Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Sportreporter

Sportreporter

Titel: Sportreporter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: R Ford
Vom Netzwerk:
einen freundlichen Klaps auf die Schulter. »Du denkst bestimmt, daß ich alles falsch sehe.« Sie schnieft heftig. »Daß ich es noch nicht einmal schaffe, mich richtig unglücklich zu machen.«
    »Es ist einfach nicht deine Stärke, Dinge zu verpfuschen.« Ich lege ihr eine schwere Hand auf die weiche Brust. »Du mußt einfach gute Dinge gut sein lassen, wenn’s geht. Mach dir keine unnötigen Sorgen.«
    »Ich sollte nicht lesen, das ist es. Es bringt mich immer in Schwierigkeiten.« Sie legt mir beide Hände um den Hals und zieht mich heftig an sich, so heftig, daß mir wieder einmal ein lähmender Schmerz über den Rücken läuft, bis hinunter in die Gesäßbacken.
    »Au«, sage ich unwillkürlich. Im Fernsehen schickt sich gerade ein Skiläufer an, die Startschranke wegzustoßen und einen Hang hinunterzurasen, der länger und steiler ist als alles, was ich bisher gesehen habe. Auch dort schneit es, wo immer es sein mag. Nicht für eine Million Dollar würde ich tun, was dieser Skiläufer tut.
    »Ach du liebe Güte«, sagt sie, denn ich habe sie in dem zitronengelben Licht gefunden. »Ach, ach, ach.«
    »Du reizendes Mädchen, du«, sage ich. »Dich muß einfach jeder lieben.«
    Draußen in der kalten Stadt heult wieder der Wind auf, und ich kann, glaube ich, hören, wie die Schneeflocken gegen das Fenster klatschen und jeden Detroiter frösteln lassen, der Bescheid zu wissen glaubt und bereit ist, seinen Kopf darauf zu wetten. Ich lasse den Fernseher an, da ich ihn selbst jetzt, mit seiner neugierigen Gegenwart, tröstlich finde.
    Nachdem wir mit dem Taxi die Jefferson Avenue raufgefahren sind und den Botanischen Garten auf der Belle Isle besucht haben, sind wir um fünf Uhr wieder in unserem Zimmer und haben das beklemmende Gefühl, daß gleich die Wände auf uns einstürzen werden, etwas, was Sportreporter gut kennen. Wir sind wie die Familienangehörigen eines Handlungsreisenden, die mitgekommen sind, um ein bißchen was zu erleben und sich zu amüsieren, und die dann plötzlich feststellen, daß zuviel Zeit totzuschlagen ist, während er seinen Geschäften nachgeht; daß zu viele unbekannte Straßen zu weit wegführen; daß in der Hotelhalle zu wenig los ist, als daß es sich wirklich lohnen würde, Leute zu beobachten.
    Der Botanische Garten erwies sich als kalt und irgendwie fremd, auch wenn wir zwischen Farnen und Kakteen und Passionsblumen lange Wege zurücklegten, bis Vicki verkündete, daß sie Kopfschmerzen habe. Die interessantesten Räume schienen alle geschlossen – insbesondere die Nachschöpfung eines französischen Kräutergartens aus dem 18. Jahrhundert, den wir durch die Glastür sehen konnten und der uns beide interessiert hätte. Auf einem Schild im Fenster stand, Detroit sei mit seiner Steuerpolitik nicht großzügig genug, dieses Jahrhundert angemessen zu unterstützen. Und nach nicht einmal einer Stunde standen wir wieder draußen auf den windigen Betonstufen in der Kälte und dem Schnee des Nachmittags. Vor uns lag ein schlammiger Spielplatz, der sich bis zum Hafenbecken hin erstreckte, während der große Fluß selbst unsichtbar blieb, tief hinter einer sichelförmigen Reihe junger Pappeln. Öffentliche Plätze können einen oft ganz schön im Stich lassen, mögen sie anfangs auch noch so vielversprechend aussehen.
    Als wir vor unserem Hotel aus dem Taxi stiegen, schlug ich einen kurzen Spaziergang auf der Larned vor, denn »ich kenne da ein exzellentes Steakhaus«. Doch als wir die Woodward Avenue erreicht hatten, begegneten wir nur noch Schwarzen, die irgendwie bedrohlich wirkten, Taxis und Polizeiautos waren alle unerklärlicherweise verschwunden, und Vicki, die in dem winterlichen, vom faden Kanada herüberwehenden Nordwind fror, klammerte sich zitternd an mich.
    »Ich bin für so was einfach nicht richtig angezogen, glaub ich«, sagte sie mit einem verzagten Lächeln unter meinem Arm. »Ich wär auch mit einem Alladin-Sandwich mit Thunfischsalat in der Snackbar des Hotels zufrieden, wenn’s dir recht ist.«
    »Die haben das Steakhaus wohl anderswohin verlegt«, sagte ich und blickte die während des Wochenendes leergefegte Woodward Avenue hinauf zum Grand Circus, wo wir in unserer Studentenzeit – Eddy Loukinen, Golfball Kirkland und ich – durch die Stripschuppen und billigen Kneipen gezogen und dann die vierzig Meilen zum Campus zurückgefahren waren, mit der Aura von Soldaten auf einem letzten Urlaub vor dem Aufbruch in ein Schicksal, über das keiner lächeln würde. Es

Weitere Kostenlose Bücher