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Sportreporter

Sportreporter

Titel: Sportreporter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: R Ford
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gestorben. Ich bin ziemlich konventionell eingestellt. Das soll nicht heißen, daß ich irgend etwas mißbillige, Walter. Das ist nämlich nicht der Fall.«
    Walter hebt den Kopf, als er das hört. Es ist eine unerwartete gute Nachricht für ihn, und seine blauen, traurigen Augen werden schmal, als spähten sie einen langen Korridor hinunter, wo das Licht schon düster geworden war, wie alles, was der Vergangenheit angehört. Er starrt mich lange durch seine Brille an, vielleicht eine halbe Minute lang. Und ich weiß genau, was er sieht oder zu sehen versucht, denn ich habe von Zeit zu Zeit eifrig versucht, genau das gleiche zu sehen – bei X, bevor sie mich endgültig verließ.
    Sich selbst versucht Walter zu sehen! Wenn eine gewisse altmodische, konventionelle Walter Luckett-Art in der konventionellen, versöhnlichen Frank Bascombe-Art zu erkennen ist, stehen die Dinge vielleicht doch nicht so schlecht. Walter will wissen, ob er sich draußen in den unheimlichen, unbekannten Gewässern vollends verirren wird oder ob er sich noch einmal retten kann. (Bei aller Leichtfertigkeit ist Walter im Grunde ein vorsichtiger Mann und nicht sehr daran interessiert, das Unbekannte zu erforschen.)
    »Frank«, sagt Walter breit grinsend und rutscht mit einem nicht dazu passenden Kopfschütteln auf seinem Sessel noch weiter zurück. (Das Negative läßt er im Augenblick auf sich beruhen.) »Hast du dir schon mal gewünscht, irgend jemand oder irgend etwas könnte dich einfach hochheben und weit, weit wegbringen?«
    »Schon oft. Deshalb bin ich ja auch Sportreporter. Ich kann in ein Flugzeug steigen, und genau das geschieht. Ich hab dir das neulich schon gesagt, als wir vom Reisen redeten.«
    »Also, das hab ich empfunden, als ich heute abend hier hereinkam, Frank – als mir dein farbiger Boy aufmachte und ich wartend auf und ab ging. Ich hatte das Gefühl, daß überhaupt kein Ort weit genug weg ist und daß ich tief im Dreck stecke und daß ich, gleich, was ich auch tue, alles nur noch schlimmer mache. Weißt du noch, was wir in unserer Jungenzeit für Gefühle hatten? Alles unerreichbar fern, nicht mehr auf der Landkarte, und wir waren nicht verantwortlich.«
    »Es war spitze, Walter, das stimmt.« Ich denke an die Zeit in der Studentenverbindung, und die war wirklich spitze. Phantastisch. Whisky, Karten, Mädchen.
    »Bevor ich heute abend herkam, schien alles auf eine beschissene Art gegen mich zu laufen.«
    »Dann bin ich aber froh, daß du gekommen bist, Walter.«
    »Ich auch. Es geht mir jetzt tatsächlich besser, und das verdanke ich dir. Vielleicht genügte es schon, daß wir ein paar Gedanken austauschten. Ich hab das Gefühl, daß sich schon sehr bald eine neue Möglichkeit auftut. Übrigens, Frank, gehst du je auf Entenjagd?« Wieder strahlt mich Walter mit einem breiten Lächeln an.
    »Nein.«
    »Wie wär’s, gehen wir doch mal auf Entenjagd. Ich hab alle möglichen Gewehre. Erst gestern hab ich sie rausgeholt und gereinigt. Du kannst eins davon haben. Ich hätte gern, daß du mit mir nach Coshocton fährst und meine Familie kennenlernst. Vielleicht diesen Herbst. Die Landschaft am Ohio ist wirklich was Besonderes. Als Junge war ich während der Jagdzeit jeden einzelnen Tag draußen. Weißt du, Ohio ist gar nicht so weit weg, wie es scheint. Gerade mal die Penn-Autobahn runter. In letzter Zeit war ich zwar nicht mehr unten, aber jetzt bin ich wieder soweit. Meine Eltern werden alt. Was ist eigentlich mit deinen Eltern, Frank, wo leben sie jetzt?«
    »Sie sind tot, Walter.«
    »Ach so, klar. Wir verlieren sie alle irgendwann. Was hast du für Pläne, Frank?«
    »Wann?«
    »Diesen Sommer zum Beispiel.« Walter strahlt jetzt übers ganze Gesicht. Ich wollte, er würde nach Hause gehen.
    »Ich fahr mit meinen Kindern zum Lake Erie rauf.« Was gehen ihn meine Pläne an? Offenbar ist für ihn jetzt alles relevant.
    »Eine echt gute Idee.«
    »Ich bin fix und fertig, Walter. Es war ein langer Tag.«
    »Wie gesagt, Frank, als ich herkam, war ich verzweifelt. Mein Leben schien zu einem großen Teil hinter mir zu liegen. Jetzt nicht mehr. Was kann ich tun? Möchtest du vielleicht ein bißchen rausfahren, irgendwo Rühreier essen oder so? Ich kenn da ein gutes Lokal an der Landstraße 1. Wär das jetzt nichts, ein gutes Frühstück?« Walter springt auf und wiegt sich, die Hände in den Taschen, auf den Absätzen.
    »Ich hau mich jetzt lieber in die Falle, Walter. Die Couch gehört dir.«
    Walter nimmt sein Colts-Glas in die

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