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Splitterfasernackt

Splitterfasernackt

Titel: Splitterfasernackt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lilly Lindner
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wieder wegschicken müssen.«
    »Wem du sagen das«, erwidert Marla. »Und am Telefon auch nur großes Idioten heute. Kein einziges vernünftige Mann es scheint mehr gibt.«
    Hinter Valesca tritt eine kleine, etwas rundliche, schüchtern dreinblickende Frau mit schwarzen Haaren und lustigen Wangengrübchen ins Zimmer.
    »Das ist Slavenka«, stellt Valesca ihre Freundin vor. Dann sagt sie etwas auf Bulgarisch, und schließlich wieder an Brittany und mich gewandt: »Sie kann kaum Deutsch, nur wenig Worte, und auch ihr Englisch nicht so gut.«
    Slavenka lächelt mich zurückhaltend an, und ich schließe sie sofort in mein Herz. Sie ist viel älter als ich, bestimmt schon Anfang vierzig, aber sie ist mir vom ersten Augenblick an vertraut.
    »Soll ich dir alles zeigen?«, frage ich und deute mit der Hand auf die anderen Räume.
    »Zeigen. Ja. Das gut«, sagt Slavenka und nickt.
    Also machen wir beide einen Rundgang, und nachdem Slavenka alle Räume gesehen hat, legen wir uns auf das Bett in Zimmer eins und wickeln uns zusammen in eine Decke, weil es in den letzten Tagen etwas kühler geworden ist. Slavenka zieht einen Ordner aus ihrer Tasche und schlägt ihn auf.
    »Was ist das?«, frage ich.
    »Deutsch«, sagt Slavenka und zeigt mir den Ordner. »Ich gehe Schule. Um lernen besser in Deutsch. Vokabeln neue. Für morgen.«
    »Soll ich dir helfen?«, frage ich.
    Slavenka strahlt mich an und nickt.
    »Danke«, sagt sie. »Du so nett. Ich großes Angst hatten herkommen hier.«
    Die nächste Stunde verbringen wir mit Vokabeln und Grammatik, bis Minny schließlich den Kopf zur Tür hereinsteckt.
    »Wollt ihr auch etwas bestellen?«, fragt sie und wedelt mit einer Lieferservice-Karte herum. »Dann wir können alle gemütlich zusammensitzen und essen. Heute ja sowieso keine Mann klingelt.«
    Slavenka und ich tauschen erleichtert das Deutschbuch gegen die Speisekarte ein, und Minny legt sich zu uns auf das Bett, um für Slavenka die Gerichte zu übersetzen.
    Eine halbe Stunde später sitzen wir alle um den großen Esstisch herum, auf dem sich Schüsseln und Schachteln mit asiatischem Essen stapeln. Wir teilen uns Frühlingsrollen, Wan Tans, Nudeln, Reis und massenhaft verschiedene Soßen. Während ich in meinem Reis herumstochere, futtert Marla Essiggurken mit Senf und zwischendurch gebackene Entenbrust mit Schokolade und Apfelmus.
    »Zum Glück ich nicht bin schwanger!«, sagt Minny kopfschüttelnd und lacht. »Mir wird schlecht, wenn ich gucke dein Menü, Marla!«
    Valesca ist gerade dabei, in ihre zweite Frühlingsrolle zu beißen, als es anfängt zu klingeln.
    »Ich habe es ja gesagt!«, stöhnt Brittany. »Männer haben absolut kein Timing. Wollen wir wetten, dass es jetzt im Minutentakt weiterklingelt?«
    Und so ist es dann auch.
    Kurz darauf sind die meisten Zimmer belegt, und wir flitzen alle zwischen Bade-, Gäste- und Mädchenzimmern hin und her. Mein erster Kunde ist ein durchgeknallter Psychopath, was sich darin äußert, dass er ein paarmal um das Bett rennt, stolpert, hinfällt, wieder aufsteht, sich ein Kondom überzieht, nach drei Sekunden kommt und anschließend fluchtartig ins Bad rast.
    Es ist schon weit nach Mitternacht, als wir uns endlich alle wieder im Wohnzimmer einfinden. Das Essen ist längst kalt geworden, aber das macht nichts. Brittany erzählt von ihrem Gast, der irgendein komisches Rollenspiel machen wollte und dann mittendrin abgebrochen hat, weil er ein schlechtes Gewissen bekommen hat wegen seiner Frau, die zu Hause auf ihn wartet.
    »Er hat mir zweihundert Euro Trinkgeld gegeben, dann hat er sich noch ungefähr zehnmal entschuldigt und ist anschließend mit knallroten Wangen abgezogen«, sagt Brittany fröhlich, während sie sich Unmengen von kaltem Kokoscurrygemüse auf ihren Reis löffelt. »Von mir aus könnten alle Männer so sein!«
     
    Mit Valesca verstehe ich mich besonders gut. Wir liegen oft zusammen auf einem der Betten, spielen Solitär auf meinem Laptop, unterhalten uns oder flechten uns gegenseitig Zöpfe ins Haar. Valesca hat eigentlich eine Ausbildung zur Kosmetikerin gemacht, aber hier in Deutschland hat sie noch keine Arbeit gefunden. Sie lebt erst seit einigen Monaten in Berlin, mit Minny und ihrem Bruder zusammen in einer Wohnung. Minny ist ein halbes Jahr vor Valesca nach Berlin gekommen, sie arbeitet jetzt beinahe ein Jahr im Passion und hat vorher in zwei heruntergekommenen Nachtclubs getanzt, doch Valesca hatte ihren allerersten Kunden, fünf Tage nachdem ich neu ins

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