Splitterfasernackt
mittlerweile sind schon fast sämtliche Seiten gefüllt – sogar Eriko hat ein paar Bilder ausgemalt, auch wenn er immer nur unverständlich brummt, wenn die Mädchen ihn damit aufziehen.
Die einzige andere Deutsche im Passion ist Brittany. Sie ist erst neunzehn Jahre alt, aber sie prostituiert sich schon seit ihrem sechzehnten Geburtstag in den unterschiedlichsten Studios und Clubs. Es gibt genug Betreiber, denen es vollkommen egal ist, ob ein Mädchen volljährig ist oder nicht. Hauptsache, es gibt zwei, oder besser noch drei, willige Löcher, in die man einen Schwanz reinstecken kann. So einfach ist das. Dafür braucht man kein Abitur. Gute Noten im Turnunterricht und viel Dehnungsvermögen sind hilfreicher.
Brittany ist diejenige, die ohne weiteres zehn Orgasmen hintereinander faken kann und ihre Augen kunstvoll bis zum Himmel verdreht, während sie lautstark brüllt: »Fick mich, du geiles Schwanztier!« Und wenn sie gerade in Stimmung ist, dann stürmt sie zu ihrem Kunden ins Zimmer, reißt sich noch im Türrahmen ihre Bluse so schwungvoll vom Körper, dass ihre riesigen Titten nur so hervorploppen, und dann schreit sie: »Fick mich! Verdammt, fick mich! Versenk deinen Monsterschwanz in meiner feuchten Pornomöse! Bums mir den Arsch durch, bis mein Kitzler vor Geilheit platzt! Fick mich, du spritzsüchtige Drecksau! Scheiße, fick mich, als ob ich Mitglied der RAF wäre!«
Brittany hat dunkelbraune Haare mit eingefärbtem Goldschimmer und langen Extensions. Ihre Figur ist jugendlich und reif zugleich, sie ist schlank, aber dennoch ziemlich üppig. Ihre Brüste sind silikonfrei, aber ungefähr zehnmal so groß wie meine, außerdem hat sie einen gewaltigen Hintern und immer hübsch gebräunte Schokomilchhaut.
Ich wiege fünfzehn Kilo weniger als Brittany, aber ich fühle mich trotzdem viel dicker. Normalgewicht ist schon längst ein Fremdwort für mich geworden, und mir wird jeden Tag schwarz vor Augen, weil ich zu abgemagert bin, um geradeaus zu laufen.
Manchmal wundere ich mich, warum so viele Männer mich trotzdem hübsch finden und warum sie meinen Körper mit vergötternden Blicken betrachten. Vielleicht habe ich zärtliche Knotenpunkte in meiner Anatomie verankert. Und diese Punkte werden bei einer Wechselwirkung von meiner psychischen Abgestumpftheit mit männlicher Haut aktiviert, so dass ich mich komplett in das Dasein einer Plastikpuppe einfühle, während als Nebenwirkung zärtliche Funken aus meinen Poren sprühen und jeden Mann in meiner direkten Umgebung einnebeln.
Aber wahrscheinlich sind meine Kunden einfach alle bekloppt oder abartig. Wenn es hochkommt, mögen sie mich wegen meiner Ausstrahlung, oder sie sind fasziniert von meinem Schauspiel und der sorgfältig ausgewählten Maske.
Solange ich nur nie wieder sechs Jahre alt sein muss, ist mir das ziemlich gleichgültig.
An manchen Tagen gehe ich schon am Mittag ins Passion, denn die Gäste, die tagsüber kommen, sind in der Regel netter als die am Abend. Viele von ihnen arbeiten in den umliegenden Büros und verbringen ab und zu ihre Mittagspause bei uns.
Aber heute ist es ruhig. Seit zwei Stunden hat es nicht mehr geklingelt, und ich liege neben Minny auf einem der Betten. Sie befindet sich, wie so oft nach einer langen Partynacht, im Tiefschlaf und murmelt zwischendurch irgendetwas Unverständliches vor sich hin. Marla wuselt währenddessen hin und her, bestellt Kondome, ruft Eriko an, weil wir neue Getränke brauchen, und verteilt Duschgel- und Shampooflaschen in den Badezimmern.
Ich starre meinen Laptop an. Und dann starre ich die Spiegelwand an – ich starre Minny an, ich starre aus dem Fenster, ich starre eine Flasche Wodka an, ich starre wieder meinen Laptop an, ich starre ein leeres Worddokument an, und schließlich fange ich an, Geschichten vom Sex zu schreiben.
Entblößte Sätze, in abgenutzten Räumen.
Enthülltes Worttreiben. Standfest.
Bis zum Höhepunkt.
Am frühen Abend kommen Brittany und Valesca, die so viel Lärm veranstalten, dass sie Minny aus ihrem Schlaf und mich aus meinen Wörtern reißen.
»Wow, wir haben ja nicht viel verpasst!«, sagt Brittany mit einem Blick auf die Zimmerliste, die Marla als Hausdame immer führt. »Das ist wirklich wie verhext hier. Entweder kommt gar keiner, oder es stehen nur Idioten vor der Tür, die man beim besten Willen nicht hereinlassen kann, und dann stürmen sie uns plötzlich alle auf einmal ins Haus, bis sämtliche Zimmer besetzt sind und wir die armen Kerle
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