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Spring in den Himmel

Spring in den Himmel

Titel: Spring in den Himmel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lotte Kinskofer
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war wirklich toll von dir«, lobte auch Jamina. Ihre Mutter hatte gar nicht reagiert, vermutlich nicht zugehört. In Gedanken organisierte sie wohl schon den kommendenTag. Sie war wirklich erschöpft. Jamina konnte sich noch erinnern an eine Zeit, als ihre Mutter viel lachte, sich gerne bunt kleidete, regelmäßig zum Friseur ging, sich schminkte, verliebt mit ihrem Mann abends ausging, nachdem sie einen Babysitter organisiert hatte. Aber nun wirkte sie, als habe man aus dem Bild die Farbe rausgedreht. Nicht schwarz-weiß, sondern grau. Grau und müde.
    Die Story von der glücklichen Familie – gib sie mir.
    An diesen Satz von Yoyo dachte Jamina, als sie im Bett lag. Sie konnte nicht schlafen. Natürlich waren sie eine glückliche Familie, aber der Alltag hatte sie alle farblos gemacht, nicht nur ihre Mutter.
    Es war schon nach Mitternacht, als sie den Schlüssel im Schloss hörte. Ihr Vater kam heim. Er ging in die Küche, begann zu sprechen. Offenbar war ihre Mutter noch wach und machte Hausarbeit. Selten saß sie still oder tat etwas für sich. Er würde sich zu ihr setzen, wahrscheinlich erzählten sie sich die Ereignisse des Tages. Auch wenn sie im selben Pflegeheim angestellt waren, hatten sie sich heute kaum gesehen, da seine Schicht als Altenpfleger erst anfing, nachdem sie schon ihren Schreibtisch in der Verwaltung aufgeräumt hatte.
    Was hatten sie sich noch zu sagen? Sahen sie manchmal im anderen das, was er einmal gewesen war? Damals, in Paris?
    Jamina stand auf und ging in Richtung Küche. Die Mutter bügelte, der Vater saß bei ihr und trank ein Glas Tee. Dazu aß er ein Stück Brot. Sie redeten gerade überdie neue Leitung des Pflegeheims, über den Arbeitstag. Beide sahen überrascht zu Jamina, die im Türrahmen stehen geblieben war.
    »Du solltest längst schlafen«, sagte die Mutter.
    »Ich habe noch Durst.«
    Jamina ging zum Kühlschrank, holte sich Wasser heraus.
    Die Eltern schwiegen, aber es war ein warmes Schweigen, als müssten sie nicht viele Worte machen, sondern verstünden sich auch so. Zumindest kam es Jamina in diesem Moment so vor.
    »Wie habt ihr euch eigentlich kennengelernt?«
    »Wieso fragst du danach?« Die Mutter klang erstaunt.
    Jamina wollte jetzt nicht von Yoyo erzählen. »Weil's mich interessiert«, sagte sie ausweichend.
    Die Eltern sahen sich an. Der Vater lächelte, die Augen der Mutter wurden für einen Moment heller.
    »Sabine war mit einer Freundin in Paris, als Touristin«, erzählte der Vater. »Ich kam gerade aus der Uni und hab mich in ein Café gesetzt, da hörte ich die beiden mit dem Kellner streiten.«
    Seine dunklen Augen blickten melancholisch, auch wenn er lächelte, so wie jetzt. Er sprach langsam, setzte die Worte behutsam, der Akzent klang ein bisschen exotisch und ein bisschen nach Frankreich.
    Die Mutter unterbrach ihn nicht. Sie hörte zu, den Blick in die Ferne gerichtet, als wäre dort das Leben schöner.
    »Ich habe dann meine Hilfe als Dolmetscher angeboten.«
    »Ich konnte gut Französisch, aber der Kellner wollte uns nicht verstehen.« Die Mutter steckte das Bügeleisen aus und faltete die letzten Wäschestücke. Der Vater stand auf, mit bedächtigen Bewegungen ging er durch die Küche, holte Tee, schenkte sein Glas wieder voll. Jamina mochte diese Langsamkeit, nie war ihr Vater hektisch, nie in Eile. Oft dachte er einige Zeit nach, bevor er eine Antwort gab. Selten kam ein unüberlegtes Wort über seine Lippen.
    »Dann sind wir zu dritt in ein hübsches Restaurant essen gegangen«, sagte der Vater, ohne auf den Einwand der Mutter einzugehen.
    »Und wann hat es gefunkt?«, fragte Jamina nach.
    Es fiel ihr nicht leicht, das zu fragen. Es erschien ihr ein bisschen zu privat, die Eltern erzählten selten von der Zeit, bevor sie eine Familie waren. Aber selbst wenn sie jetzt oft so müde, so aufgebraucht von ihrem Alltag aussahen … Yoyo hatte recht: Hinter der Ehe ihrer Eltern musste doch eine große Liebesgeschichte stecken!
    »Bei mir hat es gleich …« Der Vater überlegte, das deutsche Wort ›gefunkt‹ gefiel ihm offenbar nicht, ein anderes fand er nicht. »Ich war fasziniert.«
    »Von Marlene.«
    »Nein, von dir, Sabine.«
    »Das sagst du nur, weil du bei Marlene nicht landen konntest.«
    »Unsinn, ich hatte von Anfang an nur Augen für dich.«
    Ein skeptischer Blick der Mutter. Der Vater setzte nach.
    »Wäre ich sonst wegen dir nach Deutschland gekommen?«
    »Vielleicht wäre es besser gewesen, du hättest erst deinen Abschluss an der

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