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Spür die Angst

Spür die Angst

Titel: Spür die Angst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jens Lapidus
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war gezwungen nachzudenken. Das Spiel war hoch. Piotr konnte bluffen, versuchen, die anderen Spieler dazu zu bewegen, den Einsatz in die Höhe zu treiben, indem er selbst jammerte, seufzte und meckerte. Falls das der Fall war, musste Mrado aussteigen, auch wenn er eine Chance auf Farbe und Rang hatte. Hatte sich selbst geschworen, zurückhaltend zu spielen.
    Er stieg aus, die Setzerei ging ohne ihn weiter.
    Die Sonnenbrille begutachtete das Ganze. Setzte viertausend. Nicht schlecht. Möglicherweise war er einer der neuen Aufsteiger, die sich alles per Computer im Internet beigebracht hatten. Aber die Realität sah immer etwas anders aus.
    Turn:
die vierte Karte offen auf dem Tisch. Eine Karo sieben.
    Piotr kam zuerst raus. Schob fünfzehn Tausender rein.
    Die Sonnenbrille drückte dreißigtausend ab. Verdoppelte den Einsatz, heftig.
    Alle Augen auf Piotr. Mrado wusste: Der Polacke hatte möglicherweise einen Drilling oder vielleicht sogar Full House. Oder auch: Der Typ bluffte knallhart.
    Piotr setzte alles – ging
all in,
einhunderttausend Kronen. Ein leises Raunen am Tisch.
    Die Sonnenbrille räusperte sich. Fingerte an seinen Chips herum.
    Mrado beobachtete Piotr. War überzeugt, dass der Polacke bluffte – ein kurzes Aufblitzen in seinen Augen verriet ihn. Ihre Blicke trafen sich. Piotr sah, dass Mrado Bescheid wusste.
    Die Sonnenbrille sah es nicht. Hatte Angst vor der Offensive.
    Er stieg aus.
    River:
die letzte Karte auf dem Tisch – wurde nie aufgedeckt.
    Mrado dachte: Der Polacke legt ’ne harte Nummer vor. Spielte tough mit nichts.
    Zeit für die nächste Runde.
    Das Spiel ging weiter.
    Runde für Runde.
    Mrado hielt sich bedeckt.
    Der Piotr-Typ spielte aggressiv. Berra K quatschte über Bräute. Lenkte ab. Die Sonnenbrille versuchte zurückzuholen, was ihm gerade durch die Lappen gegangen war.
     
    Nach vierundzwanzig Partien: Mrados Hand –
The Big Slick
mit Herz. Klassiker in der Pokerwelt: Ass und König. Du hast die Chance auf das Beste, was man überhaupt erreichen kann,
Royal Straight,
und du hast die höchsten Karten. Und dennoch hast du nichts. Genauer gesagt, klappt es, sackst du richtig was ein. Klappt’s nicht, bist du erledigt.
    Ein einsamer Schweißtropfen auf Mrados Stirn. Konnte seine Chance sein. Bis jetzt hatte er defensiv gespielt. Piotr, Berra K und die Sonnenbrille glaubten nicht, dass er mitgehen würde, ohne etwas zu haben. Andererseits konnte das aber auch eine Finte sein. Man spielt auf Sicherheit und täuscht alle, indem man sie glauben lässt, dass man niemals etwas riskiert. Und dann blufft man grandios.
    Seine beste Hand heute Abend. Er entschied sich – der Firmen wegen und um die Situation mit Radovan zu retten –, hoch zu setzen.
    Der Schweißtropfen blieb in Mrados Augenbraue hängen. So nah dran an einem
Royal Straight
und dennoch nicht mal ’ne Chance auf mehrere tausend. Er zwirbelte einen Chip zwischen den Fingern.
    Dachte: Ich mach weiter.
    Setzte fünf Riesen.
    Berra K schaute auf. Fünf Riesen. Hohes Spiel.
    Die Sonnenbrille stieg aus. Wäre auch verrückt, bei einem so aggressiven Spiel dranzubleiben, ohne wirklich etwas zu haben.
    Piotr, mit dem
Big Blind,
raised. Erhöhte. Fünfundzwanzig insgesamt. Wahnsinn.
    Berra K, Mrado und Piotr hatten alle verdammt viel Zaster vor sich.
    Mrado dachte nach: Jetzt ist
make it or break it
angesagt. Er wusste um seine Chancen, seine Hand war eine der zehn besten Hände, die man in diesem Spiel überhaupt haben kann.
    Er beobachtete Piotr. War da nicht dasselbe Blitzen in den Augen wie beim ersten Geben, als der Polacke geblufft hatte? Er hatte es im Gefühl. Piotr hatte irgendwas Schräges vor. Mrado war sich sicher – der Polacke versuchte, ihn irrezuführen – und nun war es an Mrado, die gesamte Kohle einzusacken.
    Er ging mit. Zwanzig in den Pot.
    Berra K fing wieder an zu quatschen. Redete von anderen verrückten Partien und dass diese hier die verrückteste war, die er je erlebt hatte. Dann stieg er aus. Nicht ganz unerwartet.
    Blieb noch Mrado gegen Piotr; sie warteten auf die ersten Karten auf dem Tisch.
    Die Sonnenbrille nahm die Brille ab, selbst Berra K hörte auf zu reden. Stille am Tisch.
    Der
Flop
zeigte Kreuz Ass, Karo zwei und Herz Dame.
    Piotr setzte weitere fünfzehn. Vielleicht, um Mrado den Puls zu fühlen. Ekelhaft hohes Spiel.
    Mrado hatte jedenfalls zwei Asse, das beste Paar, das man haben kann. Er müsste nur noch mit seinem höchsten Kicker gut dastehen, dem König. Und immer noch die Chance

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