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Spür die Angst

Spür die Angst

Titel: Spür die Angst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jens Lapidus
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musste zugeben, dass er mit seinem neuen Aussehen, dem Geld und der Hilfe des Arabers eine echte Chance hatte.
    Nach und nach begriff er, warum er genau der Richtige für Abdulkarim war – sein Wissen über Koks verbunden mit seiner Abhängigkeit und der Dankesschuld gegenüber dem Araber würden ihn zum treuesten Hund in Abdulkarims Dealerstall machen.
     
    Abdulkarims Geschäftsidee funktionierte, wie JW es ihm erklärt hatte. Die Vororte waren reif für eine Koksinvasion. Jorge gefielen die Pläne. Er hatte in Österåker selber schon ähnliche Überlegungen angestellt.
    Jorge und JW saßen im November einige Tage lang in Fahdis Wohnung und strukturierten ihre Pläne. Abdulkarim schaute ab und an vorbei und stimmte mit ihnen die Rahmenbedingungen ab. Wie viel Koks glaubten sie für den Monat Januar zu benötigen? In welchen Vororten wollten sie anfangen? Personen, die sie kontaktieren mussten. Dealer, mit denen sie Absprachen treffen mussten. Leute, die zu Rate gezogen werden mussten. Jorge spuckte die Namen nur so aus. Fahdi kam mit Pizza und Cola vorbei.
    Abdulkarim brachte immer wieder das Thema Import zur Sprache. Sie brauchten einfach mehr Stoff. Mussten an smarten Schmuggelmöglichkeiten arbeiten.
    Jorge gab alles, was er wusste, preis. Der Östermalmtyp, JW zog sich das Wissen rein wie ein Neuntklässler das Bier während der Schulabschlussfeier. Abdulkarim zufolge war der Typ scharf darauf, das Zeug an die Leute auf Stureplan zu verticken. Jorge: ihm vom Wissen her weit überlegen. Und dennoch versuchte JW , sich weltgewandt zu geben. Blasiert. Jorge mochte seine Art nicht.
    Abdulkarim: ein bisschen schräg, aber okay. In jedem zweiten Satz dankte er Allah, in jedem dritten redete er von der Entwicklung des Kokspreises. An einem Abend zu Hause bei Fahdi meinte er: »Jorge, darf ich dir eine ernstgemeinte Frage stellen?« Jorge nickte. Abdul fragte: »Welcher Religion gehörst du an?« Jorge schüttelte mit dem Kopf. »Meine Mutter ist Katholikin. Ich glaube an Tupac. Er lebt.« Wollte einen Witz reißen. Alle Leute aus dem Ghetto kannten den amerikanischen Rapper Tupac. Der Araber antwortete: »Du weißt, dass hier eine Art Krieg stattfindet. Du musst dich für eine Seite entscheiden. Glaubst du, dass diese schwedischen Bleichgesichter dich akzeptieren werden, nur weil du Cash hast? Allah kann dir helfen.«
    JW behauptete, dass der Araber nicht immer so gewesen sei. Früher hätte er nur über Koks geredet. Allah war definitiv ein neuer Spieler auf dem Platz.
     
    Ende November ging Jorge zum ersten Mal wieder auf die Straße. Anfänglich kam er sich ziemlich paranoid vor. Sah sich nach jedem dritten Schritt um; die Bullen und die Jugos aus seinen Alpträumen verfolgten ihn. Er schlief zu Hause bei Fahdi. Jedes Mal, wenn der Libanese nachts heimkam, dachte er, es wären die Bullen, die sein Ende einläuten würden. Einige Sekunden später – die Geräusche aus den Pornofilmen beruhigten ihn. Er stellte allmählich fest, dass sich sein Aussehen tatsächlich verändert hatte. Schmaler. Dunkler. Schiefere Nase.
    Er ging regelmäßig ins Solarium. Drehte weiterhin seine Haare ein. Probierte die dunkelbraunen Kontaktlinsen aus, die Abdulkarim ihm besorgt hatte. Die Dynamik in seinem Gang wurde von Tag zu Tag selbstverständlicher, er tat sein Bestes, um wie ein Gangster zu gehen.
    Er brauchte eine eigene Wohnung.
    Jorge nahm Kontakt zu Sergio auf und dankte ihm für seine Hilfe. Pries ihn. Versicherte ihm, dass alles in Ordnung sei, dass sie sich aber für eine Weile nicht sehen könnten. Sergio begriff, klagte ihm sein Leid: seine gebrochenen Finger waren immer noch verkrümmt. Und seine Freundin immer noch verängstigt.
    Jorge hasste die Jugos noch intensiver.
    Schrieb eine SMS an Paola auf einem Handy mit Prepaidcard, das er von Abdulkarim bekommen hatte: »Ich lebe und bin okay. Wie geht es dir? Mach dir keine Sorgen. Grüß Mama! Küsschen/J.«
    Zwei Typen, Petter, der Schwede, der sich um ihn gekümmert hatte, und ein Tunesier, Mehmed, wurden Jorges K-Assistenten. Sie suchten auf Jorges Order hin diverse Personen in der Gegend um Sollentuna auf. Verteilten das Zeug grammweise an die richtigen Leute. Die es weiterverkauften.
    Jorge selbst kümmerte sich um andere Vororte. Orte, in denen keiner sein Gesicht kannte, auch wenn es inzwischen verändert aussah.
    Es lief wie am Schnürchen. Im Monat Januar verkauften sie für vierhunderttausend Kronen brutto. Nach Abzug des Einkaufspreises und Abdulkarims

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