Sprechende Maenner
Laptopkame ra, sie schaute irgendwo ins Nichts, an der Kameralinse vorbei. In ih rem Profiltext stand: »Wo sind die Männer, die noch um eine Frau kämpfen?« Oder so ähnlich. Ich schrieb ihr wegen der schwarzen Haare und der schönen FüÃe. Weniger wegen des Kampfes. Ich frag te in der ersten Mail, warum sie »Tropicalista« hieÃ, und stellte die etwas langweilige Vermutung an, dass sie wohl aus den Tropen stamme, ich aber gar nicht genau wüsste, wo die Tropen liegen. (WeiÃt du, wo die Tropen liegen, Maxim? In Afrika? Südamerika? In der Karibik?)
Ich schrieb, dass ich um eine Frau nicht kämpfe, aber jeden Kerl abknalle, auch feige von hinten, der sich meiner Frau nähert. Ob das reiche?
Sie schrieb zurück, sie wüsste auch nicht genau, wo die Tropen liegen. Und sie komme aus Hannover. Und Abknallen sei nicht schön, aber okay.
Das waren unsere ersten Mails. Nichts Besonderes. Keinerlei Hinweise auf irgendetwas Besonderes. Na ja, so fangen diese Geschichten an.
re:
Hast du die 1,70-Frau schon getroffen?
aw:
Nein. Aber bald.
re:
Aufgeregt? GroÃe Erwartungen?
aw:
Lieber Maxim, treffe ich eine Internetfrau, habe ich natürlich ein Bild im Kopf. Die Fotos aus dem Internet plus zwanzig Prozent Hoffnung.
Ansonsten denke ich nicht viel. Oder erwarte viel. Ich hoffe, dass es möglichst angenehme zwei Stunden werden. Es gibt ja zwei Grundszenarios: Ich sehe die Frau zum ersten Mal live, wir geben uns die Hand, und in diesem Moment weià ich schon: attraktiv oder nicht attraktiv. Rein äuÃerlich.
Im Fall von »nicht attraktiv« wäre es aufrichtig zu sagen: »Ich weiÃ, dass du extra hierhergekommen bist, und wir wollten uns jetzt kennenlernen, aber ich finde dich leider überhaupt nicht attraktiv, und egal, was du sagst, daran wird sich auch nichts ändern. Deshalb verabschiede ich mich gleich wieder und wünsche dir einen schönen Tag. Tschüss.«
Diese Art Aufrichtigkeit wird gesellschaftlich leider als unhöflich angesehen. Deshalb rede ich mit der Frau, aufmerksam und charmant. Zwei Stunden lang. Das ist eine höfliche Zeit.
re:
Und im Fall von »attraktiv«?
aw:
Dann beginnt ein ganz anderes Spiel, Maxim. Ich warte darauf, dass etwas passiert. Bei mir, mit mir, in mir. Bei gleichzeitiger vollkommener Erwartungslosigkeit. Das ist das Schwierige. Der Hochseilakt. Ich hoffe auf ein plötzlich eintretendes Ereignis, so wie es plötzlich anfängt zu regnen, so wie man plötzlich Appetit auf 200 Gramm Cervelatwurst bekommt, und ich hätte auch nichts einzuwenden gegen Ãbelkeit vor Aufregung oder eine klitzekleine Erektion, während ich der Frau in die Augen schaue. Mir wäre alles recht, was mit Verliebtheit im allerallerweitesten Sinne zu tun hat.
Ich muss das wahrscheinlich etwas definieren, um dich nicht in die Irre zu führen, Maxim. Verliebtheit bedeutet in dieser Phase für mich: Sie sieht gut aus. Sie erzählt keinen Unsinn. Sie ist nicht verschüchtert. Sie ist, im begrenzten fraulichen MaÃstab, humorvoll. Ich kann mir vorstellen, nicht nur zwei Stunden, sondern auch vier Stunden mit ihr zu reden. DAS meine ich mit Verliebtheit. So eine ganz kleine, amöbengroÃe Urform von Verliebtheit.
Ein Freund von mir sagt: Man dürfe sich zunächst überhaupt nur eine einzige Frage stellen. Will ich mit ihr schlafen? Die zweite Frage, die man sich dann stellen darf, die Folgefrage, lautet: Will ich vielleicht NOCH MAL mit ihr schlafen? Das trifft es erstaunlicherweise ganz gut. Es ist eine Basis. Soweit man nicht jemand ist, der mit jeder Frau schlafen kann.
Tag 22
An dem es um den Unterschied zwischen einer Ehe und einer Männerbeziehung Ohne Internen Geschlechtsverkehr (MOIG) geht
Lieber Jochen, ich reparierte gestern Abend das Fahrrad von Catherine. Also, ich schob die Kette wieder auf den Zahnkranz. Aber das reichte für ein Lob. Für den Satz: »Du bist mein starker Monteur« (musst du dir mit französischen Akzent vorstellen). Sogar für Belohnungssex.
Du siehst, es ist so einfach, an Sex zu kommen!
aw:
Das freut mich.
re:
Was hast du gemacht gestern Abend?
aw:
Ich war mit den Ladys unterwegs.
re:
Gab es Sex mit den Ladys? Oder einer Lady?
aw:
Die Ladys sind männlich.
re:
Jochen, gibt es etwas, was du mir sagen willst?
aw:
Die Ladys sind die MOIG -Jungs.
re:
Ich verstehe kein Wort.
aw:
Ich habe drei Freunde, mit denen ich oft zusammen bin.
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