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Spritzenmäßig: Kurioses, Krasses und Komisches aus der Notaufnahme

Spritzenmäßig: Kurioses, Krasses und Komisches aus der Notaufnahme

Titel: Spritzenmäßig: Kurioses, Krasses und Komisches aus der Notaufnahme Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anna Tarneke
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schneeweiß im Gesicht, hatte weit aufgerissene Augen und zitterte am ganzen Leib. Seine Frau Ursel und seine 18-jährige Tochter Nina begleiteten ihn, beiden stand die Angst ins Gesicht geschrieben.
    Â»Verdacht auf Herzinfarkt!«, sagte Frank, als er ihn in den Behandlungsraum schob, und sofort begannen wir mit allen Untersuchungen, die man in so einem Fall machen musste.
    Der Zustand von Herrn W. gab wahrlich Anlass zur Sorge. Tatsächlich hatte der Mann einen rasend schnellen Puls, einen Infarkt konnten wir nach einer Weile aber zum Glück ausschließen.
    Â»Mir ist so schwindelig«, klagte Herr W. »Und schlecht ist mir auch … oh Gott, ich muss sterben.« Ich holte Mutter und Tochter herein, um ihn zu beruhigen. »Ursel … Nina … es geht zu Ende … es geht zu Ende …«
    Seiner Frau und seiner Tochter liefen die Tränen die Wangen herunter. Sie hielten Gerhard W.s Hand und weinten bitterlich.
    Â»Schatz, sie werden dich nicht sterben lassen … sie dürfen dich nicht sterben lassen … oh nein …«
    Â»Oh Papa …«
    Es zerriss mir fast das Herz, die kleine Familie so aufgelöst zu sehen, und ich hoffte inständig, dass wir das Leben des Sparkassenleiters retten konnten.
    Â»Seit wann geht es Ihnen so schlecht, Herr W.?«, fragte die Internistin Dr. Alma A., die inzwischen bei uns war.
    Â»Seit heute Nachmittag … ich kam aus der Bank … und plötzlich ging es los …«
    Â»Wissen Sie noch, was Sie gemacht haben, als die Beschwerden auftauchten?«
    Doch Gerhard W. war nicht mehr in der Lage, zu antworten.
    Â»Oh nein! Ein Erdbeben! Die Decke kommt runter! Die Wände stürzen ein! Aaaah!«
    Gerhard W. schrie wie am Spieß und hielt sich schützend die Hand vors Gesicht. Sein Herz raste nun bedenklich schnell, und wenn er bisher noch keinen Herzinfarkt hatte, konnte er ihn jetzt durchaus kriegen.
    Â»Ruhig, versuchen Sie, ganz ruhig zu bleiben«, sagte ich zu ihm.
    Â»Er halluziniert«, erklärte Dr. A. besorgt. »Er muss sofort ins CT . Wir müssen eine Hirnblutung ausschließen.«
    Ich nickte nur und bereitete alles für die Untersuchung im Computertomografen vor. Ursel und Nina W. weinten noch lauter.
    Â»Eine Hirnblutung? Hat er einen Schlaganfall?«
    Ich versuchte, sie zu beruhigen.
    Â»Das können wir jetzt noch nicht sagen. Für Halluzinationen gibt es viele Gründe. Eine Gehirnblutung ist nur eine mögliche Ursache, die wir aber natürlich unbedingt abklären müssen.«
    Die Frauen nickten weinend, und ich schlug ihnen vor, ein paar Minuten an die frische Luft zu gehen, solange wir Herrn W. im CT untersuchten. Zum Glück folgten die beiden meinem Rat.
    Denn als ich den Mann in die Röhre schob, flippte er vollkommen aus. Er war schweißgebadet.
    Â»Nein, ich will nicht in diesen Metallsarg! Wollt Ihr mich lebendig begraben? Ich bin noch nicht tot! Ich bin noch nicht tot!«
    Da wir noch nicht wussten, was dem Mann fehlte, konnten wir ihm nicht einfach ein Beruhigungsmittel spritzen. Also redete ich auf ihn ein, während er in den CT geschoben wurde.
    Â»Bleiben Sie ganz ruhig, Herr W. Es ist alles in Ordnung. Sie bekommen jetzt eine Computertomografie, und danach wissen wir, was Ihnen fehlt.«
    Leider stimmte das nicht.
    Nachdem Herr W. es geschafft hatte, einigermaßen ruhig die CT über sich ergehen zu lassen, hielt Alma A. die Bilder eines scheinbar gesunden Mannes in den Händen.
    Â»Das Gehirn ist völlig in Ordnung«, sagte sie nachdenklich. »Was hat der Mann denn bloß?«
    Wir suchten weiter, zogen die verschiedensten Fachärzte zu Rate und konnten eine Krankheit nach der anderen ausschließen. Er schien kein Virus zu haben, keinen bakteriellen Infekt, keinen Infarkt, keinen allergischen Schock, keine Lebensmittelvergiftung – es war völlig rätselhaft. Er hatte nach wie vor Herzrasen und Wahnvorstellungen. Außerdem klagte er jetzt über starken Durst.
    Â»Mein Mund … er ist ständig trocken, egal wie viel ich trinke …«
    Inzwischen war Herr W. seit sieben Stunden bei uns, und wir waren noch immer völlig ratlos.
    Während der unzähligen Untersuchungen, die wir an ihm vornahmen, ließen ihn seine Frau und seine Tochter kaum eine Sekunde alleine. Es war rührend zu sehen, wie sehr sie sich um ihn kümmerten und wie viele Sorgen sie sich um ihn machten.
    Langsam aber sicher waren

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