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Spionin in eignener Sache

Spionin in eignener Sache

Titel: Spionin in eignener Sache Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Amanda Cross
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Nellie zu sprechen und mir bewußt zu werden, daß ich in einen Sumpf von Selbstmitleid versunken war.«
    »Mit all dem hatte ich überhaupt nichts zu tun«, versicherte ihm Kate, als er kurz Luft holte. »Nur weil ich mit mir selbst nicht im reinen war und irgend etwas tun mußte, bin ich wie eine Idiotin los-gerast, um einen Mord nachzuweisen, obwohl alle Fakten dagegen sprachen. Wenn ich Ihnen damit zufällig geholfen habe, so haben Sie mir noch viel mehr geholfen. Obendrein«, fügte sie hinzu, entschlossen, die Dankesreden zum Abschluß zu bringen, »wurde ich noch mit einem Buch mitsamt Widmung des Autors beschenkt. Ich warte voller Spannung auf den nächsten Band, in den Sie mir, das hoffe ich doch, wieder was hineinschreiben werden.«
    »Schon versprochen«, sagte Rosie.
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    Nichts war zu hören als der selbstsichere Fluß von Smileys Stimme und gelegentlich lebhaftes Gelächter, wenn er unvermutet eine selbstironi-sche Bemerkung machte oder einen Fehler eingestand. Man ist nur einmal alt, dachte ich, und teilte ihre Begeisterung, als ich mit ihnen lauschte.
    John le Carré, ›Der heimliche Gefährte‹

    Einige Tage später zitierte Kate Harriet in ihre Wohnung. Harriet, inzwischen ganz die wohlerzogene Besucherin, gestattete dem Pförtner, hochzutelefonieren und sie anzumelden.
    »Ich habe mich schon gefragt, wann Sie endlich damit herausrü-
    cken.« Den angebotenen Drink lehnte sie entschieden ab: ihre Stunde für Alkoholisches sei noch längst nicht gekommen. »In solchen Dingen muß man sich an Regeln halten«, erklärte sie.
    »Irgendwie hatte ich den Eindruck, Sie halten nichts von Regeln.« Kate bot ihr statt dessen Kaffee an.
    Auch den lehnte Harriet ab. »Ja, viele Regeln unserer Gesellschaft ignoriere ich, denn was diese Gesellschaft anbelangt, so bin ich für sie gestorben und im Himmel. Aber ich habe mein eigenes Moral- und Regelsystem, und das ist mindestens genauso gut, wenn nicht besser.«
    Hier hielt sie inne und sah Kate mit einem erwartungsvollen, ge-spannten Blick an.
    »Gute Nachrichten von Betty Osborne.« Kate erzählte ihr, was Reed berichtet hatte.
    »Das freut mich wirklich. Wissen Sie, ich habe eine Zeitlang mit geschlagenen Frauen gearbeitet. Es war fürchterlich entmutigend.
    Schließlich gab ich es auf.«
    »Warum?«
    »Sie gehen alle zurück. Sie wissen nicht, wo sie sonst hinsollen.
    Wahrscheinlich wurden sie schon als Kinder verprügelt oder sahen, wie ihre Mütter geschlagen wurden. Keins der Programme, in denen ich arbeitete, und ich wette, auch sonst keins, hatte genug Geld, sie länger als dreißig Tage dazubehalten. Danach kehrten die Frauen zurück, und es ging weiter wie gehabt. Sie geben die verschiedensten 142

    Gründe an – er würde sich bessern, die Kinder brauchten ihren Vater, es sei schließlich ihr Zuhause und eine Reihe noch albernerer Vorwände. Aber das eigentliche Problem war, daß sie nicht genü-
    gend Unterstützung bekamen, sich unabhängig zu machen, weder durch Ausbildungs- noch Beratungsprogramme. Unsere herrliche Gesellschaft meint, sie hat nicht das Geld dafür. Schon nach kurzer Zeit war ich wie ausgebrannt, dabei arbeitete ich ja nur als Freiwilli-ge bei diesen Programmen mit.«
    »Wollen Sie damit sagen, Betty Osborne habe keine Chance?«
    »Keineswegs, meine Liebe. Mrs. Osborne erschoß das Schwein.
    Zu ihm kann sie nicht mehr zurück. In gewisser Weise nahm sie also ihr Leben selbst in die Hand. Aber als sie dann im Gefängnis war, glaubte ich, sie würde dort zugrunde gehen, sich selbst bestrafen, doch wie Sie sehen, haben Sie und Reed eine Menge bewirkt. Sie hat eine Chance – sie ist eine der wenigen.«
    Eine Weile saß sie schweigend da.
    »Erzählen Sie mir doch noch mal, warum Sie nach New York gekommen sind«, durchbrach Kate die Stille schließlich.
    »Das habe ich Ihnen schon erzählt, liebe Kate. Haben Sie etwa Gedächtnislücken – Sie, so jung und quirlig, wie Sie sind?«
    »Ich weiß. Der Trompetenbaum! Aber als Sie dann in New York waren, was hat Sie zu dem Entschluß gebracht, sich von der Schuyler anstellen zu lassen?«
    »Sie bot mir ein gutes Gehalt.«
    »Bei Ihrem Organisationstalent hätte jede Anwaltsfirma Sie mit Freuden genommen und Ihnen viel mehr gezahlt. Die Schuyler bietet wohl kaum das verlockendste Ambiente in der Stadt.«
    »Zum einen hoffte ich, sie würden sich meine Referenzen nicht allzu genau angucken. Aber mein wirklicher Grund war ein anderer: Ich war der Meinung, geballte Mittelmäßigkeit

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