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Spür die Angst

Spür die Angst

Titel: Spür die Angst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jens Lapidus
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Mutterschaftsurlaub. Die Gesprächsthemen der Gäste zusammengefasst: Männer, Freundinnen, Kinderwagenmodelle.
    Nach höflichen einleitenden Phrasen plus der in Aussicht gestellten dreitausend Kronen begann Darko zu reden. Inmitten des Gegackers und Gekichers beschrieb er mit seiner dunklen Stimme die Vorbereitungen der schweren Jungs vor vier Jahren. Trotz seiner Einwände am Telefon schien es ihm jetzt egal zu sein, ob jemand mithörte.
    Darko war ein Profi, was die Balkanroute betraf. Kannte jeden Schmuggelpfad zwischen Afghanistan, der Türkei, Tadschikistan und dem Balkan. Und von dort weiter über die Grenze nach Slowenien, Italien, Deutschland. Er kannte jede einzelne Zollstation entlang der Grenze des ehemaligen Jugoslawien. Wusste, welche der Grenzübergänge weniger intensiv bewacht waren. Welche Zollbeamten für Dollar ein Auge zudrückten. Wer von ihnen teurer und wer billiger war.
    Jorge beeindruckt. Er fragte ihn direkt nach Radovan.
    Darko schüttelte den Kopf: »Dazu kann ich nichts sagen. Will keine Probleme kriegen. Hab ’nen Sohn, acht Jahre alt.«
    Jorge dachte wieder an das Foto seiner Schwester, das Mrado ihm an dem verhängnisvollen Nachmittag damals im Wald auf seinem Handy hingehalten hatte. Machte Druck.
    »Komm schon. Du musst mir ’n bisschen helfen. Zwei Riesen für die Info?«
    »Und wer sagt mir, dass ich dir trauen kann?«
    »Verdammt, ruf doch Steven an und frag ihn, wenn du denkst, dass ich damit hausieren geh. Wir haben uns während der ganzen Zeit im Knast immer heimlich im Duschraum ’nen Joint reingezogen. Ich würd niemals ’nen Kumpel von Steven verpfeifen.«
    Darko schien sich zu entspannen, als er Stevens Namen hörte.
    »Du bist ganz schön hartnäckig. Okay, für fünftausend kriegst du die ganze Story.«
    Keine gute Idee zu feilschen. Jorge willigte ein: »In Ordnung. Fünf.«
    Darko erzählte. Er und Steven hatten eigentlich nur in zwei Fällen für R gearbeitet. Das erste Mal schmuggelten sie vier Kilo Heroin in einem mit Holz beladenen Sattelschlepper. Der Wert auf der Straße überstieg locker anderthalb Millionen. Sie hatten die ganze Route im Detail geplant: Fahrer für die Sattelschlepper organisiert, die Fahrer überwachen lassen, Zollbeamte bestochen, weiteren Schutz von anderen organisierten Gangs in Belgrad angefordert.
    Beim zweiten Mal hatten sie kein H, sondern etwas anderes geschmuggelt. Was Brisanteres.
    Jorge signalisierte Interesse. Überhäufte ihn mit Fragen.
    Darko unter Druck. Sein Blick flackerte. Er kippte seinen Kaffee herunter. Schlug einen kleinen Spaziergang vor.
    Sie gingen nach draußen.
    Es war ein kalter Februartag. Klare Luft und blauer Himmel.
    Jorge redete in einem fort. Gab sich vertrauensselig. Quatschte drauflos.
    »Du hättest dabei sein sollen. Im Sommer. Steven hatte von irgendwoher fünfzehn Cannabissamen gekriegt, in Rosinen reingestopft. Er hat sie im Garten gepflanzt. Du weißt ja, Cannabis braucht ziemlich viel Wasser.«
    Darko hörte zu. Ließ sich unterhalten. Schien langsam aufzutauen.
    »Riesenproblem mit der Bewässerung. Steven hatte plötzlich eine schräge Idee, er stellte sich hin und tat so, als wollte er pissen, goss aber stattdessen ein Glas Wasser über die Pflanzen. Klar, dass einer der Schließer Lunte roch und näher kam. Er machte einen Riesenaufstand: Pinkeln Sie hier etwa auf den Rasen? Steven stritt alles ab. Der Schließer wollte ihm beweisen, dass er doch gepinkelt hatte, und kroch auf allen vieren durchs Gras. Schnüffelte. Kapierst du? Wie ein Hund. Steven meinte zu dem verdammten Bullen nur: Jetzt haben wir den Beweis, ich hab’s ja schon lange vermutet, Bullen und Hunde – haben dieselben Gene. Kannst du dir vorstellen, was wir gelacht haben?«
    Darko grinste. »Die Geschichte hab ich schon mal gehört. Steven ist wirklich ’ne heiße Nummer.«
    Sie gingen die Kungsgata hoch.
    Es schien, als würde Darko bald reden.
    Nach weiteren fünf Minuten begann er. »Ich und Steven haben mit einem Serben zusammengearbeitet, Nenad. Übler Hund. Der Typ hatte gute Kontakte in Belgrad. Gerüchten zufolge hat er den »Tigern« angehört und in Srebrenica dreißig Bosnier mit bloßen Händen umgebracht. Erst haben sie die Männer mit den Händen auf den Rücken gefesselt auf den Dorfplatz rausgeführt und sie geschlagen, bis sie in ihrer eigenen Kotze rumkrochen. Dann haben sie ihre Frauen vergewaltigt, direkt vor ihren Augen. Damals wussten wir nicht, dass er Radovans Mann war. Als wir den H-Job durchzogen,

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