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Spritzenmäßig: Kurioses, Krasses und Komisches aus der Notaufnahme

Spritzenmäßig: Kurioses, Krasses und Komisches aus der Notaufnahme

Titel: Spritzenmäßig: Kurioses, Krasses und Komisches aus der Notaufnahme Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anna Tarneke
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Antwort und hing erst mal für fünf Minuten in der Warteschleife. Nachdem ich kurz mit einer Schwester gesprochen hatte, die ebenfalls nicht für Franz W. zuständig war, landete ich nach einigem Hin und Her wieder bei der Pflegeleitung. Die erklärte mir dann, dass sie sich schlaumachen und in ein paar Minuten zurückrufen würde.
    Zwei Stunden später rief sie tatsächlich an.
    Â»Herr W. leidet unter fortschreitender Demenz«, teilte mir die Frau am Telefon mit.
    Â»Ich weiß. Warum muss er deshalb in die Notaufnahme?«, fragte ich mit böser Vorahnung.
    Die Frau zögerte.
    Â»Wir haben momentan ein großes Personalproblem«, sagte sie dann. »Es ist Ferienzeit, Wochenende, und einige Kräfte fallen auch noch krankheitsbedingt aus.«
    Â»Ich verstehe Ihr Problem«, erwiderte ich. »aber was hat das mit dem Patienten und seiner Einweisung in die Notaufnahme zu tun?«
    Â»Ã„hm … ja. Also, es war wohl so, dass Herr W. partout nicht schlafen wollte. Und … tja … dann hat er die ganze Zeit versucht, sich die Windeln abzureißen. Die Schwester wollte ihn ans Bett fixieren, aber da ist er völlig ausgeflippt … und die Station ist unterbesetzt … also, ähm, nun gut, ich kann Ihnen auf jeden Fall sagen, dass keine ernsthafte Erkrankung vorliegt. Es ist eher so eine Art Missverständnis gewesen.«
    Die Dame räusperte sich, und ich knallte wütend den Hörer auf.
    Ein alter, dementer Bewohner, der sich nicht ans Bett fesseln lassen wollte und keine Lust hatte zu schlafen, wird mit einem Rettungswagen zu uns abgeschoben, weil sie im Altenheim nicht genügend Personal haben, um sich um ihn zu kümmern!
    Wann wird sich da endlich was ändern? Wann wird ein Altenpfleger endlich so viel verdienen, dass der Beruf für junge Leute wieder attraktiver wird? Und es dann endlich so viel Personal gibt, dass ganz normale, altersschwache Menschen nicht ans Bett fixiert oder im Rettungswagen zu uns gebracht werden müssen, weil es niemanden gibt, der sich sonst um sie kümmern kann?

8
Karneval, die schlimmste Zeit des Jahres – Hochkonjunktur in der Notaufnahme
    E s gibt Dinge, die ich privat gerne mag, beruflich aber hasse. Karneval gehört eindeutig zu diesen Dingen. Privat mag ich mir gerne eine Pappnase aufsetzen und an Weiberfastnacht durch die Gassen ziehen. Es ist toll, die schunkelnden und fröhlichen Menschen zu sehen, von denen die meisten friedlich miteinander feiern. Wer noch nie zum Karneval in Köln war, dem empfehle ich dringend einen Besuch in der Domstadt. Es ist wirklich ein Erlebnis, zu sehen, wie sich die Rheinmetropole zur fünften Jahreszeit in eine einzige große Party verwandelt. Fast ausnahmslos alle sind verkleidet, von der Apothekerin bis zum Busfahrer, und an jeder Ecke wird gesungen und getanzt. Von überall hört man »Kölle Alaaf«-Rufe, und gerade die Singles in der Stadt kommen voll auf ihre Kosten. Alle Nicht-Singles ebenso, denn im Karneval sieht man das nicht so eng, deshalb wird überall gebützt, sprich: Es werden auf Teufel komm raus Küsschen verteilt.
    Also, Karneval zu feiern ist wirklich eine tolle Sache! Das ist sicherlich einer der Gründe, warum die meisten meiner Kollegen versuchen, zu dieser Zeit Urlaub zu ergattern. Sie wollen natürlich mitfeiern – doch vor allen Dingen wollen sie der Arbeit entkommen …
    Denn an Karneval in der Notaufnahme zu arbeiten, übertrifft die kühnsten Erwartungen. Wirklich, da hört der Spaß auf. Dagegen ist Silvester ein Kindergeburtstag.
    Gibt es zum Jahreswechsel wenigstens ein paar Patienten, die nicht wegen massivem Alkoholmissbrauch zu uns gebracht werden, so muss man sie Karneval mit der Lupe suchen. Man könnte fast den Eindruck gewinnen, als wären alle im Krankenhaus sternhagelvoll. Abgesehen vom Personal natürlich.
    Zusätzlich finden sich dann noch die Schlaumeier bei uns ein, die zur Verstärkung der alkoholischen Druckbetankung noch ein Näschen Koks oder Speed gezogen haben. Solche Leute fallen in der Regel dadurch auf, dass sie sich prügelnd auf alles stürzen, was nicht bei fünf auf den Bäumen ist und sich auch sonst vollkommen schizophren verhalten. Um es vorsichtig auszudrücken.
    Als hätten wir mit diesen Spaßvögeln nicht schon genug zu tun, kommen Karneval natürlich noch die härtesten und stadtbekanntesten Alkoholiker zu uns. Schließlich

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