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Spinnen füttern

Spinnen füttern

Titel: Spinnen füttern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rawi Hage
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Tische wackeln und Gläser Nachrichten schreiben. Hör zu, mein Sohn, wir dürfen nur die Wunder verkaufen, die wir selbst sehen können, wir dürfen nur das zeigen, was wir selbst bezeugen, was wir selbst auf die Bühne bringen. Jetzt zieh die Vorhänge zu, und geh in dein Zimmer, gleich gibt’s hier ein Donnerwetter.
    Als Pips dann nach Hause kam, packte die Bärtige Dame ihn am Schädel und schlug ihn windelweich. Du Schwein, rief sie, jagte ihn aus der Wohnung und schmiss ihm seine Sachen hinterher. Sie weinte die ganze Nacht lang und kroch zu mir ins Bett. Ich wischte ihre Tränen fort und küsste ihren Bart.
    Hunger
    Der Dealer kam aus dem Stripteaseclub, ließ sich in den Wagen fallen und sagte: Das soll für heute genügen. Fahr mich zur nächsten Brücke, zu der blauen. Fahr einfach los, ich zeige dir, wo du mich rauslassen kannst.
    Dann wurde er plötzlich sehr freundlich und gesprächig, ich fragte mich, was er getrunken und wer für ihn getanzt hatte. Sag mal, Fly, wo kommst du eigentlich her, fragte er. Seine coole, dunkle Sonnenbrille nahm er dabei nicht ab.
    Von überallher, antwortete ich.
    Ja, ja, ich weiß, du kommst aus China und Timbuktu. Aber sag mal ehrlich, du bist nicht von hier, oder?
    Ich bin unter Tieren aufgewachsen, sagte ich.
    Du kommst also vom Bauernhof. Auf dem Land machen wir auch Geschäfte, weißt du. Mein Großvater, der war Bauer, und zwar einer von der frommen, gottesfürchtigen Sorte. Die gibt es heute gar nicht mehr. Heute hat jeder seine Satellitenschüssel auf dem Dach, und in den Scheunen feiern sie Orgien. Das ist der Lauf der Zeit, mein Junge, der Lauf der Zeit, alles vergeht. Wenn irgendwann alles im Arsch ist, bleiben mir immerhin noch der Hof und die Tiere … sag mal, fährst du auch längere Touren, raus aus der Stadt?
    Ich fahre, wohin der Wind mich trägt, sagte ich.
    Auf dich kann ich mich verlassen, Fly, du bist super. Bist du eigentlich schwul?
    Nein, sagte ich.
    Tut mir leid, sagte er, ich frage nur, weil du letztens gesagt hast, dass du keine Freundin hast. Ich wusste halt nicht, wie das gemeint war, also, keine Freundin, aber einen Freund, oder du stehst auf Askese oder Enthaltung oder Masturbation. Man weiß ja nie heutzutage.
    Nein, keine Freundin.
    Aber du kriegst schon mal was ab, oder? Hoffentlich stehst du nicht auf Tiere. Vielleicht Fetisch? Ketten und der ganze Scheiß? Magst du Edelhuren? Stehst du auf weiße Muschis oder chinesische oder schwarze? Ich könnte dir da nämlich weiterhelfen, weißt du. Musst nur etwas sagen.
    Sehr nett, sagte ich. Aber Sie wissen ja, wie das ist. Man sollte Spaß und Geschäft sauber auseinanderhalten.
    Auch das Geschäftliche kann Spaß machen, sagte der Dealer. Meine Freundin zum Beispiel macht mir die Buchhaltung, sie organisiert alles, sie sagt mir, was ich anziehen soll, und natürlich ist sie meine Hure, wenn du weißt, was ich meine. Plötzlich sagte er: Wir haben uns übrigens nie richtig bekannt gemacht. Du bist Fly, das hast du mir ja gesagt. Ich bin Zee. Nenn mich Zee, und sag endlich Du zu mir. Nett, dass du mich nach meinem Namen gefragt hast, Fly, jetzt, wo wir befreundet sind. Du bist wirklich ein höflicher Mensch, Fly, sehr höflich, Fly.
    Ich grinste und sah in den Spiegel. Er lachte.
    Wirfst du manchmal was ein, Fly?
    Nicht bei der Arbeit, sagte ich.
    Ich gebe dir was, das kannst du später nehmen. Du weißt schon, etwas Schönes für deine lange Nase. Jetzt links, gleich sind wir da …
    Bevor Zee ausstieg, drückte er mir eine kleine Kapsel Koks in die Hand. Ich fuhr sofort nach Hause, nicht auszuschließen, dass die Inspekteurin sentimentale Anwandlungen bekam. Ich klopfte bei der Rumänin. Sie machte auf und sagte: Ja, bitte?
    Ich hab da was, das den Herrn Doktor vielleicht interessieren könnte, sagte ich.
    Was denn?
    Ein pharmazeutisches Produkt.
    Sie wollen einem Arzt ein Medikament verkaufen?
    Na ja, sagte ich, mir ist aufgefallen, dass er sich immer so leicht mit dem Handrücken schnupft, und genau für dieses Leiden habe ich etwas.
    Welches Leiden, fragte sie.
    Sie wissen schon, die Schnupfnase, das chronische Glupschaugen-Schnief-Syndrom. Ist mir aufgefallen, als er mich über die Vorteile einer ausgeglichenen Ernährung belehrt hat.
    Okay, Sie Witzbold, was haben Sie denn dabei?
    Hübschen weißen Schnee.
    Wie viel?
    Eine Tasse Kaffee, sagte ich, lassen Sie mich rein.
    Sie machte mir die Tür auf.
    Ich gab ihr die Kapsel.
    Sie nahm sie und ging zum Tisch in der Mitte des Zimmers. Wir

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