Splitterfasernackt

schließen sich im Badezimmer ein, während die Ehefrau nebenan das Abendessen kocht, und dann rufen sie mit vor Geilheit schwitzenden Fingern bei Bunnybabe*garantiert live und super feucht* an.
    Es ist also kein großes Kunststück, eine Liste aller Bordelle in Berlin zu finden. Ich ordne sie nach Preiskategorien und drucke mir anschließend die Seite mit den Luxusbordellen aus. Um wertvolle Zeit und Fahrtkosten zu sparen, durchforste ich das Blatt Papier in meiner Hand gründlich, bis ich ein Bordell ganz in der Nähe gefunden habe. Um genau zu sein: in meinem Nachbarhaus, dreizehn Schritte weiter links, zweiter Stock – das Passion.
    »Wenn du attraktiv und niveauvoll bist, wenn du mindestens eine Fremdsprache beherrschst, über achtzehn Jahre alt bist und dich nach ergreifender Leidenschaft sehnst – dann bewirb dich jetzt bei uns.«
    Ich bin so attraktiv, wie ein Alien nur sein kann.
    Ich bin voll von Niveau.
    Ich spreche Deutsch, Englisch, ein bisschen Koreanisch, vierundfünfzig Wörter Italienisch und eine wortlose Sprache.
    Ich bin einundzwanzig Jahre alt und voller Sehnsucht. Ich kenne das Leid, verursacht durch einen Schaft.
    Also rufe ich an.
    Ich verachte mich, aber ich tue es trotzdem. Ich werfe einen verlorenen Blick in den Spiegel, flehe mich an, mich nicht auf ewig dafür zu hassen, bete, dass ich auf dem besten Weg zur Körperwiederfindung bin, und bewerbe mich als Edelnutte.
    Meine letzte Chance, denkt mein dummes Gehirn so verzweifelt, als ginge es um die Vergabe des Friedensnobelpreises. Ich muss diesen Job kriegen! Hoffentlich bin ich anspruchsvoll und hübsch genug. Hoffentlich kann ich gut genug ficken.
    Auf die Idee, lieber gesund zu werden, mein Leben in den Griff zu bekommen und vielleicht eine neue Therapie anzufangen, komme ich nicht.
    Ich bewerbe mich also, bestehe das kurze Telefongespräch und habe den Job nach den ersten drei Sätzen (Ja, ich bin über achtzehn/Ja, ich bin unter vierzig/Ja, ich bin hübsch und liebenswert) schon so gut wie in der Tasche.
    Zu meinem Körper sage ich: »So, jetzt lebst du ein neues Leben, und ich auch. In einem Jahr treffen wir uns wieder. Und dann erzähl ich dir meine Geschichte, und du erzählst mir deine. Ich werde mich fernhalten von Männern, ich werde niemals auch nur einen einzigen in meine Nähe lassen. Und du, du nimm dir alles, was du kriegen kannst und mehr. Am Ende sind wir dann ein neuer Mensch. Oder verhungert. Mal sehen.«
    Mein Körper nickt. Er tut alles, was ich befehle.
    Anschließend suche ich im Internet nach einer Seite, die mich in das neue Berufsleben einführt und mir die wichtigsten Dinge erklärt, damit ich voll und ganz in meiner Arbeit aufgehen kann. Aber ich finde nichts. Nur eine Seite, auf der beschrieben steht, wie man gut bläst. Das weiß ich auch so.
    Da ich am Verzweifeln bin und so etwas wie Motivation brauche, schreibe ich mir kurzerhand selbst eine Anleitung zum Berufsbild »Professionelle Ganzkörpernutzung«:
    Gehe so selbstbewusst, so ehrgeizig und so voller Tatendrang zu deinem Vorstellungsgespräch, als würdest du dich als
UN
-Botschafterin oder Rechtsanwältin bewerben. Trage eine perfekt vor dem Spiegel eingeübte Maske auf deinem Gesicht. Sei niemals du selbst, sei immer die Person, die du verkaufen möchtest. Mache das Beste aus deinem Job, zieh dich aus; behalte deine Seele für dich, aber gebe jeden Teil deines Körpers preis. Lüge mit einem Lächeln auf den Lippen und knallharten Brustwarzen. Schließe deine Augen, wenn dir jemand zu hässlich ist, und sei dir bewusst, dass du alles das bist, was ein Mann begehrt. Sex ist die halbe Miete, ein liebevolles Schauspiel der Rest vom ganzen Haus. Schäme dich nie dafür, professionell zu sein. Sex aus Liebe ist mit Sicherheit wertvoll. Aber Sex für Geld ist mit Sicherheit sinnvoll. Lege deine benutzten Kleider ab und schlüpfe in Prinzessinnengewänder, sobald du mit der Arbeit fertig bist. Lasse niemals zu, dass der Schmutz eines Mannes an dir haften bleibt. Verliere dich nie in dem Traummädchen, das du vorgibst zu sein. Rechtfertigung hast du allein vor dir selbst zu entrichten. Du schuldest niemandem einen Kuss, einen Fick oder ein Jawort. Du kannst schlafen, mit wem und wie vielen du willst: ohne Erklärung, ohne Entschuldigung, ohne Liebe. Aber mit Kondom. Männer, die dich für Sex bezahlen, geben deinem Körper einen greifbaren Wert. Aber um deiner selbst willen musst du eines Tages begreifen, dass du weitaus mehr wert bist, als ein Mann je