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Spritzenmäßig: Kurioses, Krasses und Komisches aus der Notaufnahme

Spritzenmäßig: Kurioses, Krasses und Komisches aus der Notaufnahme

Titel: Spritzenmäßig: Kurioses, Krasses und Komisches aus der Notaufnahme Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anna Tarneke
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die Beschreibung »kleines Männchen« für einen erwachsenen Mann eigentlich nicht. Aber was soll ich sagen? Auf unseren Chefarzt Professor Dr. S. trifft sie nun mal voll und ganz zu. Er ist keine 1,70 Meter groß und wiegt schätzungsweise 60 Kilo, Tendenz nach unten.
    Diese äußeren Merkmale haben ihn keineswegs daran gehindert, eine beeindruckende Karriere hinzulegen. Ohne Frage zählt er zu den Besten auf seinem Gebiet.
    Professor Dr. S. hat in den USA studiert und promoviert, mit Auszeichnung wohlgemerkt. Dann hat er das schönste Mädchen des Campus geheiratet und ist mit seiner amerikanischen Frau nach Deutschland gezogen. Nicht nur wegen der Familie seiner Frau reist das Paar bis heute regelmäßig in die Staaten, sondern auch weil Professor S. einer der größten Amerikafans ist, die man sich vorstellen kann. Das fängt bei den Keksen an, die er mit in die Klinik bringt, und endet bei seinen Ansichten zur Nahostkrise.
    Außerdem gibt es keine medizinische Entwicklung auf dem US -Markt, die ihm verborgen bleibt. Er verschlingt jede amerikanische Studie und ist von dem Fortschritt der US -Forschung überzeugter, als es jeder in den USA geborene Mediziner je wäre.
    Und das konnte ab und an durchaus etwas absurde Züge annehmen. Beispielsweise an dem Tag, als Professor S. eine Studie über intramuskuläre Spritzen gelesen hatte.
    Alle Spritzen, die wir intramuskulär geben müssen, setzen wir in den Gesäßmuskel. So haben wir es zumindest jahrelang gemacht, bis unser amerika-affiner Chefarzt eines Morgens aufgeregt zu uns ins Schwesternzimmer stürmte und eine große Besprechung anberaumte.
    Â»Ich möchte alle Schwestern und Pfleger im Besprechungsraum sehen! Jedenfalls alle, die gerade frei sind – sofort!«
    Wenig später saßen wir vor mehreren Tellern köstlicher Cookies, die er von seinem letzten New-York-Trip mitgebracht hatte. Doch deshalb hatte er uns natürlich nicht herbestellt.
    Â»Es wird ab heute eine Änderung geben«, sagte er und hielt einen Zettel hoch. »Neuste amerikanische Studien haben ergeben …«
    Ein dezentes Raunen ging durch den Raum. Schon wieder eine neue US -Studie!
    Â»â€¦ dass intramuskuläre Injektionen in den Gesäßmuskel zu schweren, zum Teil lebensbedrohlichen Infektionen führen können!«
    Wie bitte? Das überraschte mich. Intramuskuläre Spritzen gehören zu unserer täglichen Arbeit. Es kam nur äußerst selten vor, dass solche Injektionen Infektionen zur Folge hatten. Und schon gar keine lebensgefährlichen.
    Â»Wie kann das sein?«, fragte ich daher verblüfft. »Ich kann mich kaum erinnern, wann so etwas das letzte Mal passiert ist!«
    Â»Tja, Schwester Anna, die Zeiten ändern sich nun mal. Leider. Der Grund dieser Infektionen existierte vor zehn Jahren noch nicht.«
    Nun war ich gespannt.
    Â»Man hat herausgefunden, dass die Injektionen gar nicht in dem Gesäßmuskel der Patienten ankommen«, erläuterte mein Chef. »Kurz gesagt, die Spritzen sind zu kurz, um den Muskel zu erreichen. Durch die wachsende Zahl der adipösen Patienten ist das zu einem immer größeren Problem geworden.«
    Mit anderen Worten: Die Hinterteile der amerikanischen Patienten waren zu fett, die Spritzen kamen nicht mehr durch, und die Medikation landete im Fettgewebe. Das konnte in der Tat zu schweren Infektionen führen, denn Fettgewebe ist weniger gut durchblutet als Muskelgewebe – daher müssen die Spritzen in den Muskel. Gut durchblutetes Gewebe nimmt das Medikament einfach schneller auf. Im Fettgewebe kann es durch die Injektion stattdessen zu einer innerlichen Druckstelle kommen, die zur Nekrose führen und dadurch letzten Endes zu einer schweren Infektion führen kann.
    Â»Daher empfehlen die Herausgeber der Studie, die Spritzen von nun an nur noch in den Oberarm zu geben«, fuhr mein Chef fort. »Da kann der Muskel noch ohne Probleme erreicht werden. Und das werden wir von nun an ebenso handhaben. Die Deutschen werden schließlich auch immer fetter.«
    Mit diesen Worten verabschiedete sich mein Chef.
    Wir Schwestern und Pfleger sahen ihm ratlos hinterher. Ja, es stimmte, dass wir Deutschen immer dicker werden – aber gleich so dick, dass die Spritzen nicht mehr länger die Gesäßmuskeln erreichen?
    Auch wenn der Body-Mass-Index – ein Indikator zur Festlegung von Übergewicht – in den USA

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