Splitterfasernackt
ich nicht als lebendiges Fließband, das steife Schwänze produziert, ende.
Aber die Männer sind alle sehr freundlich, und viele bringen mir zur Begrüßung Blumen oder Pralinen mit. Das liegt wahrscheinlich auch daran, dass ich am Telefon darauf achte, nur sympathischen Anrufern meine Wohngegend mitzuteilen, und dass ich mit der genauen Adresse erst bei einer zweiten Terminbestätigung herausrücke.
Lieber vorsichtig. Als totgefickt.
Nach zwei Tagen sind die Aufregung und die Unsicherheit völlig verschwunden. An die Handys zu gehen wird zur Routine: Fragen beantworten, Flirten, Termine vereinbaren, Termine bestätigen lassen. Auflegen, wenn ein perverser Spinner oder Telefonsextrottel am anderen Ende ist, und wegdrücken, wenn die Nummer nicht angezeigt wird.
Ein Sexualleben voller Beständigkeit und Richtlinien; zwei Handys überflutet von männlichen Nummern und ein Koffer gefüllt mit Kondomen – so arbeiten deutsche Frauen in der Schweiz.
Das private Arbeiten fängt an, mir Spaß zu machen, und außerdem habe ich unheimlich viel Zeit für mich, seit ich nur noch wenige Gäste annehme. Ich kann rausgehen, alleine oder gemeinsam mit Isabella durch die Stadt bummeln, am Wasser sitzen, lesen, schreiben, im Internet surfen, kochen, hungern, Fahrrad fahren, ins Kino gehen – alles, worauf ich gerade Lust habe, und nebenbei verabrede ich noch ein paar Dates. In den Sexforen werde ich als
bezauberndes und außergewöhnliches Mädchen
bezeichnet, meine Französisch-Künste werden als
überdurchschnittlich geil
und
mehr als nur grandios
beschrieben, und mein Körper wird als
perfekter Body
und
unbeschreiblich sexy
betitelt.
Ana schnaubt verächtlich, denn in ihren Augen ist ein so glibbriges und fettes Vieh von 41 Kilo ganz bestimmt nicht perfekt und auch nicht annähernd sexy.
Aber Kritik. Ist ein Verriss.
Und reißen kann nur, was noch intakt ist.
Vom Alter her sind meine Gäste in der Schweiz eher jünger als die in Berlin; die meisten sind zwischen zwanzig und fünfunddreißig Jahre alt. Und abgesehen davon, dass es immer mal wieder Idioten gibt, die Termine ausmachen und dann einfach nicht kommen, kann ich mich nicht beklagen. Die Männer, die mich besuchen, sind größtenteils Gentlemen. Sie fragen, ob sie irgendwelche Einkäufe für mich erledigen können, oder sie fahren mich mit dem Auto zum Supermarkt und wieder zurück, damit ich den weiten Weg nicht laufen muss und keine schweren Tüten durch die Gegend zu schleppen brauche. Ab und zu gehe ich nach einem Termin auch noch mit einem Gast spazieren oder essen. Viele kommen gar nicht wegen dem Sex, sondern eher für ein bisschen Zärtlichkeit oder Aufmerksamkeit, und so fange ich an, Namen über Namen in meinen Schweizer Handys einzuspeichern.
Stammgäste.
Das bedeutet für mich, dass ich wertvoll genug bin, um wiedergesehen zu werden. Männer wollen immer Abwechslung, wenn es um Sex geht, um hübsche Frauen, um Muschis, um feuchte Löcher. Aber wenn sie wiederkommen, dann hat man sie berührt – und gibt es ein größeres Kompliment an ein menschliches Wesen als dieses?
In der zweiten Woche kommen fast alle meine Gäste aus der ersten Woche noch einmal für ein Abschiedstreffen vorbei, oder sie rufen zumindest an, um mir einen guten Rückflug zu wünschen. Ich bin hin und weg. Warum zum Teufel hat mir nie jemand gesagt, dass Schweizer Männer so verdammt lieb sind? Und dann sehen einige von meinen Kunden auch noch so gut aus, dass ich ganz nervös werde, weil ich nicht im Geringsten glauben kann, dass ich wirklich hübsch genug bin, um irgendeinen männlichen Anspruch zu erfüllen.
Ana nutzt solche Zustände natürlich sofort aus und zischt mir ins Ohr: »Wenn du unter vierzig Kilo wiegen würdest, dann wärst du viel selbstbewusster … dann hättest du keine Probleme mehr.«
»Hör auf, mir diesen Schwachsinn zu erzählen!«, erwidere ich genervt.
»Es ist die Wahrheit!«, sagt Ana.
»Was weißt du denn schon von Wahrheiten?«, frage ich.
»Mehr als du!«, antwortet sie.
Und damit hat sie vielleicht sogar recht.
Ich rufe im Passion an und kündige. Eriko reagiert etwas unwirsch, weil er eigentlich gedacht hatte, dass ich nach zwei Wochen Pause wieder dabei bin, aber Marla sagt, ich solle einfach ab und zu auf einen Kaffee vorbeischauen. Ich verspreche es ihr und lasse Grüße an alle Mädchen ausrichten. Row sichert mir währenddessen zu, dass ich eine der Wohnungen in Mellingen für mich haben kann und so oft hin- und
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