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Splitterfasernackt

Splitterfasernackt

Titel: Splitterfasernackt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lilly Lindner
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darauf freue ich mich auch«, sagt Lady. »Das wird bestimmt ein Bühnenstück der Extraklasse. Übrigens: Wie läuft es mit dir und deinen Eltern?«
    Das fragt Lady mich jedes Mal, wenn sie lieber über mich als über sich selbst reden möchte oder mir eine reinwürgen will.
    »Ähm«, sage ich.
    Denn das ist alles, was zu sagen bleibt.
     
    Chase bucht sich währenddessen mindestens dreimal in der Woche eine Frau. Gerade in der Vorweihnachtszeit ist er außerordentlich scharf darauf, unanständige Weihnachtsengel auf seiner Türschwelle zu empfangen – gerne auch gleich zwei auf einmal. Oder drei. Wenn ich bei ihm bin, fragt er mich manchmal um Rat, ob er nun Lucy (groß, schlank, lange blond gefärbte Haare, 80 D, dauerfeucht und schluckgeil …) oder Patricia (kurze braune Haare, sexy Kurven, knackiger Po, exquisite französische Verwöhnkunst …) zu sich bestellen solle. Und hin und wieder sitze ich auf dem Sofa, während Chase dann gerade eine Mandy, Kia, Nadja, Cassy oder Diana durchvögelt, und gucke zu, wie die Mädchen irgendwann anfangen, ihre Augen zu verdrehen, weil sie müde sind und keinen Bock mehr haben.
    So ist das nun mal. Da kann ein Mann noch so gutaussehend und berühmt sein, für eine Hure bleibt es ein Job, und nach drei Stunden mit viermal Sex will jede endlich Feierabend machen. Chase ist einer von diesen anspruchsvollen Freiern, einer, der für vier Stunden bucht und dann auch wirklich vier Stunden lang immer wieder Sex haben will. Und obwohl er selbst Schauspieler ist, glaubt er doch tatsächlich den künstlichen Darbietungen meiner Kolleginnen und denkt, sie fänden es alle umwerfend, dass er fünfmal hintereinander kommen und stundenlang vögeln kann, ohne ins Schwitzen zu geraten.
    Ich verrate ihm nichts von der Wahrheit. Und ich sage ihm auch nicht, was Nicci, Zara, June und Valerie mir von sich erzählen, sobald er die Wohnung verlassen hat, um sich eine Schachtel Zigaretten zu kaufen oder um zum Bankautomaten zu gehen. Ich behalte für mich, wie alt sie wirklich sind, was sie sonst noch so machen, wozu sie das Geld brauchen und wie fertig sie sind, weil sie schon acht Kunden hatten und nun nichts weiter als so schnell wie möglich nach Hause wollen.
     
    An diesem Abend, kurz vor Weihnachten, hat Chase eine einundzwanzigjährige Polin dreimal hintereinander durchgenommen. Sie ist süß, mit schiefen Zähnen, einer kindlichen Stimme, dunkelbraunen Puppenhaaren und einem unsicheren Lächeln.
    Als er fertig ist, streiche ich über ihren Arm, ihre Haut ist weich und warm. Vorsichtig berühre ich ihre Hand, und für einen winzigen Moment drückt sie meine Finger ganz fest in ihre. Wir sehen uns in die Augen, und da weiß ich genau, wie sie sich gerade fühlt. Ich kenne diesen Schmerz.
    In- und auswendig
    Dann lächele ich ihr zu.
    Und sie lächelt zurück.
    Wir werden uns nie wiedersehen, aber vergessen werde ich sie nicht.
    Chase merkt nichts von alldem. Er ist ein Mann. Sein Denken wird immer jenseits von meinem sein. Aber nicht, dass hier jemand etwas falsch versteht: Natürlich ist Sex mit Chase schön. Privat wahrscheinlich sogar atemberaubend, und wenn man nicht so einen Knick im Hirn hat wie ich, dann ist es mit Sicherheit mehr als nur atemberaubend. Aber wie könnte ich die richtigen Worte für Sex finden, der nicht widerlich ist. Wie könnte ich das?
    Also belassen wir es dabei. Chase ist ein wundervoller Liebhaber, ganz bestimmt, auch wenn ich das nie spüren werde. Aber von tausend Prostituierten macht vielleicht eine einzige den Job, weil sie total verrückt nach Sex ist und sich nichts Besseres vorstellen kann, als stundenlang zu vögeln. Vierhundert von diesen tausend Frauen haben einen »Freund«, bei dem sie das gesamte Geld abzugeben haben und der dafür sorgt, dass sie immer schön weiterarbeiten. Ohne Rücksicht auf Verluste. Es gibt schließlich genug Ersatzfrauen auf dieser Welt. Dreihundert der tausend Frauen machen es nur aus Geldnot und zweihundert weitere, weil sie Drogenprobleme haben. Die letzten drei genannten Zahlen gehen dabei fließend ineinander über, und die restlichen neunundneunzig Mädchen prostituieren sich, weil in ihren Köpfen irgendetwas Ähnliches wie in meinem vorgehen muss.
    Damit möchte ich nicht andeuten, dass Dienstleistungssex gleichzusetzen ist mit dem leidenschaftlichen Zerfetzen von Frauenseelen. Oder mit dem perversen Getrampel auf Mädchenseelen und dem abartigen Handel von Kinderseelen. Es gibt auch schöne Augenblicke,

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