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Spitfire: Kühler Tod

Spitfire: Kühler Tod

Titel: Spitfire: Kühler Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Annette Sandoval
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für deine Doku ist vorbei und du musst mindestens noch ein halbes Jahr totschlagen, bis du etwas hörst.
    Stell dir doch nur mal unsere zukünftigen Shoppingtouren vor!
    Sam
    PS: Deine Mudder ist so arm, wenn sie um den Teich geht, schmeißen die Enten Brotkrumen!

KAPITEL 2
    Zeit für meine Nachmittagspause. Mit dem festen Vorsatz, mich in Zukunft gesünder zu ernähren, habe ich mir heute eine Birne zur Arbeit mitgebracht. Aber als ich sie jetzt aus meiner Tragetasche ziehe, ist sie voller Druckstellen und hat braun angelaufene Schrammen auf einer Seite. Sieht aus, als wäre sie gefoltert worden, damit sie Informationen rausrückt, die sie leider nicht hat.
    Gerade als ich die Birne in den Papierkorb werfe, kommt Doris, die Büroleiterin, rein, um mich während der Pause zu vertreten. »In einer Viertelstunde bist du wieder da«, schnauzt sie.
    »Ich gehe zu
Chew’s
rüber. Möchtest du auch irgendwas?«, frage ich freundlich, während ich mit der Maus herumklicke und alle noch offenen Fenster schließe. Doris schnüffelt gern ein bisschen herum.
    »Ja, ich möchte, dass du deine Nachmittagspausen ab heute ausfallen lässt, damit ich meine Arbeit auch mal gemacht kriege«, antwortet sie und lässt demonstrativ einen Stapel Aktenordner auf meinen Schreibtisch fallen. Wie immer – dreimal täglich, fünf Tage die Woche – sehe ich ihr dabei zu, wie sie nach dem Hebel unter meinem Stuhl tastet, um die Höhe richtig einzustellen. Dann sortiert sie meinen Schreibtisch um. Irgendwie erinnert sie mich an einen Busfahrer bei Schichtantritt.
    Eigentlich ist Doris kein richtiges Biest, sie ist nur einfach eine Midiotin – eine Idiotin, mit der ich Mitleid zu haben versuche. Keine fünf Minuten, nachdem ich sie kennengelernt hatte, erklärte sie mir, dass sie einmal aus einem Fenster im dritten Stock gefallensei. Eine dichte Buchsbaumhecke hat ihren Sturz abgefangen, aber so ganz unbeschadet ist sie trotzdem nicht davongekommen. Zwei Jahre lang lag sie im Wachkoma, wie sie sagt. Das heißt, ihre Augen waren zwar offen und sie hat den ganzen Tag vor sich hingeplappert, aber sie hatte null Hirnaktivität.
    Ich hab versucht, das online zu recherchieren, aber alles, was ich dazu finden konnte, war Folgendes:
    Koma
    Substantiv, Feminin – ein Asymmetriefehler/Knick in der Optik
    Substantiv, Neutrum – tiefe [durch keine äußeren Reize zu unterbrechende] Bewusstlosigkeit
    Ich fische meinen Geldbeutel, der jetzt voller Birnenmatsch ist, aus der Tragetasche, dann kritzele ich die genaue Uhrzeit auf ein Post-it. Doris vergisst gerne, wann meine Pause angefangen hat, und irgendwie ist das immer zu meinem Nachteil. Nachdem sie mich mehrmals angeschrien hat, dass ich zu spät dran sei – was nie stimmte –, habe ich dieses System entwickelt.
    Ich steuere geradewegs den Minimarkt auf der anderen Straßenseite an und suche mir meine üblichen Snacks aus. Ich bin die siebte in der Schlange vor der Kasse, über der eine Elvis-Uhr aus Plastik hängt. Wenn Elvis seine Beine noch sieben Mal geschwungen hat, stehe ich schon seit genau sieben Minuten an genau derselben Stelle. Die glückliche Sieben.
    Ich schaue auf das Snickers und die Pepsi light in meiner Hand und sehe mich dann im Laden um. Nicht eine einzige Person hier hat einen Snack mit echtem Nährwert gekauft. Die Vier-Uhr-Müdigkeit muss ein Rückfall in unsere Kakerlakenvergangenheit sein.
    Der Ladenbesitzer hat so seine Schwierigkeiten damit, die Kassenrolle zu wechseln. Er ist so vertieft in seine Aufgabe, dass ihm die Menschenschlange, die sich durch sein Geschäft windet, offenbar gar nicht auffällt.
    In einem Anflug von Langeweile tue ich das Naheliegende: Ichesse den Schokoriegel. Als ich mir gerade die Finger ablecke, entdecke ich auf meiner Pepsiflasche den Hinweis, dass die Gratis-iTunes-Aktion immer noch läuft. Früher habe ich gezielt nach Gewinnflaschen gesucht und mir eine Pepsi nach der anderen in einem Fünfundzwanzig-Grad-Winkel vor die Augen gehalten, um die Schrift auf der Innenseite des Deckels zu entschlüsseln. Man konnte zwar nicht jeden einzelnen Buchstaben lesen, aber man konnte erkennen, ob da »Versuch’s noch mal« stand oder nicht. Ich habe den kompletten Pepsibestand durchgesehen, bis der Ladenbesitzer mich so misstrauisch beobachtete, als wäre ich eine Terroraktivistin aus dem Mittleren Osten, die einen Seuchenanschlag auf seine Kühltheke plant. Eigentlich bin ich zwar Mexikanerin, aber das macht für ihn wahrscheinlich keinen

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