur. Ich setzte mich in ein Café, trank ein Bier und las eine Stunde in meinem Buch, dann fuhr ich zum Friseur zurück. Baby Jane saß noch immer unter dem Haartrockner, sie blätterte in einer Modezeitschrift.
    Ich trat vor die Tür, lehnte mich an einen Kabelmast und zündete mir eine Zigarette an. Ich beobachtete die Passanten, die Menschen in dieser Stadt. Der Himmel zog sich zu, bald setzte ein kräftiger Regen ein. Die Menschen flüchteten unter die Markisen und drückten sich an Häuserwände. Meine Hosenbeine wurden nass und schwer, die Schuhe saugten sich voll. Ich krempelte die Hose hoch, knöpfte die Jacke zu und ging zum Auto, um den Regenbogenschirm zu holen, dann setzte ich ein Lächeln auf und wartete, bis die Locken der Dame trocken und knusprig waren.
    Am Ende unserer Kleider-, Schuh- und Haareskapade fuhr ich Baby Jane nach Hause. Es war ihr ein Leichtes, den Schlüssel aus der Handtasche zu ziehen, sie hatte ja die Hände frei. Ich trug alle Tüten. Meine Dienstfertigkeit schien ihr zu gefallen, sie gab mir alles, was in ihrem Portemonnaie übrig war. Du warst eine große Hilfe, Fly! Stell einfach alles in den Flur, mein Mann trägt es später rauf.
    Ich nahm das Geld und fuhr ins Bolero, das Tagesgericht war Fish & Chips. Mein absoluter Lieblingstag.
    Hund
    Ich brauche nur einen Blick auf die Reihe der Wagen zu werfen, die vor dem Bolero stehen, und weiß sofort, wer alles da ist. Es gibt einige Spinnen, die immer zur selben Zeit dort sitzen, sie essen gemeinsam. Ihr Leben wird allein von dem Bedürfnis beherrscht, den Magen zu füllen und Zigaretten zu rauchen.
    Und dann gibt es uns andere, die Fliegen, die kommen und gehen, wann sie wollen.
    Manchmal müssen wir uns mit einem Hocker an der Theke begnügen und die Hitze ertragen, die in Wellen aus der offenen Küche dringt. Manchmal haben wir keine Wahl, wir müssen in der Nähe der Nummer 66 essen. Er gehört hier zum Mobiliar. Wenn er den Mund aufmacht, dann nur, um sich bei der Wirtstochter zu bedanken. Danke, Liebes, sagt er dann. Er saugt den Duft des Essens ein, bestellt selbst aber nur Kaffee. Er ist weder Spinne noch Fliege, er ist ein Gespenst, weder tot noch lebendig. Er scheint auch nicht oft zu fahren. Es heißt, dass er um drei Sechsen gebeten hat, als er im Amt seine Taxilizenz beantragt hat. Die Beamten ließen sich darauf nicht ein, sie meinten, es würde die Kunden verschrecken. Also hat er zwei Sechsen bekommen, und seitdem sitzt er da und wartet auf die dritte.
    Ich fühlte mich auf den hohen Barhockern, bei den schweigenden Teufeln, nicht wohl und war froh, als ich mich zu einer Gruppe von Spinnen setzen konnte. Ich hörte ihren Geschichten zu, 101 sagte, die Taxi-Inspekteurin habe vor ein paar Tagen Nummer 15 angemacht. Erzähl mal, wie das war, sagte 101 zu Nummer 15.
    Nummer 15 zuckte mit den Schultern. Leute, ich hab sie einfach machen lassen, erklärte er, genau wie ihr es mir geraten habt.
    Alle wissen, dass die Inspekteurin Taxifahrer belästigt. Sie hält neben dir an der Ampel und sieht rüber. Wenn sie dich für später im Auge hat, lächelt sie und fährt weiter. Dann nimmt sie deine Fährte auf, über deine Freunde oder anhand der Nummer, die an deinem Dachschild leuchtet. Wenn du eine Spinne bist, geht sie ins Bolero und fragt die Kellnerin, wann du zur Fütterung kommst und welchen Tisch du bevorzugst. Irgendwann steigt sie zu dir in den Wagen, hält dir ihren Dienstausweis unter die Nase und legt

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