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Sportreporter

Sportreporter

Titel: Sportreporter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: R Ford
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überlegen läßt, wie ich mein Interesse an ihr wiederbeleben kann (oder, ihr zuliebe, ein Interesse an mir selbst, das mich entschädigen würde). Es ist ein verschwommenes, gedämpftes Gefühl, ein vages Verlangen nach einer Überzeugung unter den Überzeugungslosen.
    »Bin ich froh, dich zu sehen«, sagt sie und strahlt mich im flimmernden Licht des Fernsehers glücklich an. Ich stehe in dem dunklen kleinen Gang bei der Tür, meine Füße so schwer wie Anker, und ich kann nicht umhin, mir mein Leben als Szene in irgendeinem erotischen Heftchenroman vorzustellen. Flink wie eine Katze bewegte sich Big Sledge auf das Mädchen zu, und schon saß sie in der Falle, genau dort, wo er sie haben wollte, zwischen seinem billigen, abgenutzten Koffer und dem Haufen öliger Schneeketten an der Rückwand der Abschmiergrube. Gleich würde sie sehen, was Sache war . Beide würden sie’s sehen . »Wie ist es denn gelaufen mit deinem alten Footballer?«
    »Bestens.« Ich gehe zum Fenster, ziehe den schweren Vorhang auf und blicke hinaus. Nur Zentimeter vor meinem Gesicht blendender Schnee, der in dicken Flocken auf die Jefferson Avenue fällt. Der Fluß ist in der weißen Landschaft verschwunden, ebenso Cobo. Auf der Straße melden blinkende gelbe Lichter die ersten Schneepflüge. Ich glaube, ihr Scharren und Klappern zu hören, weiß aber, daß es unmöglich ist. »Das Wetter gefällt mir gar nicht. Vielleicht müssen wir unsere Pläne ändern.«
    »Alles klar«, sagt sie. »Es macht mich schon glücklich, mit dir heute hier zu sein. So ein Aquarium kann ich mir anderswo ansehen. Die sind bestimmt alle gleich.« Sie stellt sich die 7-Up-Flasche auf den nackten Bauch und betrachtet sie gedankenverloren.
    »Das sollte aber ein schöner Ausflug für dich werden. Ich hatte allerlei Pläne.«
    »Dann spar sie dir auf, weil, ich hab’s hier richtig schön gehabt. Ich hab mir Garnelen im Bierteig aufs Zimmer bringen lassen, eine richtige Mahlzeit war das. Dann hab ich mich angezogen und bin runtergegangen, um mir die Läden anzusehen. Die sind wirklich hübsch, aber vieles ist wie Dallas, so ähnlich jedenfalls. Ich glaube, ich habe Paul Anka gesehen, bin mir aber nicht sicher. Er ist etwa halb so groß, wie ich ihn mir vorgestellt habe, wenn er’s war, dabei wußte ich ja, daß er klein ist.«
    Ich setze mich in den Sessel am Couchtisch. Ihre entblößte Schönheit ist wider Erwarten das, was ich brauche, um den Übergang zu schaffen und zurückzufinden (das Vertraute kann und sollte immer noch überraschen). Ihre Nacktheit hat etwas ganz und gar Gewöhnliches, die glatte Rundung der Brüste, die prallen, dunkler werdenden Schenkel und Waden, die sich zu zierlichen Knöcheln hin verjüngen, das einladende, aber nicht eindeutige Lächeln – alles in allem eine runde Sache für einen einsamen Mann in einer fremden Stadt, wenn es Zeit totzuschlagen gilt.
    Das stumme Fernsehbild zeigt einen blassen Nachrichtensprecher mit dramatisch bewegter Miene. Glaubt mir! sagen seine Augen. Was ich euch sage, ist Gottes Wahrheit. Es ist das, was ihr wollt.
    »Glaubst du, ein Mann und eine Frau können einfach Freunde sein?« fragt Vicki.
    »Warum nicht«, sage ich, »wenn das andere Kuddelmuddel vorbei ist. Aber ich mag dieses Kuddelmuddel.«
    »O ja, ich auch.« Ihr Lächeln breitet sich über das ganze Gesicht aus, und sie verschränkt die Arme über den weichen Brüsten. Ich sehe ihr an, daß ein Gedanke sie gefangengenommen hat, ein Vorkommnis, das ihr gefällt und das sie mit mir teilen möchte. Im Grunde ihres Herzens ist sie der liebenswürdigste Mensch und könnte jemandem die beste Ehefrau sein. Nur ist die Wahrscheinlichkeit, daß ich derjenige sein werde, aus irgendeinem Grund geringer geworden. Sie könnte genau diese Stimmung aus dem Detroiter Wind aufgeschnappt haben und dem so ratlos gegenüberstehen wie ich. Doch sie läßt sich von keinem was vormachen.
    »Ich hab Everett angerufen«, sagt sie und blickt auf ihre abgewinkelten Knie hinunter. »Ich hab meine Kundennummer angegeben.«
    »Du hättest die hier nehmen können.«
    »Nun gut. Ich hab meine genommen.«
    »Und wie geht’s dem guten Everett?« Natürlich habe ich den alten Everett noch nie in meinem Leben gesehen und kann mit der weit entfernten Vorstellung von ihm so plump-vertraulich umgehen wie ein Friseur.
    »Er kommt zurecht. Er steht jetzt auf Alaska. Er sagt, die Leute da oben brauchen Teppiche. Und er hat seinen Kopf so kahl rasiert wie eine Billardkugel, sagt er.

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