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Spion der Liebe

Spion der Liebe

Titel: Spion der Liebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susan Johnson
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ihrem Rocksaum hängen und riß einen Musselinvolant herunter. Da sie sich umziehen mußte, verspäteten sich die Mädchen um zehn Minuten.
    Der Butler meldete die Ankunft der jungen Damen, weil Mrs. Totham vor ihren Freundinnen gern mit einem vornehmen Lebensstil prahlte. Ehe Serena den Salon betrat, hörte sie die eisige Stimme ihrer Herrin. »Wo ist dein neues Kleid, Caroline?«
    »O Mama, Blythe ist so ungeschickt! Auf der Treppe stieß sie mich an. Ich stolperte, und mein Absatz riß den Volant herunter.«
    »Heutzutage ist es einfach unmöglich, gutes Personal zu finden«, wandte sich Mrs. Totham seufzend an die beiden Damen, die ihr am Teetisch gegenübersaßen.
    »Und die Leute kennen keine Manieren«, klagte eine hochgewachsene Matrone mit hagerem Gesicht. »Letzte Woche mußte ich eine Gouvernante entlassen, weil sie unseren Ansprüchen nicht genügte.«
    Serena erkannte die Frau des Rektors, die Tochter eines reichen Kaufmanns, der ihre beträchtliche Mitgift dem jüngeren Sohn eines Barons zur Renovierung seiner Pfarrstelle überlassen hatte. Offensichtlich stellte die Dame keine allzuhohen ›Ansprüche‹ an ihre eigene Person, denn sie kümmerte sich nicht um die Wohlfahrt, und meistens benahm sie sich sehr unhöflich.
    »Ziehen Sie ihr doch den Preis für das Kleid vom Lohn ab«, schlug die Gattin des Anwalts vor, der sich um die Angelegenheiten der Tothams kümmerte. Daß Serena direkt hinter den Mädchen stand, schien sie nicht im mindesten zu stören.
    »Angesichts der Preise, die Madame La Clerque verlangt, müßte Blythe zwei Jahre lang umsonst arbeiten«, betonte Mrs. Totham selbstgefällig.
    »Nun, das würde ihr nur recht geschehen«, meinte die Frau des Rektors. »Ist sie nicht die Tochter dieses gottlosen Viscounts. Ein notorischer Spieler, eine wahre Schande für unsere christliche Gemeinde …«
    »Sie kannten meinen Vater nicht, Ma’am«, mischte sich Serena ein, nur von ihrer Müdigkeit zu dieser unbedachten Äußerung verleitet.
    »Entschuldigen Sie sich sofort bei Mrs. Stanton!« fauchte Mrs. Totham erbost.
    »Aber es war ungehörig von ihr, meinen Vater zu verunglimpfen, ohne ihn zu kennen oder über seine Situation Bescheid zu wissen«, verteidigte sich Serena.
    »Undankbare, freche Person! Nach allem, was wir für Sie getan haben.« Dunkle Zornesröte stieg in Maud Tothams runde Wangen. »Entschuldigen Sie sich auf der Stelle!«
    Obwohl Serena wußte, daß sie sich in Teufels Küche brachte, schwieg sie beharrlich. Nur die Stuhlbeine, die leise über den Plüschteppich scharrten, durchbrachen die Stille, als Mrs. Totham aufstand. »Wie können Sie es wagen, mir den Gehorsam zu verweigern?« Wütend, in einer Wolke aus raschelnden Seidenröcken, eilte sie zu Serena und verabreichte ihr eine schallende Ohrfeige.
    Serenas mißhandelte Wange brannte wie Feuer. Aber sie stand unbeweglich da. Die beiden Mädchen kicherten, und die Besucherinnen beobachteten genüßlich die stürmische Szene.
    Während Serena von der entrüsteten Hausherrin beschimpft und bedroht wurde, erkannte sie, erschrocken und erleichtert zugleich, daß es vorbei war. Wortlos ging sie zur Tür und ließ die vier Jahre ihres Elends hinter sich zurück.
    »Kehren Sie mir nicht den Rücken!« kreischte Mrs. Totham. »Kommen Sie sofort hierher, hören Sie?« Feindselig hallte ihre schrille Stimme von den Wänden wider. »Sonst werfe ich Sie hinaus! Oder ich bringe Sie ins Gefängnis!«
    Jeder ist irgendwann am Ende seiner Kräfte, dachte Serena. Das pflegte Papa zu sagen, wenn er wieder einmal am Spieltisch verloren hatte. Jetzt habe ich diesen Punkt erreicht. Und ich werde fliehen – so wie er damals aus dem Leben floh, als er völlig ruiniert war.
    Erstaunlich ruhig und gefaßt, stieg sie die Treppe hinauf und plante ihre Reise nach Italien. In Florenz würde sie sicher Arbeit finden und die Summe verdienen, die ihr nun für das Kunststudium fehlte. Auch dort wurden Gouvernanten gebraucht. Da ihre Mutter Italienerin gewesen war, beherrschte Serena die Landessprache. Jetzt werde ich packen, beschloß sie, von plötzlichem Tatendrang erfüllt. Die Schiffahrtspläne, die sie monatelang studiert hatte, kannte sie auswendig. Wenn sie sich beeilte, würde sie die Postkutsche nach Dover erreichen, die nachmittags von der Station King’s Arms Inn an der Knightsbridge Road abfuhr.
    Hastig versperrte sie ihre Tür und warf ihre wenigen Habseligkeiten in zwei Taschen. Sie durfte keine Zeit verlieren. Wenn Mrs. Totham wegen

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