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Sportreporter

Sportreporter

Titel: Sportreporter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: R Ford
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Rest verdient sogar noch weniger Interesse. Mein Buch Blauer Herbst , wurde offiziell zum Druck angenommen, als ich gerade von San Miguel Tehuantepec zurück in den Norden fuhr. (Sie wiesen mir telegrafisch 700 Dollar an.) Ich machte an diesem Abend in Grants in New Mexico Zwischenaufenthalt, sah mir bei Flutlicht ein Baseballspiel zweier Jugendmannschaften an und trank, allein auf der Tribüne sitzend, eine Flasche kalte Ente, um auf mich und mein Glück einen Toast auszubringen. Fast am Tag darauf machte ein Filmproduzent ein gutes Angebot für das Buch, und bis ich dann nach New York kam – nach Meinung meines Lektors die richtige Umgebung für mich –, war ich reich, zumindest für die damalige Zeit. Es war 1968.
    Ich mietete mir auf der Stelle eine Wohnung direkt an der Bahnlinie in der Perry Street in Greenwich Village und versuchte, eine Art Schriftstellerleben aufzuziehen, ein Leben, das mir eigentlich gefiel. Mein Buch kam im Frühjahr heraus; ich hatte Lesungen an einigen kleineren Colleges in der Gegend, machte Rundfunkinterviews, ging mit vielen Mädchen aus, legte mir eine literarische Agentin zu, von der ich heute noch Weihnachtskarten bekomme. Mein Bild erschien in Newsweek , ich kam fast jeden Abend nach ausgedehnten Sauftouren mit meinen neuen Freunden spät ins Bett, schrieb sehr wenig (obschon ich viel Zeit an meinem Schreibtisch verbrachte), lernte X bei der Signierstunde in der Spring Street kennen und nahm von meinem Verleger einen Vorschuß für einen neuen Roman, für den ich vorgab, bereits eine Idee zu haben; in Wirklichkeit hatte ich daran nicht das geringste Interesse und wußte auch gar nicht, worüber ich schreiben sollte.
    Vom Herbst 1969 an verbrachten X und ich eine Menge Zeit zusammen. Ich fuhr zum ersten Mal zum Huron Mountain Club und zu den geruhsamen Golfklubs, in denen ihr Vater Mitglied war. Ich stellte fest, daß sie keineswegs linkisch oder zu ernst war, sondern in Wirklichkeit ein wunderbares, ungewöhnliches, herausforderndes Mädchen (sie arbeitete immer noch als Mannequin und verdiente eine Menge Geld). Wir heirateten im Februar 1970, und ich übernahm nun Aufträge für Zeitschriften, um mich von den Qualen abzulenken, die mir das Schreiben meines Romans bereitete, der Tanger heißen sollte und in Tanger spielte – wo ich nie gewesen war, das ich mir aber wie Mexiko vorstellte. Tanger begann so: »Der Herbst kam in diesem Jahr später zum Rifatlas, und Carson hatte peinliche Probleme damit, in der Öffentlichkeit nüchtern zu bleiben.« Es ging um einen Angehörigen der Marines, der im Krieg desertiert war und nun auf der Suche nach seinem Geschichtsverständnis am Rand der Kontinente umherwanderte; erzählt wurde in der Ich-Perspektive und ebenfalls weitgehend in Rückblenden. Er liegt bis heute in meiner Schublade in einem Schrank, unter einem Haufen alter Lebensversicherungspolicen und Kataloge.
    Im Frühjahr war mein Buch immer noch in einigen Buchhandlungen vorrätig, weil ein New Yorker Kritiker geschrieben hatte: »Mr. Bascombe ist ein Autor, der sich eines Tages als interessant herausstellen könnte.« Der Filmproduzent kam zu dem Schluß, er könne in meinen Storys »einen Film sehen«, und zahlte mir den Rest des Geldes, das er mir schuldete (obwohl nie ein Film zustande kam). Ich arbeitete nun noch härter an Tanger , dem Roman, den alle – auch ich selbst – von mir erwarteten. Ralph kündigte sich an. X und ich erlebten eine schöne Zeit: Wir besuchten Baseballspiele im Yankee-Stadion, fuhren nach Montauk, gingen ins Kino und ins Theater. Und plötzlich war es dann eines Morgens so weit, daß ich aufwachte und aus dem Fenster blickte, von dem aus ein schmaler Streifen des Hudson zu sehen war, und begriff, daß ich sofort aus New York raus mußte.
    Wenn ich heute darüber nachdenke, weiß ich eigentlich nicht, warum wir nicht einfach in eine größere Wohnung gezogen sind. Wenn einer X fragte, würde sie ihm sagen, es sei nicht ihre Idee gewesen. Aber in mir war einfach etwas, was sich plötzlich danach sehnte. Ich glaubte damals, es komme allein darauf an, die Dinge überzeugt und selbstsicher anzupacken. Und an diesem Morgen wachte ich mit dem Gefühl auf, mein Paß für New York sei ungültig geworden, und ich sei, was den Lauf der Welt angeht, an Weisheit von niemandem zu übertreffen; ich hatte das Gefühl, daß wir pronto aus der Stadt raus mußten, damit mein Werk an einem anderen Ort gedeihen konnte, wo ich niemanden kannte und wo mich niemand

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