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Sprache, Kommunikation und soziale Entwicklung

Sprache, Kommunikation und soziale Entwicklung

Titel: Sprache, Kommunikation und soziale Entwicklung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Burkhard Schneeweiß , Theodor Hellbruegge
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Mehrsprachigkeit, Erfassungsmethoden sprachlicher Fähigkeiten bei mehrsprachigen Kindern, Beratungspraxis zum Umgang mit den Sprachen, Informationsbedarf zum Thema Mehrsprachigkeit. Das Ziehen einer Zufallsstichprobe von Kinderärzten (N = 306) erfolgte über das Verzeichnis »Kinderärzte im Netz«. Aus den Bundesländern mit sehr vielen eingetragenen Kinderärzten (alte Bundesländer und Berlin) erhielt jeder zehnte und aus Bundesländern mit sehr wenigen Einträgen (neue Bundesländer) jeder dritte Kinderarzt den Fragebogen per Post mit der Bitte um Teilnahme zugesandt.
Ergebnisse
Stichprobe
    Die Rücklaufquote betrug 44,77%, d. h. die folgende Auswertung bezieht sich auf Daten von 137 Fachärzten für Kinder- und Jugendmedizin (69 männlich, 68 weiblich).
    Im Mittel betrug die Anzahl der berufspraktischen Arbeitszeit 21 Jahre (SD 8.4). 56% der Kinderarztpraxen wiesen ein städtisches, 24% ein gemischt städtisch-ländliches und 18% ein ländliches Einzugsgebiet auf (2% ohne Angabe). Der Anteil mehrsprachig aufwachsender Kinder wurde von 29% der Kinderärzte auf weniger als 10%, von 40% der Kinderärzte auf 10 – 30%, von 18% der Kinderärzte auf 30 – 50% und von 11% der Kinderärzte auf mehr als 50% geschätzt.
Untersuchungspraxis
    Zur Untersuchung deutschsprachiger Fähigkeiten im Alter von zwei Jahren nutzen 54% der Kinderärzte einen Fragebogen. Von den lediglich 54, die einkonkretes Verfahren angaben, verwenden 35,2% den Eltern-Sprachbeurteilungsbogen SBE-2-KT (v. Suchodoletz & Sachse 2012) 18,5% den Elternfragebogen für die Früherkennung von Risikokindern, ELFRA 2 (Grimm & Doil 2000) und 1,9% den Elternfragebogen zur Wortschatzentwicklung im frühen Kindesalter ELAN (Bockmann & Kiese-Himmel 2006). 9,3% verwenden einen selbst konstruierten Fragebogen und 18,5% die Untersuchungs- und Dokumentationsbögen nach Ute Kottmann.
    Des Weiteren gaben fast alle befragten Kinderärzte (90,5%) an, ein Testverfahren zur Beurteilung der sprachlichen Kompetenzen im Deutschen, zumeist im Rahmen der U8 und U9, einzusetzen. Die Untersuchungs- und Dokumentationsbögen nach Ute Kottmann wurden an dieser Stelle von 22,1% erneut angegeben, 11,1% nutzen den SSV, 6,1% das Verfahren von Grünthal, 5,1% das Verfahren von Möhring, 2% den SETK-2 (Grimm 2000), 8,1% die Basisdiagnostik umschriebener Entwicklungsstörungen im Vorschulalter, BUEVA (Esser 2002) und ebenfalls 8,1% die Denver-Entwicklungsskalen (Flehmig et al. 1973). Von 10,1% der Kinderärzte werden eigene Bilder als Testmaterial verwendet, 10,8% führen ein Gespräch mit dem Kind, 2,2% verwenden den Mottier-Test (Mottier 1951 in: Züricher Lesetest 2000) und 2,1% beobachten das Kind. Weitere Testverfahren wurden nur einmalig genannt. Zudem gaben 92,7% an ein Gespräch mit den Eltern zu führen.
    Im Fall von mehrsprachigen Kindern, die noch kein Deutsch sprechen, eruieren die meisten Kinderärzte die notwendigen Informationen über die Familie. Insgesamt gaben 77,3% an, eine Familienanamnese durchzuführen. 12,9% ziehen einen Dolmetscher hinzu (meist eine Arzthelferin, die die entsprechende Fremdsprache beherrscht) und 1,5% überweisen die Kinder an einen mehrsprachigen Kollegen. Beobachtet werden die Kinder von 3% der Ärzte und 5,3% gaben an, dass eine Untersuchung in diesem Fall nicht möglich sei.
    Zur Begutachtung der diagnostischen Grenze von 50 Wörtern für die Diagnose einer sprachlichen Auffälligkeit bzw. Sprachentwicklungsverzögerung im Alter von zwei Jahren gaben 89,1% der Kinderärzte an, die sprachliche Performanz in beiden Sprachen zu betrachten, d. h. sie summieren die Wörter aus beiden Sprachen. 10,8% betrachten lediglich die sprachliche Performanz im Deutschen.
    52,3% der beteiligten Kinderärzte gaben an, dass sie bei mehrsprachig aufwachsenden Kindern vermehrt Sprachstörungen beobachten.
Verordnungspraxis
    Im Mittel gaben die beteiligten Kinderärzte an, mit 3;9 Jahren (SD 0.7) Sprachtherapie zu verordnen, unabhängig davon, ob das Kind ein- oder mehrsprachig aufwächst. Etwa 60% gaben an, eine Sprachtherapie im Alter von 4;0 – 4;5 Jahren zu initiieren. 13,9% der befragten Kinderärzte empfehlen bei einer Sprachentwicklungsverzögerung im Alter von zwei Jahren die Teilnahme am Heidelberger Elterntraining zur frühen Sprachförderung (Buschmann 2011).
Beratungspraxis
    Die Mehrheit (88,2%) der befragten Kinderärzte gab an, die Eltern bereits routinemäßig im Rahmen der Vorsorgeuntersuchungen zum Umgang mit der Mehrsprachigkeit zu beraten.

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