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Splitterherz

Titel: Splitterherz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bettina Belitz
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dürfen - klingelte unten fünf Mal hintereinander das Telefon. Zwei­mal ging Papa dran, dreimal Mama. Die Gespräche waren kurz, aber garniert mit enervierend fröhlichem Gelächter und beschwing­tem Auf- und Abgehen. Ich verfluchte einmal mehr mein gutes Ge­hör und zog mir die Decke über die Ohren.
    Dritter Versuch. Colins Wolfstraumsnack. Ich versuchte gerade, mich zu erinnern, wie sich seine nackte Brust unter meiner Hand angefühlt hatte, als Mama mit dem laufenden Staubsauger ins Zim­mer stürzte. Ohne anzuklopfen. Jetzt platzte mir der Kragen.
    »Mama! Es reicht!« Ich sprang aus dem Bett und riss ihr das röh­rende Ungetüm aus der Hand. Hektisch schüttelte ich das Strom­kabel, bis es sich im Flur mit einem ergebenen Plopp aus der Steck­dose löste. Ich hasste Staubsauger seit eh und je. Aber noch mehr hasste ich es, wenn jemand damit ungefragt in meine Intimsphäre eindrang. Mamas seliges Lächeln erstarb nur kurz, um dann umge­hend einem etwas künstlicheren zu weichen.
    »Ach, Ellie, es ist so ein schöner Tag.«
    »Genau«, versetzte ich ihrer Ode ans Leben einen schlecht gelaun­ten Dämpfer. »Es ist ein schöner Tag, ich hab Ferien, ich bin müde, ich möchte schlafen. Ist das zu viel verlangt?«
    Skeptisch sah sie mich an.
    »Willst du denn nicht wenigstens mal duschen?«
    »Warum, stinke ich?« Himmel, konnte die einem auf den Keks gehen.
    »Nein, aber ...« Sie deutete mit hochgezogenen Brauen auf meine Beine. Oh. Ich trug immer noch die Jeans von heute Nacht. Sie war übersät von Grasflecken in allen erdenklichen Grünvarianten. An den Säumen klebte Lehm und ich hatte die Füße eines Erdmänn­chens.
    Fauchend drückte ich Mama ihren Staubsauger in die Hand und verschwand ins Bad. Hier hatte sie auch schon geputzt und mir ei­nen neuen Vorrat Kosmetikpröbchen auf den Handtuchschrank gestellt. Miniduschgel, Minihautcreme, Minishampoo, Minizahn­pasta. Die Stadt ließ grüßen. Früher hatten Nicole, Jenny und ich ganze Nachmittage damit zugebracht, die Pröbchenkörbe in den Drogeriemärkten zu durchforsten und unser Taschengeld in Krims­krams zu investieren, den kein Mensch brauchte.
    Als ich meine Haare einschäumte - mittlerweile musste ich die doppelte Portion Shampoo nehmen, um sie überhaupt alle zu erwi­schen -, fiel mir das Sommerfest am Waldrand wieder ein. Ich hatte es komplett vergessen. Wie sollte das nur zusammenpassen? Eine Nacht voller Panik und Schmerzen und verbotener Nähe inklusive Wildtierbegegnung im Morgengrauen und nur wenige Stunden später Grillwürstchen und Lampions mit Mama und Papa?
    Ich ließ meine Mutter in meinem Zimmer weiterwüten - meine Colin-Notizen hatte ich vorsorglich im Nachttisch eingeschlossen - und zog mich auf die schauderhaft geblümte Hollywoodschaukel zurück, die Papa aus Omas Fundus gerettet und in einer schattigen Gartenecke aufgestellt hatte. Ich musste mich sehr zusammenreißen, um nicht laut loszubrüllen oder Schlimmeres zu tun, als Papa mit dicker Sonnenbrille im Gesicht und Piratentuch um den Kopf  anfing, den Rasen zu mähen - der Startschuss für sämtliche anderen Dorfbewohner. Das Brummen der Motoren brach bis zum frühen Abend nicht ab. Um Mamas und Papas gute Laune war es nicht an­ders bestellt, ja, sie steigerte sich sogar noch. Mama war sich tatsäch­lich nicht zu schade, Papa bei einem weiteren mutwilligen Versuch, ihre Blumen zu ertränken, mit dem Gartenschlauch durchs Grün zu jagen, bis beide ausgelassen lachten und zusammen ins Gras fielen.
    Alles Weitere wollte ich mir nicht ansehen. Ich stapfte in einem großen Bogen um sie herum und floh in mein Zimmer, um mich umzuziehen.
    Untypisch entscheidungsschnell schlüpfte ich in ein Kapuzenshirt und meine Lieblingsjeans und glättete notdürftig meine Haare, in­dem ich mit feuchten Händen über meine eigensinnigen braunro­ten Wellen strich. Da ich jeden eventuellen Kuppelversuch im Keim ersticken wollte, verzichtete ich sogar auf den Kajalstift.
    »Bist du fertig?«, fragte Papa irritiert, als ich mich zu ihm und Mama in den Wintergarten gesellte und mir die Chucks zuband.
    »Stimmt etwas nicht?«, erwiderte ich spitz.
    »Nein«, sagte er schnell. »Nein. Du siehst - hübsch aus. Wirklich hübsch.«
    Ich spürte, dass sie sich einen Blick zuwarfen.
    »Können wir gehen? Ich möchte es hinter mich bringen«, sagte ich kühl.
    »Du wirst dich noch wundern, Elisa«, brummte Papa vergnügt und stimmte What Shall We Do with the Drunken Sailor an. Hof­fentlich war

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