Sprechende Maenner
ein Flash ist, Maxim â der Flash ist ein Kommunikationsmittel ohne viel Kommunikation. Man kann eine Frau »anflashen«, ihr also einen Liebesblitz schicken und ihr dadurch sagen ⦠tja, was eigentlich? »Hey, du bist interessant, aber ich weià nicht, was ich schreiben soll, also schreib du mir doch mal was â¦Â«
Der Flash ist für die ganz Schüchternen oder die völlig Uninspirierten oder die Massenversender, die jeden Tag 30 Frauen kontaktieren, sie fischen mit Dynamit, nicht mit der Angel.
Den Flash muss man meiden, das sagte mir mein Gefühl. Später habe ich trotzdem manchmal geflasht, aus Faulheit oder weil ich sehen wollte, ob man auf diese Weise wirklich eine Frau aus Malaysia erreichen kann. Das hat mich interessiert, fasziniert auch. Frauen aus der ganzen Welt stehen dir ja offen, Maxim. Man kann sich auf Deutschland beschränken oder Osteuropa mit einbauen oder die Commonwealth-Staaten oder Afghanistan oder Kirgistan, wenn man es exotisch mag. Es gibt keine Beschränkungen mehr. Man stöbert in einem riesigen Frauensupermarkt. Mich haben schon Frauen angeschrieben auf Russisch, Spanisch, Französisch oder in einem wundersamen, samtigen Deutsch, das so klang, als hätte es eine verzauberte Ãbersetzungsmaschine ausgespuckt. Hier mal ein echtes Beispiel: »Ich mag Reisen, damit ich alle sein, wo jeder so lange wie Sie eine echte Mensch Uhr geöffnet. Ich bin nicht über die Oberseite mit meiner Religion. Ich habe meine Prioritäten an den richtigen Stellen.« Schön, oder?
Weil es keinerlei Beschränkungen in der Suche gibt, weil der Frauensupermarkt so riesig ist und 24 Stunden geöffnet hat, weil du die Regalreihen nie ablaufen kannst, deswegen kann dich dieses Angebot auch wahnsinnig machen oder süchtig und immer weitertreiben, zur nächsten Frau, noch schöneren Frau, noch besondereren Frau.
Deshalb blieb ich in Berlin. Deshalb fischte ich mit der Angel.
Ãhnlich wie »drauÃen« gilt im Internet weitgehend die Regel: Die Männer sprechen die Frauen an. Die Männer müssen sich bemühen, die Frauen müssen sich entscheiden. Aber was schreibt man einer Frau, die man nicht kennt, die man nicht mal sieht, die nicht viel mehr als ein Phantom ist, ein Internetprofil?
Ich habe mein Leben lang eigentlich nie gewusst, wie ich eine Frau gelungen anspreche. Ich fühlte mich oft hölzern. Im Internet bekommt man vielleicht einen Korb, aber nicht so direkt. Man schreibt und bekommt keine Antwort. Das ist der Korb. Aber selbst dann kann man sich noch einreden: Die Frau ist im Urlaub. Entführt. Tot. Oder hat meine Mail aufgrund eines technischen Fehlers leider nie bekommen.
re:
Lieber Jochen, was für eine wunderbare Welt, in der es Frauen gibt, die sagen: »Ich habe meine Prioritäten an den richtigen Stellen.« Dieser Frauensupermarkt kommt mir vor wie ein radikales Gesellschaftsprojekt, in dem man versucht, ohne jegliche Romantik und Verstellung zu leben.
In der richtigen Welt musst du, Jochen, in Bars oder Clubs gehen, wo du eventuell auf paarungswillige Weibchen stöÃt. Du musst balzen, charmieren. Und wenn du Glück hast, nimmt dich eines der Weibchen mit nach Hause.
Im Internet hast du Fotos, Lebenslauf, Profilbeschreibung. Du sparst Zeit, du machst keine Umwege. Wahrscheinlich gehst du ja deshalb ins Internet, oder?
Aber wenn ich das richtig verstehe, überspringst du auch diese allererste Phase, die mit dem richtigen Satz und dem richtigen Blick. Die Phase, in der dir das Herz bis zum Hals schlägt und deine Beine weich wie Götterspeise sind. Ist das nicht schade? Entschuldige, wenn ich das frage, vielleicht ist dieses romantische Drumherum ja längst veraltet.
Ich stelle es mir seltsam vor, eine Frau zu treffen, die mich vorher im Netz abgecheckt hat. Die sich mein Foto angesehen hat, meine Profilbeschreibung gelesen hat, die mich womöglich gegoogelt hat. Du triffst also jemanden, den du nie gesehen hast, von dem du aber genug weiÃt, um ein Treffen für aussichtsreich zu halten. Ihr beide wisst, dass ihr auf der Suche seid, ihr habt euch eure Chancen ausgerechnet. Aber fehlt da nicht so ein bisschen der Zauber des Anfangs? Der schicksalhafte Gründungsmythos?
Ich stelle mir sogar vor, du bekommst mit dieser Frau ein Kind, und das fragt dich irgendwann: »Dad, wie hast du Mama kennengelernt?«
Und du wirst sagen, es gab damals eine Werbeaktion im Fernsehen für
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