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Sportreporter

Sportreporter

Titel: Sportreporter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: R Ford
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Winkel. Die Libanesin damals am Berkshire College hätte es nie so weit kommen lassen, ganz gleich, wie ich sie provoziert hätte, da sie mit ihrem moslemischen Desinteresse gegen solche Dinge gewappnet war. Ebensowenig X, wenn auch aus anderen, noch besseren Gründen (sie erwartete mehr). Vicki hofft zwar, aber sie erhofft sich nie viel, und deshalb ist die Enttäuschung nie fern.
    Trotzdem ist die schlimmste Versöhnung mit einer Frau immer noch besser als der beste Versuch, mit dir selber ins reine zu kommen.
    »In der Tasche ist nichts Lohnendes zum Stehlen, nicht einmal ein interessantes Geheimnis«, sagt Vicki müde und deutet mit vorgeschobener Unterlippe auf das Gepäckstück, als sei es ein von keinem vermißtes Wrack, das nach Jahren an Land gespült worden ist. »Geld«, sagt sie gleichgültig, »halte ich an einem besonderen Plätzchen versteckt. Das ist mein einziges Geheimnis. An das kommst du nicht ran.«
    Ich möchte ihre Knie an mich drücken, aber im Moment heißt es eindeutig: Finger weg. Eine einzige falsche Bewegung, und ich bin am Telefon und bemühe mich um ein anderes Zimmer auf einer anderen Etage, möglicherweise im Sheraton , vier kalte und einsame Straßen entfernt, und kein Mantel hält mir die durchdringende kanadische Feuchtigkeit vom Leib.
    Vicki späht zu der gläsernen Schreibtischplatte hinüber, wo neben ihren Zigaretten ihre offene Brieftasche liegt. Der hirnlose Everett auf dem Schnappschuß schielt lüstern herüber (mag sein, daß es schwierig ist, mein melancholisches, ernstes Gesicht von seinem zu unterscheiden).
    »Ich glaube wirklich, es gibt nur sechs Menschen auf der Welt«, sagt sie mit einem Blick auf Everetts Visage in einem sanfteren Ton. »In letzter Zeit habe ich gedacht, du könntest einer von ihnen sein. Ein wichtiger. Aber ich glaube, du hast schon zu viele Freundinnen gehabt. Vielleicht bist du für eine andere wichtig.«
    »Du könntest dich täuschen. Vielleicht gehöre ich doch in dein Team.«
    Sie blickt mich mißtrauisch an. »Augen sind für mich wichtig, okay? Sie sind die Fenster der Seele. Und deine Augen … Ich dachte immer, ich könnte da hinten drin deine Seele sehen. Aber jetzt …« Sie schüttelt zweifelnd den Kopf.
    »Was siehst du denn?« Ich will die Antwort nicht wissen. Nicht einmal Mrs. Miller würde ich diese Frage stellen, und sie würde sich nicht berufen fühlen, darüber zu spekulieren. Wir befassen uns schließlich nicht mit Wahrheiten, sondern nur mit Möglichkeiten. Zuviel Wahrheit kann schlimmer sein als der Tod – und dauerhafter.
    »Ich weiß nicht«, sagt Vicki mit einer leisen, dünnen Stimme, und ich weiß, daß ich das Thema nicht weiter verfolgen darf, sonst wird sie sich entscheiden. »Was interessiert dich eigentlich so an meinem Stiefbruder?« Sie sieht mich merkwürdig an.
    »Ich kenne deinen Stiefbruder nicht einmal.«
    Sie greift nach der Brieftasche und hält mir den Schnappschuß hin, so daß ich das dunkle Gesicht des Klugscheißers direkt vor mir habe. »Das ist er«, sagt sie. »Dieser arme Kerl hier.«
    In so vielen Punkten läßt sich das Leben nicht vorhersehen. Hundert persönliche Erklärungen und Rechtfertigungen kommen hoch und wollen heraus, und ich muß heftig schlucken, um sie zurückzuhalten. Obwohl es natürlich nichts zu sagen gibt. Wie alle nutzlosen Ausreden ist die Entwirrung die Zeit nicht wert, die sie brauchen würde. Ich spüre jedoch, wie in meine Aufgeschlossenheit für alles um mich her plötzlich eine benebelnde Verträumtheit, eine alte, vertraute Betäubung aufsteigt. Die Ironie fällt auf mich zurück. Ich habe das Gefühl, wenn ich jetzt sprechen wollte, würden sich meine Lippen nicht bewegen, würde kein Ton herauskommen. Und wir würden beide zu Tode erschrecken. Warum ist es um Himmels willen nicht möglich, das Nichtwissen einfach zu akzeptieren?
    »Der arme Junge ist längst tot und im Himmel«, sagt Vicki. Sie dreht das Bild um und sieht es taxierend an. »Er kam in Fort Sill in Oklahoma ums Leben. Ein Armeelastwagen hat ihn angefahren. Er ist der Sohn der Frau meines Daddys. Oder besser, war. Bernard Twill. Beany Twill.« Sie klappt die Brieftasche zu und legt sie auf den Tisch. »Ich hab ihn eigentlich gar nicht gekannt. Lynette hat mir nach dem Unfall einfach sein Bild für meine Brieftasche gegeben. Ich weiß auch nicht, wieso ich es behalten habe.« Sie blickt mich aus lieben Augen an. »Ich bin dir nicht mehr böse. Es ist ja nur eine alte Tasche mit nichts drin. Frauen

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