Sportreporter
in der öffentlichen Dunkelheit an. Meine Kinder drücken an mir vorbei ins Wageninnere. Die Tür geht zu. Und wir sind wieder einmal unterwegs.
Walters Adresse in der Coolidge Street 118 ist ein zweigeschossiges Mietshaus aus Schlackensteinen zwischen zwei schöneren älteren Häusern im Kolonialstil, in die von den Eigentümern – jungen Ehepaaren, die heute abend zu Hause sind – beträchtlich investiert worden ist. Dieses Mietshaus mit den Einzelwohnungen ist mir noch nie aufgefallen, obwohl es von einer Straßenlaterne beleuchtet wird und von X’ Haus nur zwei Straßen entfernt ist und obwohl es hier in jeder Hinsicht genauso aussieht wie in X’ Straße – bis auf dieses Mietshaus. Die fensterlose Fassade schmücken Aluminiumstreifen in der Art von Jalousien, über die in Schreibschrift The Catalina gepinselt worden ist und die von einem fahlen Licht indirekt beleuchtet werden. Außenleuchten an den seitlichen Eingängen werfen ihr Licht zur Straße hin. Es ist ein Haus für ärmliche ältere Seminaristen, eingefleischte Junggesellen und Geschiedene – Menschen im Übergang –, und ich finde es, alles in allem, gar nicht so schlecht. Ich hätte es beispielsweise Mitte der sechziger Jahre in Ann Arbor akzeptiert, oder selbst heute, wenn ich gerade mein Jurastudium beendet hätte und nun versuchte, Boden unter die Füße zu bekommen, um danach mit dem eigentlichen Leben zu beginnen und mich nach einer Frau umzusehen. Aber ich wäre nicht sehr glücklich, wenn ich den Rest meines Lebens in so einem Haus zu verbringen hätte, ja, ich möchte es nicht einmal als Durchgangsstation während meines Erwachsenenlebens benutzen müssen. Das Catalina wäre mir nicht richtungweisend genug. Und es wäre gewiß kein Ort, den ich mir fürs Sterben aussuchen würde. Als ich es so vor mir sehe, frage ich mich, welcher Art wohl das Liebesnest ist, das sich Yolanda und Eddie Pitcock in Bimini teilen. Es ist bestimmt völlig anders. Bestimmt ist der blaue Ozean in der Nähe, und Bananenstauden rauschen in kühlenden Brisen, und Windglöckchen klirren an schwülen Nachmittagen. Auf jeden Fall besser.
X parkt hinter Walters MG, und wir gehen auf dem Betonweg hinüber zu den Briefkästen, wo eine einzelne, von Insekten umschwirrte Lampenglocke schwaches Licht verbreitet. Walters Visitenkarte ist so zurechtgestutzt worden, daß sie in die Vertiefung neben »6 D« paßt, und wir gehen die untere Reihe der Türen entlang, wo ich das Gemurmel von Fernsehern höre.
»Es ist muffelig hier«, sagt X. »Ich war noch nie irgendwo, wo es richtig gemuffelt hat. Du?«
»In Umkleideräumen«, sage ich, »in einigen Stadien.«
»Wahrscheinlich sollte mich das nicht überraschen, stimmt’s?«
»Ich glaube kaum, daß Walter viel dafür übrig hatte.«
»Nun, das Problem hat er jetzt nicht mehr.«
An der Tür von 6 D brennt kein Licht, und ein leuchtend orangefarbener Aufkleber warnt: POLIZEILICHE UNTERSUCHUNG. FÜR UNBEFUGTE KEIN ZUTRITT . Ich drehe den Schlüssel im Schloß und öffne die Tür ins Dunkel.
Ein kleines grünes Licht und die winzigen Zahlen 7:53 leuchten aus dem Schwarz. Ich habe genau den gleichen Wecker zu Hause.
»Das ist wirklich unangenehm, sehr unangenehm«, sagt X. »Ich glaube, dieser Mann wäre über mein Auftauchen hier nicht sehr erfreut.«
»Du kannst ja zurück«, sage ich.
Ein Geruch ist in dem Zimmer und scheint hier fehl am Platz, ein medizinischer Geruch aus einer Arztpraxis, die wegen Urlaubs geschlossen ist.
»Können wir denn kein Licht machen?«
Auf Anhieb finde ich jedoch keinen Wandschalter, und als ich ihn entdeckt habe, funktioniert er nicht. »Der Schalter tut nicht.«
»Du lieber Himmel, dann find eben eine Lampe. Ich mag seinen Wecker nicht.«
Ich stolpere über den dunklen Boden, die Möbel um mich her erscheinen so dick wie Elefanten. Ich streife etwas, was sich wie eine Ledercouch anfühlt, stoße mit dem Bein gegen einen kleinen Couchtisch, fahre mit der Hand über eine Sessellehne, bekomme schließlich irgendwo in der Mitte des Zimmers eine Hängelampe zu fassen und ziehe an der kleinen Kette.
X steht allein in der Tür, ihr Gesicht ist ein einziger Vorwurf. »Du lieber Himmel«, sagt sie noch einmal.
»Ich will’s ja nur sehen«, sage ich, mitten in Walters Wohnzimmer stehend, und schaue mich um.
Die Hängelampe taucht alles in ihr feines gelbes Licht, aber es ist auch tatsächlich ein recht hübsches Zimmer. Überall sind lackierte getäfelte Wände, und eine Tür führt zu
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