Spritztour - Roman
zu tun, was Jungen – die typischen amerikanischen, papierkügelchenschießenden, bierschluckenden Dumpfbacken – dringend tun wollten.
Das ist doch bescheuert. So bin ich doch gar nicht, oder? Nein. Mir geht’s um Spannung. Um Zufälle. Ums Ungewisse. Raus aus Naperville. Und wer weiß, wie sich die Dinge mit Danielle entwickeln? Vielleicht läuft einfach nur was Nettes.
Er fuhr und fuhr, hielt kaum an, lag gut in der Zeit. Dann wachte Felicia auf.
»Wo sind wir?«, fragte sie mit wackliger Stimme und hob zum ersten Mal seit drei Stunden den Kopf.
»Ungefähr fünfundzwanzig Minuten hinter Indianapolis«, sagte Ian. Er deutete über seine Schulter nach hinten. Felicia drehte sich um. Die Skyline der Hauptstadt Indianas war von einem einzelnen Hochhaus dominiert, das direkt aus dem Zentrum der Stadt aufzuragen schien. Als würde die Stadt uns den Finger zeigen , hatte Ian gedacht, als sie darauf zugefahren waren.
»Müssen wir bald mal tanken?«, fragte Felicia.
»Nö. Ich habe vor etwa einer Stunde getankt. Du hast die ganze Zeit geschlafen.«
»Tja, dann will ich jetzt meine Pinkelpause.«
»Kannst du nicht noch ein bisschen warten?«, fragte Lance. »Die Gegend hier zeigt keinerlei Anzeichen von Zivilisation.«
»Ähm – nein.«
»Super!«, zwitscherte Lance sarkastisch. »Ein Hoch auf die kleine Blase! Wie schön, dass wir ein bisschen ländliches Amerika zu sehen bekommen.«
»So ist das nun mal, wenn die Natur ihr Recht verlangt, Lance.«
Nach ein paar angespannten Minuten – in denen Felicia mit bloßen Füßen hektisch auf den Boden der Kreatur trappelte – fand Ian kurz hinter einer Abfahrt eine relativ sauber wirkende Mobil-Tankstelle. Kaum war er an einer Zapfsäule zum Halten gekommen, stürzte Felicia zum Eingang, kam kurz darauf mit dem Kloschlüssel heraus und rannte hinter das Gebäude.
»Das Klo muss hinten sein«, sagte Lance und bewegte sich auf das Gebäude zu. »Ich werde auch mal gehen, da für mich ja nicht angehalten wird zum Pinkeln. Das ist so was von sexistisch.«
»Genau. Kau mir ruhig die Ohren ab, Lance. Aber beeil dich. Beeil dich.«
»Füll du einfach die Kreatur ab, Ian.«
Ian ließ für weitere $ 6.82 Benzin in seinen Riesenschlitten laufen, putzte die toten Insekten von der Windschutzscheibe und wartete nervös auf seine Freunde.
Und wartete. Er schickte Danielle eine kurze Nachricht.
INDIANA. LAND DER 1 000 AROMEN.
Und er wartete noch eine Weile. Und wartete und wartete.
Schließlich kam Felicia zurück.
»Erleichtert?«, fragte Ian.
»Ja, das bin ich, danke.«
» Bitte , steig ein«, bat Ian.
Felicia schüttelte den Kopf und stöhnte. »Ian, ich muss wirklich mit dir reden. Ich glaube …«
»Du glaubst, ich mache einen Riesenfehler. Ich weiß. Und es kann auch sein, dass ich einen Riesenfehler mache. Das kann ich nicht bestreiten. Aber in diesem Sommer, da … ich war noch nie so … so gar nichts . Ich war überhaupt nichts. Ich habe nichts getan, was von Bedeutung wäre. Diese Fahrt gibt mir wenigstens ein Gefühl von Abenteuer, als würde ich etwas ausprobieren wollen. Keine Ahnung …«
»Darüber will ich gar nicht mit dir reden, Ian. Ich meine, das ist ein gutes Thema. Ein sehr wichtiges Thema. Wahrscheinlich sollte ich darüber mit dir reden. Aber das ist es nicht, worauf ich hinauswill.« Sie hielt inne, machte die Tür der Kreatur auf und setzte sich. »Also, auf meiner Reise, da hatte ich jede Menge Zeit zum Nachdenken, über …«
»Siehst du, das ist das Problem! Du hast diese fantastischen Ferien gehabt. Du hast wer weiß was gesehen und hast wer weiß was gegessen und hast wer weiß wen getroffen. Und was habe ich gemacht? Nichts. Rein gar nichts. Ich meine, ich habe Halo gespielt. Und Halo 2. Und Warcraft. Und ich habe Donuts verkauft. Das war’s, Felicia. Das war’s.« Er blickte zur Seite. »Ich brauche diese Fahrt, um was klarzukriegen. Und im Moment bedeutet das, dass ich Lance Dampf machen muss.«
Er marschierte los, zur Rückseite des Gebäudes.
Ian hatte fast zu sprinten begonnen, da stand er bereits vor der verrosteten Metalltür, auf der mit schwarzen Magnetbuchstaben TO ETT N stand. Er donnerte mit der rechten Faust an die Tür.
»Mach schon! Was treibst du da drinnen? Ein Nickerchen? Das ist echt unglaublich! Wie lange kannst du denn pissen?«
Ian hörte das Rauschen der Spülung, dann das Geräusch von fließendem Wasser.
»Wird langsam Zeit, du Blödhammel. Mann, ey!«
Die Tür ging quietschend auf.
»Ernsthaft,
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