Spinnen füttern
runter zum Wagen und fuhr hin. Sie stand mit einer kleinen Tasche vor dem Haus und weinte. Sie stieg ein, gemeinsam betrachteten wir in den Spiegeln den Mann, der rauchend in der Tür stand und zusah, wie seine Frau ihn verließ.
Ich hätte mich nach hinten setzen sollen, meinte sie.
Ich glaube nicht, dass er sich an mich erinnern würde. Zu mir?, fragte ich.
Ich nehme mir lieber ein Hotelzimmer, sagte sie. Aber wir können auf dem Weg kurz bei dir halten, du könntest mir für die Nacht ein paar Bücher leihen.
Wir fuhren zu meiner Wohnung, sie wartete im Wagen, während ich oben eine Tüte Bücher packte. Dann fuhr ich sie zu einem kleinen Hotel in der Innenstadt. Als ich sie fragte, warum sie nicht bei mir übernachten wolle, antwortete sie: Ich muss lernen, allein zu sein. Ich brachte sie in ihr Zimmer, legte die Bücher auf den Tisch und stellte eine Flasche Whiskey dazu, die ich zu Hause eingesteckt hatte. Hunger?, fragte ich. Sie schüttelte den Kopf. Soll ich dich später anrufen?
Wenn du magst, sagte sie und fing wieder an zu weinen.
Auf dem Rückweg nahm ich einen Kunden mit, er stand vor einem anderen Hotel. Der Gepäckträger winkte mich heran, was mich wunderte, denn die Hotels sind allesamt korrupt. Die Spinnen haben sie untereinander aufgeteilt, sie zappeln in einem Netz aus Bestechung und Unterschlagung. Es sind die Gepäckträger und Concierges, die alles in der Hand haben. Wenn ein Gast ein Taxi zum Flughafen bestellt, eine teure Fahrt, informiert der Concierge den Gepäckträger, der in der Taxizentrale anruft. Auch dort ist man natürlich eingeweiht. Eine Spinne aus einem kleinen Kreis der Auserwählten bekommt den Auftrag. Der Fahrer verdient am meisten, die anderen bekommen jeweils einen kleinen Anteil. So läuft das in fast allen großen Hotels der Stadt, es sind immer dieselben Spinnen, und sie verdienen gut. Nur selten, wenn eine Spinne sich verspätet oder keine Zeit hat, ist der Gepäckträger gezwungen, ein freies Taxi heranzuwinken. In diesem Fall war ich der Glückliche.
Ich fuhr vor, der Gepäckträger mit der Sherlock-Holmes-Uniform öffnete dem Kunden die Tür. Als ich das Gepäck im Kofferraum verstaute, trat Sherlock zu mir und hielt so die Hand auf, dass man es vom Hotel nicht sehen konnte. Ich wartete, schließlich ergriff ich die Hand und sagte: Elementar, mein Freund, elementar.
Ich schloss den Kofferraum, setzte mich in den Wagen und fuhr davon.
Der Kunde war nicht sehr gesprächig, ich erwähnte das schlechte Wetter.
Der Regen stört mich nicht, sagte er. Ich habe eher Angst vor dem Schwitzen.
Ja, ja, sagte ich, ich glaube, ich weiß, was Sie meinen. Ich will nicht zu philosophisch werden, aber ich sehe das genauso: Es zählt, was von innen an die Oberfläche dringt.
Philosophisch, sagen Sie, ich habe eher den Eindruck, dass Ihre Bemerkung eine religiöse ist.
Sehr interessant, sagte ich.
Also, von Jesus.
Von Jesus?, sagte ich erstaunt.
Matthäus 15: Nicht das, was zum Mund hineinkommt, verunreinigt den Menschen, sondern was aus dem Mund herauskommt, das verunreinigt den Menschen, zitierte der beredte Mann im Rücksitz.
Ach, sagte ich, das ist ja revolutionär. Die ganze, unter großem Aufwand bereitete himmlische Speise wird in den Ausguss gekippt. Dieser Christus war wirklich ein anarchistischer, magersüchtiger Kommunist.
Sind Sie gläubig, guter Mann? Glauben Sie an den Herrn Jesus, den König und Retter?
Wenn ich ehrlich sein soll – mir liegt nicht viel an Königen und Herrscherhäusern … aber die Frage ist doch, glaubt Jesus an sich selbst?
Jesus glaubt an den Vater und den Heiligen Geist.
Und der Vater glaubt an seinen eigenen Vater und so weiter, murmelte ich und stellte mir dabei eine endlose Reihe von Gottvätern vor, von Ahnen und einer Legion von Propheten und Heiligen Geistern, die durch das Geäst des Ahnenbaums klettern und sich nach jeder ihrer akrobatischen Einlagen, die immer mit einer Handvoll Erdnüssen oder einer Bananenschale enden, selbst applaudieren.
Sind Sie verheiratet, Bruder?, fragte der Mann.
Nein.
Freundin?
Noch nie, sagte ich.
Sie sind aber nicht andersrum, oder?
Sie meinen schwul? Nein, noch nicht, aber eine Hellseherin meinte, dass ich in nächster Zeit mit einer großen Wende in meinem Leben zu rechnen habe.
Ich hoffe, es war religiös gemeint, was die Hellseherin gesagt hat. Haben Sie einmal daran gedacht, eine Familie zu gründen?
Nein.
Denken Sie manchmal daran, dass Sie alt werden?
Ja, sagte ich. Das
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