Sportreporter
mit einem Radiergummi gegen etwas Hartes. »Ich hab nämlich deine Short Storys gelesen. Sie sind sehr, sehr gut.«
»Nett, daß du das sagst.«
»Hast du schon mal daran gedacht, noch ein Buch zu schreiben?«
»Nein.«
»Solltest du aber. Du solltest hier raufziehen. Zumindest mal ein Weilchen bei mir wohnen. Dann würdest du schon sehen.«
»Was würde ich sehen?«
»Du würdest sehen, daß es gar nicht so übelist.«
»Ich hab es lieber schön, als gar nicht so übel , Rhonda. Hier hab ich ziemlich genau das, was ich mir vorstelle.«
»In New Jersey?«
»Mir gefällt es hier.«
»New Jersey ist wie die Rückseite eines alten Radios, Frank. Du solltest den Duft der Rosen um dich haben.«
»Ich habe Rosen in meinem Garten. Wir reden weiter, wenn ich wieder da bin, Rhonda.«
»Bestens«, sagt Rhonda laut und bläst Rauch in den Hörer. »Möchtest du vor dem Stichtag noch was an deiner Tabelle ändern?« Im Büro führen sie eine Baseballtabelle, für die Rhonda verantwortlich ist, und dieses Jahr bin ich dabei. Eine Spielzeit läßt sich damit leichter überstehen.
»Nein, es bleibt alles beim alten.«
»In Ordnung. Vielleicht kannst du ein paar Insider wegen der Neueinkäufe und Spielerwechsel in der NFL aushorchen. Ja? Am Sonntagabend wollen sie die Vorschau auf die Footballsaison zusammenstellen. Wenn du was hast, kannst du’s telefonisch durchgeben.«
»Danke, Rhonda. Ich werd mich bemühen.«
»Frank? Was suchst du eigentlich?«
»Nichts«, sage ich und lege auf, bevor sie eine Gelegenheit hat, sich etwas Neues auszudenken.
Ich erledige meine anderen Anrufe im Eiltempo – darunter den bei einem Sportschuh-Designer in Denver für einen von mir zusammenzustellenden Kasten für die Rubrik »Nachgefragt«, der einen Überblick über Fußverletzungen geben soll und an dem bereits andere Leute im Büro gearbeitet haben. Er erzählt mir, daß der Fuß aus sechsundzwanzig Knochen besteht und daß nur zwei von acht Leuten jemals ihre richtige Schuhgröße kennen. Doch auch von diesen zweien wird einer bleibende Schäden an den Füßen davontragen, noch bevor er oder sie zweiundsechzig ist – auf Grund mangelhafter Produkte. Frauen, so erfahre ich, sind um 38 Prozent anfälliger, wohingegen bei Männern der Prozentsatz derer höher ist, die sich durch hohes Körpergewicht, starke Belastungen und die verschiedensten sportlichen Aktivitäten schmerzhafte Dauerschäden zuziehen. Männer beklagen sich jedoch weniger, so daß bei ihnen mit einer höheren Dunkelziffer zu rechnen ist.
Ein weiterer Anruf gilt einer Karmeliternonne in Fayetteville (West Virginia), die beim Marathonlauf in Boston mitmachen will. Einst ein Opfer der Kinderlähmung, hat sie einen harten Kampf um die Startberechtigung vor sich, und ich will mich in unserer Kolumne »Hut ab!« gern für sie einsetzen.
Ich rufe noch einmal die Public Relations-Leute bei dem Detroiter Footballklub an, um festzustellen, ob sie jemanden haben, der im Namen des Klubs etwas über Herb Wallagher, den früheren Angriffsspieler, sagen möchte, aber es ist niemand da.
Schließlich ein Anruf bei Herb selbst in Walled Lake, damit er weiß, ich bin unterwegs. Die Kollegen von der Recherche haben bereits gründlich vorgearbeitet, und ich habe einen dicken Stoß Zeitungsausschnitte von Herb, Fotos, dazu getippte Interviews mit seinen Eltern in Beaver Falls, seinem College-Coach in Allegheny, seinem Chirurgen und dem Mädchen, das damals, als Herb beim Wasserskilaufen verletzt wurde, das Boot steuerte und dessen Leben sich völlig verändert haben soll. Am Telefon stellt sich Herb als ein freundlicher und nachdenklicher Mann heraus, der – ganz Beaver Falls – seine Konsonanten verschluckt: wunt statt wouldn’t, shunt statt shouldn’t . Ich habe Vorher-Nachher-Bilder von ihm in seiner aktiven Zeit und heute, und er scheint darauf nicht derselbe Mensch zu sein. Auf den alten Bildern sieht er aus wie ein grinsender Sattelschlepper mit einem Plastikhelm. Heute trägt er eine dunkle Hornbrille und wirkt, nachdem er an Gewicht und Haaren einiges verloren hat, wie ein überarbeiteter Versicherungsvertreter. Angriffsspieler im Football neigen mehr als die meisten anderen Sportler dazu, in sich selbst zu ruhen, vor allem dann, wenn sie nicht mehr spielen, und Herb erzählt mir, er habe sich entschieden, im nächsten Herbst ein Jurastudium anzufangen, und seine Frau Clarice ziehe voll mit. Er sagt mir, seiner Meinung nach solle sich jeder weiterbilden, der es
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