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Spritzenmäßig: Kurioses, Krasses und Komisches aus der Notaufnahme

Spritzenmäßig: Kurioses, Krasses und Komisches aus der Notaufnahme

Titel: Spritzenmäßig: Kurioses, Krasses und Komisches aus der Notaufnahme Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anna Tarneke
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um ihr die letzten Stunden zu erleichtern. So viel zum Thema abschließbarer Medikamentenschrank.
    Ich ermahnte Lea noch einmal nachdrücklich, in Zukunft die Finger von diesem Zeug zu lassen und schickte sie dann nach Hause.
    Zwei Wochen später wurde sie erneut mit dem Rettungswagen zu uns gebracht.
    Â»Bitte«, sagte sie mit zittriger Stimme. »Verschreiben Sie mir irgendetwas zur Beruhigung, dann bin ich auch sofort wieder weg.«
    Â»Schon wieder eine Klausur?«, fragte ich stirnrunzelnd. Sie nickte.
    Â»Ich schreib heute Englisch.«
    Â»Sag mal, du kannst doch nicht den Notarzt anrufen, nur weil du wegen einer Klassenarbeit aufgeregt bist!«
    Â»Mir geht es aber total schlecht! Da werde ich doch wohl einen Arzt rufen dürfen! Dafür sind Ärzte doch da!«
    Abgesehen von den unnötigen Kosten, die Lea mit jedem Anruf bei der Notrufzentrale verursachte, machte ich mir nun ernsthafte Sorgen um die Psyche des Mädchens. Mir war klar, dass ich jetzt kein Auge mehr zudrücken konnte, und somit rief ich bei dem Mädchen zu Hause an. Ihre Mutter war am Apparat.
    Â»Lea ist im Krankenhaus?«, rief sie ungläubig ins Telefon. »Aber die schreibt heute doch Englisch!«
    Â»Deswegen ist sie gekommen. Sie ist sehr aufgeregt und …«
    Â»Ja, dann geben Sie ihr doch was zur Beruhigung!«, unterbrach mich die Mutter.
    Für einen Moment war ich sprachlos.
    Â»Es wäre besser, wenn Sie hierherkommen und sie abholen würden«, meinte ich dann.
    Â»Nein! Sie muss doch zur Schule! Die Arbeit ist wichtig! Sie braucht einen guten Notendurchschnitt, sonst schafft sie ihr Abi nicht!«
    Â»Ich glaube, es gibt im Moment Wichtigeres als gute Noten.«
    Â»Ach, jetzt kommen Sie mir doch nicht mit diesem Psychogelaber! Lea muss zur Schule, und zwar schnellstens.«
    Da platzte mir der Kragen. Ich sagte der Frau ein paar deutliche Worte über Aufsichtspflicht, Verantwortung und labile Psyche, und tatsächlich tauchte sie eine halbe Stunde später im Krankenhaus auf.
    Ich versuchte, mit ihr über Lea zu sprechen, aber sie ließ mich kaum zu Wort kommen.
    Â»Ich glaube, Lea steht unter großem Druck und …«
    Â»Natürlich! Alle stehen unter Druck! Was glauben Sie, wie groß der Druck auf mich ist? Ich bin alleinerziehend und halte Lea und mich mit Putzjobs über Wasser. Wissen Sie, wie hart das Leben ist, wenn man keine richtige Ausbildung hat? Ich habe die Schule damals abgebrochen, weil ich mit siebzehn schwanger wurde. Ich habe keinen Abschluss, keine Ausbildung, nichts. Meine Tochter soll es einmal besser haben, sie soll Anwältin oder Ärztin werden, irgendeinen anständigen Beruf haben. Und dafür braucht sie nun mal gute Noten! Da ist es wohl nicht sooo tragisch, wenn sie mal was zur Beruhigung nimmt! Da müssen Sie doch nicht so einen Aufstand machen!«
    Dann packte sie ihre Tochter am Arm und zog sie aus der Notaufnahme.
    Â»Los, komm jetzt. Ich fahr dich direkt zur Schule. Dann schaffst du die Klausur noch.«
    Â»Aber ich bin so aufgeregt …«
    Â»Ich hab Baldriantabletten dabei.«
    Das waren die letzten Worte, die ich von den beiden hörte.
    Bedrückt schaute ich ihnen nach. Ich bekam großes Mitleid mit Lea. Ihre Mutter erinnerte mich an die Mütter von Eiskunstläuferinnen, die selbst nie eine Karriere auf dem Eis geschafft haben und nun alles dafür taten, damit die Tochter ihren verpassten Traum lebte.
    Es war offensichtlich, dass Leas Mutter von Ehrgeiz zerfressen war und derart viel Druck auf ihre Tochter ausübte, dass diese in ihrer Not keinen anderen Ausweg wusste, als den Notarzt zu alarmieren. Ich konnte nur hoffen, dass die Psyche des Mädchens das alles unbeschadet überstehen würde. Und ich war mir sicher, dass Lea ihrer Mutter eines Tages schlimme Vorwürfe machen wird.
    Verdient hatte es diese Frau allemal.
    ***
    Aber nicht nur Eltern muten ihren Kindern manchmal eine ganze Menge zu. Auch die umgekehrte Situation gibt es.
    Gerhard W. ist der Leiter der Sparkasse in unserem Viertel. Ich kenne ihn vom Sehen und mag den 55-jährigen Mann, der mit seinem Schnauzbart und seinen grau melierten Schläfen die vertrauenerweckende Seriosität ausstrahlt, wie man sie sich von einem Bankangestellten wünscht. Vielleicht ein bisschen spießig und konservativ, aber sehr sympathisch.
    Umso erschrockener war ich, als er vom Notarztwagen zu uns gebracht wurde.
    Er war

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