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Spür die Angst

Spür die Angst

Titel: Spür die Angst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jens Lapidus
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Hinterließen Abdrücke in der grobkörnigen, warmen Masse. Er dachte: Wenn ich jetzt rennen müsste, wie schnell würde ich dann vorwärtskommen? Seine Schwester wandte sich ihm zu: »Mein Prinz, möchtest du mit mir Krieg spielen?« Jorge versuchte, seinen Fuß anzuheben. Es ging schwer. Die Asphaltmasse blieb kleben. Schwarz, zäh. Fühlte sich bleiern an.
    Ein paar Nächte später: Paola beim Gummitwist. Zwei Bänder. Zusammengestückelt aus Laken. Zwei Freundinnen von ihr hielten die Bänder. Paola: acht Jahre alt. Jorge lief auf die Bänder zu. Stolperte. War kurz davor hinzufallen. Und genau in dem Moment: eine riesige blaue Hochsprungmatte. Er landete weich. Rollte herum. Kam nicht hoch. Die Matte zu weich. Wie Treibsand. Sank ein. Versuchte, sich mit den Händen abzustützen, mit den Ellenbogen, den Knien. Paola lachte. Die Mädchen lachten. Jorge weinte.
     
    Später: Der Typ, der ihn gewaschen hatte, Petter setzte sich an sein Bett. Sagte, dass alles gut werden würde. Dass Jorge in ein paar Minuten wieder richtig schick aussehen würde. Noch hübscher.
    Jorge hatte keine Kraft.
    Fragte nicht, was sie vorhatten.
    Grelles Licht blendete ihn.
    Er drehte den Kopf weg. Schloss die Augen.
    Spürte instinktiv, dass sich jemand seinem Gesicht näherte.
    Ein Mann, den er noch nie gesehen hatte, schmierte seine Nase mit etwas ein.
    Plötzlich: ein entsetzlicher Schmerz.
    Er schrie auf.
    Fühlte sich an, als hätten sie seine Nase abgerissen.
    Er setzte sich auf.
    Der Mann hielt ihn zurück.
    Er schlief wieder ein.
     
    Jemand schüttelte ihn. »Wach auf, mein Freund. Für heute hast du genug geschlafen.« Jorge schaute auf. Ein dunkelhaariger Mann. So um die dreißig. Anzug. Hemd mit breitem Kragen. Die obersten Knöpfe offen. Auf dem Kopf eine weiße Craig-David-Mütze. »Mach die Augen richtig auf.«
    Jorge starrte stumm vor sich hin.
    »Ich bin Abdulkarim. Deine Chance hier im Leben. Dein Chef.«
    Jorge verwirrt.
    »Du hast hier über drei Wochen gelegen. Wenn du jetzt nicht bald okay bist, wird aus dir noch ’n Morphinfixer. Du müsstest allmählich wiederhergestellt sein. Heb mal den Arm an.«
    Jorge hob den Arm. Im oberen Bereich nahe der Schulter ziemlich gelb, aber ansonsten okay.
    »Sieht völlig in Ordnung aus, mein Freund. Allah ist groß.«
    Abdulkarim hielt einen Spiegel in der Hand.
    Jorge betrachtete sein Spiegelbild: ein schmaler, dunkelhaariger, bärtiger Mann um die fünfundzwanzig, dunkle Augenbrauen, breite Nase wie nach einem Boxhieb, olivfarbene Haut.
    Eine Variante von Jorge.
    Er grinste. Gleichzeitig war er bedrückt. Allerdings, das hier war wirklich seine Chance – Abdulkarim, wer immer er sein mochte – hatte ihn wieder zusammengeflickt. Ihn sogar mit einer neuen Sorte Bräunungscreme eingecremt, sein Haar gelockt, gefärbt. Besser, als er es selbst je gekonnt hätte. Abgesehen davon war er spindeldürr.
    Außerdem – irgendetwas war anders mit seiner Nase.
    »Was habt ihr mit meiner Nase gemacht?«
    Abdulkarim lachte laut auf: »War an zwei Stellen gebrochen, mein Freund. Wir haben jemanden geholt, um sie zu richten. Hoffe, es hat nicht zu sehr weh getan. Ich find sie hübscher jetzt. Ein bisschen platt vielleicht, aber irgendwie cool.«
    Jorge wie Nikita: von der Straße geholt. Aufgepäppelt, geschminkt, zurechtgemacht, um ihr neuer Supersoldat zu werden. Und wie sollte die Fortsetzung der Geschichte aussehen?
    Abdulkarim redete wie ein Wasserfall.
    »Sie haben dich übel zugerichtet. Du sahst aus wie ’ne verdammte Blaubeere, als wir dich gefunden haben. Und dann hast du dich verfärbt, wie Hulk. Grünlich. Nur schade, dass du nicht seine Power hast.«
    Jorge drehte sich in seinem Bett um.
    Abdulkarim versuchte, Witze zu reißen: »Was für Schweine aber auch. Haben sie dich etwa gefickt? Wer lag unten?«
    Jorge schlief ein.
     
    Es war ziemlich schnell gegangen. Er war nach Mrados und Ratkos brutalem Überfall fast völlig wiederhergestellt. Das einzige Problem: die Narben am Rücken und die Schmerzen im einen Oberarm. Er hatte die Möglichkeit bekommen, in Schweden zu bleiben und Pesetas zu verdienen. Dass seine Nase gebrochen und von Abdulkarims Leuten wieder gerichtet worden war, konnte allerdings von Vorteil sein. Jetzt war sie etwas schief, breiter. Jorges Aussehen hatte sich noch stärker verändert.
    Seit seiner Flucht war genügend Zeit vergangen. Auf den Bildschirmen der Bullen erschien sein Foto nicht mehr unter den ersten hundert, wenn neue Hinweise reinkamen. Jorge

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