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Sprechende Maenner

Sprechende Maenner

Titel: Sprechende Maenner Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maxim Leo , Jochen-Martin Gutsch
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den Jungs, da kann keine Frau mithalten.«
    Ich habe ihn gefragt, warum er überhaupt wegwill. Er sagte, es sei die Angst, eines Tages ein wunderlicher, alter Mann zu sein, der sich nie auf eine Frau eingelassen hat. Ich weiß, das klingt, als hätte ich mir das ausgedacht. Aber jedes Wort davon ist wahr! Beim Taufwasser meiner Kinder.
    Ich stand mit meiner Freundin Janine an der Bar, und sie erzählte mir von ihrer letzten Beziehung, die gerade zerbrochen ist. Seit ich Janine kenne, zerbrechen ihre Beziehungen. Sie steht auf Typen, die Probleme damit haben, Entscheidungen zu treffen, die sich viele Fragen stellen und auch so eine klitzekleine Bindungsangst mit sich herumtragen.
    Janine erinnerte mich an ein altes Versprechen, das wir uns gaben, als wir neunzehn waren. »Wir wollten mit 28 heiraten, falls wir bis dahin niemanden gefunden haben. Erinnerst du dich?«
    Ich hatte das vergessen, aber jetzt fiel es mir wieder ein. Wir meinten das damals ziemlich ernst. Wir fühlten uns wohl zusammen, ohne ineinander verliebt zu sein. Vielleicht ist das keine schlechte Ausgangssituation für eine Ehe. Es klingt so ähnlich wie deine Definition der Liebe. Die Freundschaft zu einer Frau inklusive Sex. Genau so war es mit Janine.
    Jetzt standen wir in dieser seltsamen Bar-Wohnung, mehr als doppelt so alt wie damals. Ich zeigte Janine ein paar Handyfotos von Catherine und den Kindern. Janine sagte, sie hätte auch gerne Kinder gehabt. Und plötzlich spürte ich die Zeit, die vergangen ist. Die Zeit, die zwischen einem jugendlichen Versprechen und einem erwachsenen Leben liegen kann.
    Was wäre geschehen, wenn ich Catherine nicht getroffen hätte? Weißt du, dass ich mir diese Frage erstaunlich selten stelle? Es mag an der Beunruhigung liegen, die in dieser Frage steckt. Nichts von dem, was mir heute so selbstverständlich und vertraut, ja schicksalhaft erscheint, war vorgegeben. Es war eine Kette von Zufällen, die mich zu dem gemacht hat, was ich heute bin. Diese Erkenntnis ist so banal und zugleich so faszinierend. Ich war übrigens 28, als ich Catherine geheiratet habe. Noch so ein Zufall.
    aw:
    Lieber Maxim, hättest du nicht beim Taufwasser deiner Kinder geschworen, ich würde sagen: Die WG -Geschichte ist ausgedacht. Oder du hast alles geträumt, nachts, während deine Frau nackt im Kloster saß.
    Ich kenne solche WGs nicht. Aber eines ist interessant: Der WG -Typ, mit dem du sprachst, sagte zur Begründung, warum er bald ausziehen will, nicht: »Die Jungs nerven. Es ist öde. Das Zusammenleben die Hölle.« Er sagte: »Es ist so schön hier mit den Jungs, da kann keine Frau mithalten.«
    Trotzdem wählt er lieber die ungewisse Wohnsituation mit einer Frau, die er erst noch kennenlernen muss, statt in der Männer- WG zu bleiben. Weil er »kein wunderlicher, alter Mann« werden will.
    Ist das nicht seltsam? Würde jemand aus der ehelichen Wohnung ausziehen mit dem Argument, er wolle kein wunderlicher, alter Mann werden?
    Es gibt haufenweise wunderliche, alte Ehemänner. Du bist auch einer, Maxim. Von euch gibt es allerdings so viele, ihr bildet die Männermehrheit. So fallt ihr niemandem auf.
    re:
    Lieber Jochen, der Wunsch nach Beziehung und Familie steckt in fast jedem Mann.
    aw:
    Lieber Maxim, der Wunsch nach Konsens steckt in fast jedem Mann. Also so zu leben wie die meisten. Der WG -Typ hat in erster Linie keinen Frauen- oder Familienwunsch, er hat einen Konsenswunsch.
    Ich kenne das auch. Ich habe dir von meinen Anfällen erzählt, die Tage, an denen ich aufwache und Panik fühle. Ich liege in meinem Bett und denke: 39. Fast 40. Ich muss eine Frau kennenlernen! Ich muss ein Kind zeugen! Ich denke: Wenn ich in den nächsten Wochen eine Frau kennenlerne, bin ich 41, bis die Beziehung stabil ist, 42, bis wir zusammenziehen, 43, bis ich Vater werde.
    Mein Konsenswunsch kommt und geht. Nach ein, zwei Wochen wa che ich eines Morgens auf, mache mir einen Earl-Grey-Tee, setze mich auf den Balkon und vermisse niemanden, der neben mir dort sitzt.
    Vor einiger Zeit dachte ich mit den MOIG -Jungs darüber nach, ein Haus zu kaufen oder Wohnungen zu mieten im gleichen Haus. Der Gedanke gefiel uns. Jeder wäre für sich allein, und gleichzeitig wären wir immer zusammen. Die Sache zerschlug sich dann, wir kümmerten uns nicht wirklich. Ich schätze, es ging uns nicht anders als dem Typen aus der Männer- WG . Wir hatten das

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