Spritztour - Roman
meinem bescheuerten Leben was mache, das wenigstens entfernt nach Abenteuer schmeckt. Bei dieser Fahrt geht es darum, dass ich endlich was mit einem Mädchen hinkriege – einem echten, lebendigen Mädchen! Nein, sie ist nicht gerade eine, die ich unbedingt lieben würde – oder die mein wirkliches Ich kennt. Einfach ein Mädchen. Außerdem würde sie mein wirkliches Ich sowieso nicht mögen. Das tut ja offensichtlich keine. Ian Lafferty ist ja immer nur einer, mit dem man bei der Arbeit die Schicht tauscht oder von dem man sich Notizen aus dem Unterricht geben lässt oder dem man irgendeinen langweiligen Scheiß aufdrücken kann, mit dem sich sonst keiner beschäftigen will. Ich bin bloß ein Scheiß-Werkzeug, Lance.« Ian machte eine Pause. »Aber bei Danielle ist das anders.«
»Genau, da läuft eine fette Lüge«, sagte Felicia. »Das ist der Unterschied.«
»Aber du musst doch zugeben, dass es funktioniert , wie Lance gesagt hat.«
»Ich habe gedacht, bei dieser Reise nach den Sommerferien geht es um drei gute Freunde, die wieder Anschluss aneinander finden und einfach Spaß haben wollen. Ihr beide habt mir total gefehlt.« Lance hatte einen ausgesprochen beleidigten Ton. »Ist das nicht ein bisschen wichtiger als das, was du von dieser Braut kriegen kannst?«
»Offensichtlich sieht Ian das nicht so«, sagte Felicia grimmig.
»Ich habe euch beiden von Anfang an gesagt, dass ich das hier lieber alleine machen sollte.«
»Nein, Alter, du hast uns von Anfang an gesagt, dass deine Großmutter krank ist.«
Sie schwiegen eine Weile.
»Hört mal, ich möchte, dass ihr euch in Charleston amüsiert«, sagte Ian. »Aber nicht hier, nicht, wo Danielle wohnt.« Er griff in seine Brieftasche, holte einen Packen Zwanziger raus und drückte ihn Lance in die Hand. »Das ist alles Bargeld, was ich bei mir habe. Bezahlt damit den Bus oder die Bahn – was immer. Es tut mir leid, dass ich euch nicht zurückfahren kann. Ich nehme morgen den Zug. Und ich werde wohl meinen Chef anrufen müssen und der wird mich wahrscheinlich rausschmeißen, aber das ist mir eigentlich egal. Meinem Dad wird das nicht egal sein, doch den werde ich schon beschwichtigen können.« Ian seufzte. »Ich muss jetzt.«
Er machte einen Schritt auf das Haus zu.
»Warte, Ian«, sagte Felicia. »Da ist noch was anderes. Ich will dir noch was sagen. Ich habe …«
»Was denn noch?«, sagte er und fuhr herum. »Was habe ich denn noch nicht zu hören bekommen? Gehen wir die Liste durch: ›Du hast die falschen Motive, Ian.‹ Und: ›Deine Haare sind nicht in Ordnung, Ian.‹ Und: ›Deine Augenbrauen sind zu buschig, Ian.‹ Und: ›Du machst einen Fehler, Ian, was du bestimmt bedauern wirst.‹ Und: ›Denk beim Sex an was Widerliches, Ian. Zum Beispiel an deinen Vater.‹ Ich glaube, das hat mir am besten gefallen. Oh, und dann noch: ›Sei nicht so ein Schisser, Ian.‹ Und dann natürlich: ›Ich muss pinkeln, Ian.‹ Und: ›Möchtest du eine Käsetasche, Ian?‹« Er blickte Felicia beinahe verbittert an. »Also, was willst du mir jetzt noch sagen?«
Sie war offensichtlich erschüttert.
»Ich, ähm …« Sie versuchte, die Fassung zu bewahren. »Ich wollte dich nur daran erinnern, dein Mango-Kondom zu benutzen, du Macker.«
Sie wandte sich um und ging Richtung Straße. Ian schritt zur Eingangstür des Verbindungshauses.
24 Diverse Frauen der Sigma-Tau-Delta-Verbindung blickten Ian neugierig hinterher, als er Richtung Eingangstür ging. Er meinte, die Worte orange, ätzend und gerupft zu hören, war sich aber nicht sicher. Er blickte stur auf die Tür und versuchte, nicht an die beiden Freunde zu denken, die er gerade verlassen hatte. Als er auf der Veranda des Hauses war und durch die offene Tür gehen wollte, trat ihm eine große, dünne Blonde entgegen.
»Wo willst du hin? Das hier ist leider eine private Party und …«
»Ich bin ein Freund von Danielle«, sagte er. »Ich hatte eine lange Fahrt bis hierher. Und mein Auto ist kaputt, meine Freunde sind stinkig auf mich und ich, na ja … weißt du, wo Danielle ist?«
»Bist du etwa Ian?«
»Tja, kann ich auch nicht ändern.«
»Mist aber auch«, sagte das Mädchen. »Noch vor ein paar Minuten hat sie sich deinetwegen die Augen aus dem Kopf geheult. Ich weiß nicht, ob ich dir eine knallen oder dich umarmen soll.« Sie trat auf Ian zu und bemerkte dann ganz offensichtlich den Gestank nach Schweiß und allem anderen. »Ich glaube, ich gebe dir einfach die Hand. Hallo, Ian. Ich bin
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