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Sprechende Maenner

Sprechende Maenner

Titel: Sprechende Maenner Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maxim Leo , Jochen-Martin Gutsch
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scheitere. Vielleicht verbringen wir eine Nacht miteinan der, was alles noch schlimmer macht. Am nächsten Morgen ist die Stimmung vergiftet, die ganze Freundschaft. Ich habe das ein paarmal gemacht, aber der Preis ist zu hoch.
    Ein Freund, auch Single, sagt manchmal: »Ich möchte eigentlich nur eine Nacht lang meinen Kopf auf den nackten Bauch einer Frau legen. Und dann stehe ich am Morgen auf und lebe mein Leben weiter.« Ich kann ihn verstehen. Sehr gut verstehen. Es müsste Frauenbäuche zum Mieten geben.
    Ich wollte irgendwann keine Vorbeziehungsfreundin mehr anrufen. Also ging ich ins Internet. Es war ein Versuch. Ohne große Erwartungen. Vielleicht dachte ich, das Internet wäre eine Vereinfachungsmaschine. Und das stimmt auch. Man nähert sich dort aber nicht schneller, Maxim. Eher langsamer. In einem Club schafft man, wenn es gut läuft, ein Gespräch, ein paar Drinks und Sex noch in der gleichen Nacht. Innerhalb weniger Stunden.
    So gesehen, ist das Internet ein langsames Kennenlernmedium. Und ohne Musik. Ohne Alkohol. Man ist dort völlig nüchtern, ja, leider.
    re:
    Wie lange dauert so ein Anfall? Ist er womöglich schon wieder vorbei, bevor sich im Netz was ergibt?
    aw:
    Ich weiß ja nicht mal, warum es überhaupt zu diesen Anfällen kommt. Ist es Sehnsucht? Hat man einfach so Sehnsucht, wie man Bauchschmerzen hat oder Herpespickel? »Sehnsucht nach …«, so heißt es doch immer.
    Aber wonach habe ich Sehnsucht?
    Mir geht’s gut. Mir fehlt nichts. Ich habe keine große Sehnsucht danach, mich zu verlieben. Nicht das ich wüsste.
    Verlieben ist, wenn man es genau betrachtet, furchtbar anstrengend. Keine besonders erfreuliche Erfahrung, wenn du mich fragst. Unruhe, Schlaflosigkeit, Unsicherheit, ich werde ungeschickt, dazu die Schwer mut, wenn die Liebe nicht erwidert wird, und die debile Glückseligkeit, wenn die Liebe erwidert wird. Und diese riesige, bedrückende Frage: Was wird jetzt aus uns?
    Ich schätze, die Liebe ist gut für Menschen, die nicht gut allein sein können. Denen ein spannender Job, Freunde, Bars, Ich-Zeit und das berauschende Gefühl, jederzeit irgendwohin gehen zu können, irgend wohin auf der Welt, plötzlich nicht mehr reichen.
    Ich kann sehr gut allein sein. Ich schätze, ich kann überhaupt nichts so gut wie allein sein. Verlieben hieße also, ich gebe das einzige Talent auf, das ich wirklich besitze.
    Trotzdem gehe ich ins Internet. Das ist irre, verstehst du? Ich bewege mich wie von Zauberhand, obwohl ich glaube, dass Bewegungslosigkeit auf dem Gebiet der Liebe für mich der glücklichere Zustand ist.
    re:
    Wie viele Internetfrauen hast du eigentlich schon getroffen?
    aw:
    In den Flirthinweisen der Homepage steht: »Stellen Sie jeden Tag zwei Kontaktanfragen«. Habe ich aber nicht gemacht. Innerhalb eines Jahres habe ich vielleicht 30, 40, 50 Frauen angeschrieben. Getroffen habe ich zehn. Oder zwölf. Ich schätze, das schaffen andere Männer in einem Monat. Von meinen Frauen waren zwei Sängerinnen, zwei Schauspielerinnen, eine war Regisseurin, eine Psychologin, eine Übersetzerin, und den Rest habe ich vergessen. Ein zweites Mal getroffen habe ich zwei. Geschlafen habe ich mit einer.
    Das ist die Bilanz in Zahlen, 2010.
    re:
    Viel Umsatz, wenig Gewinn, verstehe. Hast du die falschen Frauen angelockt?
    Was hast du über dich geschrieben im Netz? Was stand in deinem »Profil«?
    aw:
    Ich schrieb, dass ich ein Bergwerk in Chile besitze, Kaffeeplantagen in Uganda, vier Seilbahnen in der Nordsee, acht Autos aus zehn Jahrhunderten, einen Dinosaurierpark, ein Bügelbrett und drei selbst ge zogene Jungfrauenzähne in einem goldenen Schächtelchen unter meinem Bett. Ich dachte: Das ist lustig und bietet Anknüpfungspunkte für Gespräche. Aber dann stellten mir Frauen erstaunlich ernste Fragen zu der Kaffeeplantage in Uganda. Ob das Fair-Trade-Kaffee ist, den ich da anbaue. Und eine Frau schrieb bestimmt sechs Mails und erkundigte sich nach den genauen Dinosaurierspezies in meinem Park.
    Da wusste ich: Ironie wird oft missverstanden.
    re:
    Aber nicht von der 1,70-Frau, nehme ich an. Ironieprüfung be standen?
    aw:
    Problemlos. Sie hieß »Tropicalista«. Das war ihr Nickname. Sie fiel mir auf, weil sie schwarze Haare hatte, ein ernstes Gesicht und unter »Mein schönstes Körperteil« angab: meine Füße.
    Das Bild war etwas verhuscht, aufgenommen mit der

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