Spritztour - Roman
Mann, was zum Teu…«
Es war nicht Lance, der da aus der Toilette kam.
Es war ein Mann, etwa dreimal so groß wie Lance. In seinem langen Bart, der bis auf seine Brust reichte, hingen Fleischkrümel. Er trug ein zerrissenes T-Shirt von der Motorsportliga und eine schwarze Fernfahrerkappe mit der Aufschrift: FIESER FETTSACK. Auf seinen linken Arm war ein einzelnes Wort tätowiert: APFELKUCHEN. Auf dem rechten Arm prangte ein Schädel, der eine Fernfahrerkappe mit der Aufschrift FIESER FETTSACK trug. Auf dem Nacken hatte der Mann ein Reißverschluss-Tattoo. Seine Stimme war tief und monoton.
»Hast du mich gemeint?«
»Ähm … nein«, sagte Ian und wich zurück. »Also, ich wusste nicht, dass Sie Sie sind. Ich dachte, Sie wären mein Freund.«
»Das war nicht besonders freundlich, was du da von dir gegeben hast.« Er machte eine Pause. »Du hast Blödhammel zu mir gesagt.«
»Nein, das war nicht sehr freundlich, Sie haben recht. Ganz und gar nicht. Und ich möchte mich für den Ausdruck entschuldigen. Ehrlich. Tut mir leid, dass Sie sich das anhören mussten. Es ist nur … ähm, mein Freund, der ist vor ungefähr einer Stunde pinkeln gegangen. Ich dachte … Na ja, ist ja nicht so wichtig, was ich dachte. Wichtig ist, denke ich, dass man sich so viel Zeit lässt, wie man braucht. Da drinnen.« Ian zeigte auf die Toilette. »Zum Pinkeln. Oder egal wozu.«
Die beiden starrten einander schweigend an.
»Es war gedankenlos, was ich da gesagt habe«, versicherte Ian.
Der riesige Mann ging langsam auf Ian zu, klopfte ihm auf die Schulter und tappte schwerfällig auf den Eingang des Tankstellenshops zu. Kurz darauf tauchte Lance an der anderen Seite des kleinen Gebäudes auf. Neben ihm ging eine attraktive Blondine. Lance hatte seinen Arm um ihre Schulter gelegt. Sie schien geweint zu haben.
»Hey, da bist du ja, Alter«, sagte Lance. Das Mädchen an seiner Seite schniefte laut. »Ich habe dich überall gesucht.« Lance schwieg einen Moment, dann zwinkerte er seinem Freund zu: »Hey, Ian, kennst du Susie schon?«
07 »Nein, Lance. Ich kenne Susie noch nicht.« Ian holte Luft und blickte auf seine Füße. »Echt, ich kenne hier nicht besonders viele Leute. Schließlich bin ich die ganze Zeit gefahren. Und wohnen tue ich auch nicht gerade in der Nähe.«
Susie schniefte immer noch. Die Schminke in ihrem Gesicht war verschmiert. Das Mädchen war so umwerfend attraktiv wie eine muntere Cheerleader-Braut. Ihre Haut war nahezu irrsinnig braungebrannt, ihr Haar aggressiv blond und angezogen war sie fast gar nicht. Sie trug ein bauchfreies rosa Top und einen Jeansrock in Kleinkindgröße. Susie war offensichtlich verzweifelt.
»Na, dann will ich euch mal bekanntmachen«, sagte Lance gewandt. »Ian, das ist Susie. Sie ist Kassiererin hier im Tankstellenshop. Susie, das ist mein guter Freund Ian.«
»Ich … ( schnief ) … freue mich …« Susie wischte sich mit einem Papiertuch übers Gesicht und entfernte eine mehrfarbige Pampe aus Schminke, Tränen und Wimperntusche. »Wirklich, ich freue … ( schnaub ) … mich sehr, dich kennenzulernen, Ian.«
Dann wurde sie von einem heftigen Schluchzen erschüttert und warf sich Lance in die Arme.
Ian spürte, wie sein Brustkorb sich zusammenzog. Lance massierte Susie mit der linken Hand die Schulter und streckte Ian den rechten Daumen entgegen.
Ian räusperte sich. Eine kalte, pragmatische innere Stimme sagte ihm – nein, beschwor ihn –, nicht zu trödeln, keine Zeit damit zu verschwenden, sich um die Probleme verzweifelter Mädchen zu kümmern. Aber eine noch stärkere innere Stimme – die irgendwie mitfühlender war – drängte ihn, herauszufinden, ob und wie man der armen Susie helfen könnte.
»Sie braucht jemanden, der sie nach Hause fährt«, sagte Lance. Dann flüsterte er Susie ins Ohr: »Es wird alles gut, Susie. Wirklich. Ein so kluges und schönes Mädchen wie du hat weitaus Besseres verdient.«
»Jemand, der sie nach Hause fährt«, wiederholte Ian. Susie wandte ihm ihr Gesicht zu und machte einen Schmollmund. »Wo wohnt sie denn? Wo wohnst du, Susie? Wir könnten … keine Ahnung – was ist denn passiert? Sollten wir jemanden anrufen?« Susie schniefte.
Eine einzelne Träne kullerte ihr übers Gesicht und verschwand, als sie auf den funkelnden rosa Lippenstift stieß. Susie tupfte sich noch einmal die Augen trocken.
»Mein … ( schnief ) … Rick, mein Freund, der … ( schnaub ) … na ja, der fährt mich sonst … ( schnief) … und na, der wird
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