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Spür die Angst

Spür die Angst

Titel: Spür die Angst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jens Lapidus
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Musste mehr bekommen. Jorge wollte ihm anbieten, an den K-Gewinnen teilzuhaben. Das Gleiche galt für Eddie. Und Rolando, der J-Boy ’ne Menge über Koks beigebracht hatte. Musste auch seinen Anteil abbekommen.
    In den vergangenen Tagen hatte er mindestens zwanzigmal versucht, die Puffmutter telefonisch zu erreichen. Wollte eine Zeit mit Nadja ausmachen. Sie ein weiteres Mal treffen. Es musste ja kein Spaziergang sein. Wollte sie nur für zehn Minuten sprechen. Und noch ein wenig mehr – vielleicht doch den Blowjob. Er dachte: Nein, das Ganze war schon merkwürdig gewesen, bevor ich sie näher kannte. Er wollte sie aus anderen Gründen treffen.
     
    Schließlich erreichte Jorge die Puffmutter. Gab sein Alias an, das er beim ersten Mal, als er dort war, bekommen hatte. Sie gab ihm grünes Licht. Er konnte schon am selben Abend kommen.
    Er nahm die U-Bahn hinaus nach Hallonbergen.
    Es regnete. Die Luft war wärmer geworden. Es roch nach Würstchenbude. Das letzte Mal war Jorge mit dem Auto gefahren, aber jetzt hatte der König der Stadtpläne vorher die Gelben Seiten studiert. Sich die Strecke eingeprägt. Würde sie sogar mit verbundenen Augen finden.
    Das rote Haus mit den bräunlich gestrichenen Laubengängen wurde von der Abendsonne in rosafarbenes Licht getaucht.
    Er gab den Türcode ein. Nahm den Fahrstuhl nach oben. Raus auf den Gang. Klingelte. Hinter dem Spion in der Tür war es dunkel – jemand guckte von innen hindurch. Er nannte deutlich sein Alias.
    Die Tür wurde von demselben Mann geöffnet, mit dem Fahdi sich beim letzten Mal, als er hier war, unterhalten hatte. Dasselbe Outfit. Kapuzenjacke mit Jackett drüber.
    Jorge nannte sein Alias noch einmal. Wurde reingelassen.
    Fragte nach Nadja.
    Dieselbe Musik im Flur. Sie hatten offensichtlich nur begrenzt Phantasie.
    Der Mann nickte und führte Jorge zu dem Zimmer. Öffnete die Tür. Ließ ihn herein.
    Dasselbe Bett. Genauso schlecht gemacht wie beim letzten Mal. Derselbe Sessel. Dasselbe heruntergezogene Rollo.
    Auf dem Bett – eine andere Nutte.
    Jorge blieb in der Türöffnung stehen und wandte sich um. Der Mann stand nicht mehr hinter ihm.
    Er schaute das Mädchen auf dem Bett an. Sie war eigentlich ganz süß. Größere Titten als Nadja. Superkurzer Minirock. Enganliegendes, weit ausgeschnittenes Top. Netzstrümpfe.
    »Ich wollte eigentlich eine andere treffen. Nadja.«
    Das Mädchen antwortete in einem halbwegs verständlichen Englisch.
    »Ich nicht verstehen.«
    Jorge wiederholte auf Englisch: »Ich wollte Nadja treffen.«
    Vielleicht war es sein Instinkt. Jorge war schließlich nicht irgendwer – er war immer noch der Ausreißer auf der Flucht – immer auf der Hut. In jeder Situation alle Antennen ausgefahren, falls die Bullen kämen. Aber auch im Hinblick auf Radovan.
    Er machte auf dem Absatz kehrt. Lief durch den Flur hinaus. Hörte den Mann mit der Kapuzenjacke und dem Jackett sein Alias rufen. Drehte sich nicht um. Hatte bereits die Tür geöffnet. Rannte den Laubengang entlang. Die Treppen runter. Raus. Weg.
    Jorge hatte noch nie einen so entsetzten Gesichtsausdruck gesehen wie den des Mädchens, als sie begriff, nach wem er fragte. Offensichtlich – der Name Nadja mit großer Angst verbunden.
    Irgendetwas stimmte nicht.
    Irgendetwas war verdammt faul.
     
    Der Tag darauf. Jorge saß auf der Toilette, kackte. Sein Handy klingelte – auf dem Display eine unbekannte Nummer. Auf Jorges Handy nichts Ungewöhnliches. Diejenigen, die ihn anriefen, unterdrückten oftmals ihre Nummer.
    Er entschied sich, trotz der peinlichen Situation dranzugehen.
    »Hej, ich heiße Sophie und bin die Freundin von JW .«
    Jorge völlig perplex. JW hatte ihm schon von Sophie erzählt. Aber warum rief sie ausgerechnet bei ihm an? Und wie hatte sie es geschafft, an Abdulkarims strenger Regel vorbei an seine Nummer zu kommen?
    »Ja, hej. Ich hab schon viel von dir gehört.«
    Sie lachte. »Und was hast du so gehört?«
    »Wie sehr er davon träumt, eine Familie zu gründen.«
    Kurze Stille am anderen Ende. Sie hatte den Witz nicht kapiert.
    »Du, JW ist in London. Deshalb klingt es vielleicht etwas sonderbar, aber ich wollte dich fragen, ob du Lust hättest auf ein Treffen. Vielleicht können wir ja einen Kaffee zusammen trinken, oder so?«
    »Ohne JW ?«
    »Ja, gern. Weißt du, ich würde euch gern kennenlernen, seine anderen Freunde. Aber er ist immer so verschlossen. Du weißt ja, wie er ist, über manche Sachen spricht er einfach nicht.«
    Jorge wusste, wovon

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