Splitterfasernackt
zu ermessen vermag. Also verpasse niemals den Zeitpunkt, an dem du aufhören solltest. Lege deine Maske ab, suche dir einen letzten Freier, sag ihm, dass er der Abschied ist, dass er etwas Besonderes ist und dass du nie wieder so verloren lächeln wirst wie in diesem Moment. Gib ihm alles. Lass ihn stehen. Und dann zieh dich an. Und geh nach Hause.
An meinem ersten Arbeitstag stehe ich verzweifelt vor meinem Kleiderschrank und weiß nicht, wie sich eine Prostituierte kleidet. Meine Haut ist eingecremt und fühlt sich an wie eine reife Aprikose mit exotischen Knochen. Außerdem habe ich das Parfum aufgelegt, das meine Mutter mir vor einer Ewigkeit geschenkt hat. Ich habe es nie zuvor benutzt, weil ich fand, es würde zu sehr nach verlorenen Träumen riechen.
Aber scheiß auf die Träume.
Das ist das Leben.
Ich weiß nicht, ob ich Strapse anziehen soll oder einfach nur meinen hübschesten BH mit dem passenden String? Oder das weiße Korsett? Aber was soll ich darüberziehen? Und muss ich mich schminken? Soll ich mich älter machen und reifer oder auf mädchenhafte Unschuld und strahlende Jugend setzen? Kann ich das Strapsband tragen, das mir mein Ex-Freund gekauft hat, oder ist das unmoralisch und taktlos?
Ich bin mit meinen Nerven am Ende. Ich finde, es ist verdammt schwierig, eine gute Nutte zu sein, dabei habe ich noch nicht einmal angefangen. Schließlich entscheide ich mich für das Korsett, einen String und weiße halterlose Strümpfe; darüber ziehe ich mir anständige und schlichte Kleidung. Dann stopfe ich noch schnell den Bademantel, den ich meiner Mutter bei meinem letzten Besuch aus dem Schrank geklaut habe, und ein Handtuch in meine Tasche und laufe, bevor mich der Mut verlässt, die dreizehn Schritte bis zum Nachbarhaus.
»Du hast mit sechs Jahren unter einem widerlichen, stinkenden Kerl gelegen und dafür nichts als einen Schokoriegel, ein zerfetztes Jungfernhäutchen und grauenvolle Bauchkrämpfe bekommen. Du hast es damals geschafft, also schaffst du es auch heute«, sage ich zu mir und drücke auf den Klingelknopf, auf dem mit zierlicher schwarzer Schrift »Passion« geschrieben steht.
Ein Mädchen mit unbeschreiblich großen Brüsten öffnet die Tür.
»Challo«, sagt sie mit einem süßen bulgarischen Akzent und lächelt mich an.
Ich versuche angestrengt, in ihr hübsches Gesicht zu blicken, aber in Anbetracht der riesigen Brüste ist das gar nicht so einfach.
»Ich bin Lilly«, sage ich etwas unsicher.
»Ja, ich wissen«, antwortet sie und lässt mich eintreten. »Ich bin Marla. Ich zeigen dir hier alles«, fährt sie fort und läuft voran durch den gemütlichen Empfangsraum.
Marla hat einen unglaublichen Hintern, er ist noch faszinierender als die gewaltigen Brüste, und sie bewegt ihren Körper so selbstsicher auf den schwarzglänzenden High Heels, dass ich mir neben ihr auf einmal schrecklich klein und unerfahren vorkomme.
»Hier hinten du finden zwei Badezimmer. Eine für das Kunden, und diese Bad ganz vorne ist für uns Mädchens. Die zwei Toiletten sind gleich dort drüben, auch eins für Kunde, eins für Mädchens.«
Marla öffnet die Badezimmertüren, damit ich einen Blick hineinwerfen kann, und aus dem Mädchenbad strömt mir ein zarter Duft von Himbeershampoo entgegen.
»Wir sogar haben eine SM -Studio«, erklärt Marla, während sie mich weiter zu einem Raum führt, an dessen Tür
Trainingsraum
steht. »Du mögen so was?«
»Ähm«, sage ich, »eher nicht.«
»Ich auch nicht mögen«, sagt Marla und lacht.
Es dauert einen Moment, bis sie das dämmrige Licht im SM -Raum ein bisschen heller gedreht hat. Ich erkenne zuerst den Käfig, dann irgendwelche merkwürdigen Seile, ein Fesselgerüst, zwei Folterstühle, ein Regal voll mit Peitschen und Klammern, rote Kerzen und ein paar Dildos.
»Du musst nicht machen, was du nicht mögst«, sagt Marla, die meinem Gesichtsausdruck zu entnehmen scheint, dass SM absolut nicht meine Welt ist. »Kannst du aber auch machen Domina, wenn du Spaß hast. Mann in den Käfig sperren und dann erst mal Kaffee trinken gehen und später ein bisschen hauen, und dann er spritzen und wieder geht. Manche Frauen das finden sehr lustig. Komm, ich zeigen dir die normales Räume.«
Und sie führt mich weiter, zu Zimmer eins, einem in Naturfarben gehaltenem Zimmer, mit Bambusmatten und weißen Lilien. Eine große Matratze befindet sich genau in der Mitte des Raumes, und überall liegen ordentlich plazierte marineblaue Kuschelkissen herum.
»Hier gerade
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